Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP: Wie hält es die Ampel mit China und Russland?
Außenpolitisch haben die künftigen Regierungspartner noch einigen Klärungsbedarf. Vor allem die Gaspipeline Nord Stream 2 könnte ein Problem werden.
Strukturfragen sind Machtfragen. Geht man nach dieser Devise, dann sieht es nicht besonders gut aus mit dem Stellenwert der Außenpolitik in einer möglichen Ampel-Regierung. Während sich in den Koalitionsverhandlungen die einzelnen Arbeitsgruppen in der Regel mit einem Themengebiet befassen, das dem Zuschnitt eines Ministeriums entspricht, oder einem kleineren Thema, sind in Arbeitsgruppe Nummer 20 gleich drei Ressorts zusammengefasst: die Außenpolitik, die Verteidigung und die Entwicklungszusammenarbeit. Schon im Wahlkampf hatte die Außenpolitik nur eine untergeordnete Rolle gespielt, nun scheint sich dieser Trend in den Koalitionsverhandlungen fortzusetzen.
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Dabei liefert dieser Themenbereich in den Gesprächen durchaus Stoff für Konflikte, wie nun trotz aller Schweigegelübde der Ampel-Parteien im politischen Berlin zu hören ist. Bis Mittwoch müssen die 18 Verhandlerinnen und Verhandler noch viele Fragen klären - und müssen ihre Ergebnisse am Ende auf nur fünf Seiten zusammenzufassen. Für die SPD hat der geschäftsführende Außenminister Heiko Maas die Federführung in der Gruppe, für die Grünen der Bundestagsabgeordnete Omid Nouripour und für die FDP der ehemalige Diplomat Alexander Graf Lambsdorff.
Die SPD hätte es gerne nicht zu konkret
Nicht alle drei Parteien haben gleichermaßen ein Interesse daran, möglichst umfassende Leitlinien festzulegen. In der Außenpolitik spielt das Kanzleramt seit Jahren eine immer größere Rolle. So nutzt es den Sozialdemokraten, wenn dieser Teil des Koalitionsvertrages vage bleiben sollte. Denn je weniger die Verhandler sich außenpolitisch festlegen, desto mehr profitiert am Ende Olaf Scholz. Als künftiger Bundeskanzler hätte er auf der internationalen Bühne dann freiere Hand.
Zu den wenigen überraschenden Sätzen im Sondierungspapier gehört jener, in dem von einem „Systemwettbewerb mit autoritären Staaten und Diktaturen“ die Rede ist. Die Verhandler müssten nun eigentlich durchdeklinieren, was das für das deutsche Verhältnis etwas zu Russland und China heißt. Die Grünen wollen die neue Regierung auf einen härteren Kurs gegenüber beiden Ländern festlegen, mit den Freien Demokraten dürften sie in dieser Frage schnell auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Doch die Sozialdemokraten wollen vom bisherigen Kurs gegenüber Moskau und Peking nicht abrücken.
Mit Nord Stream 2 sollen sich die Energie-Politiker beschäftigen
Zum Testfall für eine mögliche Ampel-Regierung könnte die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 werden. Deren Bau ist bereits abgeschlossen, die Inbetriebnahme der neuen Leitung durch die Ostsee ist aber noch nicht abschließend genehmigt. Die Grünen forderten im Wahlkampf, die Pipeline noch zu stoppen, die FDP ist ebenfalls gegen das Projekt, das die SPD allerdings befürwortet.
Doch offiziell soll Nord Stream 2 in der Arbeitsgruppe nicht angesprochen werden, es fällt in die Zuständigkeit der Energiepolitiker – auf deren Tagesordnung allerdings vor allem das Großthema Klimaschutz steht. Aus der entsprechenden Arbeitsgruppe ist einem „Spiegel“-Bericht zufolge zu hören, dass selbst die Grünen dieses Fass nicht noch einmal aufmachen wollten.
Doch aus der Welt ist das Problem für die künftigen Koalitionäre damit nicht. US-Diplomaten wurden in der vergangenen Woche in Berlin vorstellig, um die Bundesregierung dazu zu bewegen, das Zertifizierungsverfahren für Nord Stream 2 bei der Bundesnetzagentur zu stoppen oder zumindest zu überprüfen, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete. Hintergrund ist zum einen die Tatsache, dass Moskau die hohen Gaspreise nutzte, um Druck auf die Europäer auszuüben, die Pipeline schnell zu genehmigen, und zum anderen eine russische Truppenkonzentration unweit der Grenze zur Ukraine. Sich einfach nicht zu Nord Stream 2 zu äußern, könnte also nicht reichen.
Als Streitpunkt innerhalb der Arbeitsgruppe gilt außerdem der Verbleib der US-Atomwaffen in Deutschland. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich machte diese kürzlich selbst öffentlich zum Thema. Hier verläuft der Konflikt allerdings nicht oder nicht nur zwischen den Ampel-Partnern, sondern auch mitten durch die einzelnen Parteien. Während Mützenich den Abzug der US-Atomwaffen anstrebt, wollen andere Sozialdemokraten dieses Thema nicht anpacken, da ein deutscher Alleingang zu Verwerfungen innerhalb der Nato führen würde.
Am Ende werden manche Verhandlerinnen und Verhandler also vielleicht ganz froh darüber sein, dass sie nur fünf Seiten Platz haben, um die Ergebnisse der Arbeitsgruppe und ihre gemeinsamen Vorhaben zu präsentieren.