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Löst häufig Empörung aus: Björn Höcke.
© REUTERS/ Hannibal Hanschke

Empörungsfalle, Opferrolle, Strategie: Wie kommen die Parteien aus dem AfD-Dilemma?

Auch im Ost-Wahlkampf herrscht Unsicherheit im Umgang mit der AfD. Doch es gibt Möglichkeiten, den Rechtspopulisten das Wasser abzugraben. Ein Kommentar.

Eine kurze Videosequenz wird derzeit im Netz gefeiert: Angela Merkel lässt darin einen AfD-Lokalpolitiker beim Bürgerdialog abtropfen. Der Mann behauptet, die Kanzlerin habe Deutschland in eine Diktatur geführt, als AfDler könne man seine Meinung nicht frei sagen. Merkel entgegnet, er sitze doch hier in Reihe eins und sei mit seiner Frage nicht gefährdet. Mit ein paar einfachen Sätzen demonstriert sie, wie absurd die Behauptung des AfD-Manns ist.

Die begeisterten Reaktionen darauf zeigen aber auch, wie viel Unsicherheit in Bezug auf die AfD herrscht. Bei den Landtagswahlen im Osten droht sie stärkste Kraft zu werden und noch immer gibt es keine Blaupause für den Umgang mit ihr. Ungelöst sind die zwei großen Dilemmata. Erstens: Die Empörungsfalle. Die AfD will mit Grenzüberschreitungen Empörung auslösen. Das bringt Aufmerksamkeit. Die anderen Parteien können Tabubrüche aber nicht ignorieren, wenn rechtsradikale Positionen nicht salonfähig werden sollen. Zweitens: Die Opferfalle. Wird die AfD ausgrenzt, kann sie sich als Opfer gerieren. Bindet man sie ein, normalisiert man sie. Kommt man da raus?

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier machte dieser Tage einen Versuch. Über die Wahlkampfstrategie der AfD im Osten sagte er, es sei eine „perfide Verdrehung“ der Geschichte, wenn „politische Gruppierungen“ versuchten, das Erbe von 1989 für Angstparolen zu stehlen. Er nannte die AfD dabei nicht direkt. Die Kritik an der Geschichtsverdrehung stand im Vordergrund – nicht die Partei.

Eine Zusammenarbeit kommt nicht in Frage

Wie man die Auseinandersetzung mit Rechtsaußen nicht führt, zeigt unterdessen Annegret Kramp-Karrenbauer. Die CDU-Chefin löst eine Debatte über einen Parteiausschluss von Ex-Verfassungsschutzchef Maaßen aus, anstatt sich einfach von dessen Positionen zu distanzieren. Damit macht sie ihn wichtiger als er ist – und tappt geradewegs in die Falle.

Was nun aber tun im Umgang mit der AfD, bis zu den Landtagswahlen und danach? Eine Zusammenarbeit kommt grundsätzlich nicht in Frage. Eine Partei, die Rechtsradikalen und Extremisten in den eigenen Reihen nicht Einhalt gebietet, kann kein Bündnispartner sein.

Gleichzeitig ist es wichtig, den Wählern der AfD das Gefühl zu vermitteln, gehört zu werden. Viele von ihnen sind nach wie vor Protestwähler, die ihrem Unmut Ausdruck verleihen wollen, aber keine AfD-Regierung anstreben: Nur ein Drittel der AfD-Wähler in Brandenburg wünscht sich einen Ministerpräsidenten Andreas Kalbitz. Wenn CDU-Chef Ingo Senftleben also sagt, er wolle nach der Wahl mit allen Parteien im Landtag einen inhaltlichen Dialog führen und gute Vorschläge aufnehmen, egal von wem sie kommen, dann ist das der sinnvolle Versuch, den AfD-Wählern die Hand hinzustrecken.

Real existierende Probleme müssen angesprochen werden

Zudem dürfen bestimmte Themen nicht der AfD überlassen werden. Real existierende Probleme müssen angesprochen werden. Das gräbt den Rechtspopulisten das Wasser ab. Die mangelnde Durchsetzung von Asylentscheidungen etwa kann benannt werden, ohne die AfD groß zu machen.

Ratsam auch: Der Propaganda Fakten entgegenstellen – wie Merkel das getan hat. Empörung vermeiden und auf Grenzüberschreitung mit sachlicher, angemessener Kritik reagieren, dabei nicht in Alarmismus verfallen. Und: Politischen Streit mit allen Parteien führen und sich nicht an den Rechtspopulisten abarbeiten. So kommt man vielleicht doch aus dem AfD-Dilemma heraus.

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