Sicherheitsdebatte nach Anschlag in Berlin: Wie Gefährder besser überwacht werden sollen
Abschiebehaft, Fußfesseln, Kameras: Nach dem Attentat am Breitscheidplatz fordern Politiker eine Reihe an Sicherheitsmaßnahmen. Was sollen sie bringen? Ein Überblick.
Seit im Herbst 2015 Hunderttausende Menschen nach Deutschland kamen, wird darüber diskutiert, wie abgelehnte Asylbewerber und straffällige Flüchtlinge dazu gebracht werden können, Deutschland möglichst schnell wieder zu verlassen. Vieles wurde schon auf den Weg gebracht. So erhalten abgelehnte Asylbewerber, die nicht ausreisen, weniger Unterstützung. Wer freiwillig geht, kann dagegen ein Startgeld für die Wiedereingliederung im Heimatland erhalten. Nach dem Anschlag am Breitscheidplatz werden außerdem mehrere Instrumente zur Prävention von Straftaten diskutiert.
Abschiebehaft
Führende Innenpolitiker der Union fordern, die Abschiebehaft zu verlängern. Hintergrund ist die Tatsache, dass der Terrorverdächtige Anis Amri im Sommer nach nur einem Tag wieder aus der Abschiebehaft entlassen wurde. Grundsätzlich können Ausreisepflichtige allerdings bis zu sechs Monate in Abschiebehaft genommen werden. Eine Verlängerung auf zwölf Monate ist möglich. Bei Amri musste die Haft aufgehoben werden, weil er keine Papiere besaß und daher kein Zielland für eine Abschiebung angegeben werden konnte. Haft kann für Personen angeordnet werden, die keinen gültigen Aufenthaltstitel besitzen und sich weigern, Deutschland freiwillig zu verlassen.
Neuer Straftatbestand
Bereits im August kündigte CDU-Innenminister Thomas de Maizière an, dass im Aufenthaltsgesetz ein Haftgrund der „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“ geschaffen werden solle, um islamistische Gefährder in Abschiebehaft nehmen zu können und die Ausreisepflicht wirkungsvoll durchzusetzen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf ging im Oktober in die Ressortabstimmung. Ob eine präventive Inhaftierung verfassungskonform wäre, daran zweifeln Fachleute jedoch. Der Innenminister erachtet außerdem Schnellverfahren für straffällige Ausreisepflichtige und ausländische Gefährder für nötig. Hierfür schlug er im Sommer eine Bund-Länder-Task-Force vor, die einzelne Fälle in allen Verfahrensstadien begleitet, auf eine zügige Bearbeitung und letztlich die Ausreise hinwirkt.
Transitzone
Innenpolitiker der Union haben in der aktuellen Debatte um die Verschärfung des Asylrechts erneut die Errichtung von Transitzentren an den deutschen Außengrenzen ins Gespräch gebracht. Dort solle zunächst zweifelsfrei die Identität von Flüchtlingen geklärt werden, bevor ihnen die Einreise erlaubt werde, sagte beispielsweise Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Unklar ist indes, ob dies organisatorisch praktikabel wäre, da bisher sehr viele Flüchtlinge – auch Syrer und andere Bürgerkriegsflüchtlinge mit berechtigten Asylgründen – ohne Papiere nach Deutschland kommen und eine Identitätsklärung oft Monate in Anspruch nimmt.
Sichere Herkunftsländer
Angesichts minimaler Anerkennungsquoten für Asylbewerber aus Tunesien, Marokko und Algerien sollen die drei Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden. Asylverfahren können dann schneller bearbeitet werden. Die Einstufung der Staaten war allerdings im Bundesrat am Widerstand der Grünen gescheitert. Sie sehen insbesondere in Marokko Defizite bei Menschenrechtsstandards. Eine zügige Abschiebung ist aber auch bei sicheren Herkunftsstaaten nicht gesichert. Wenn Asylbewerber keine Papiere besitzen, müssen dem mutmaßlichen Herkunftsland klare Belege für die Identität vorgelegt werden. Nur dann können Ersatzpapiere ausgestellt werden. In der Regel dauert das sehr lange.
Fußfessel
Der nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende Armin Laschet hat für den Einsatz einer elektronischen Fußfessel bei sogenannten Gefährdern plädiert. Tatsächlich plant die Bundesregierung für verurteilte Extremisten nach der Haft einen solchen einen am Bein getragenen Sender zur Aufenthaltsüberwachung mit Alarmfunktion. Ein entsprechender Gesetzentwurf ging am Dienstag in die Ressortabstimmung. Auch diese Maßnahme ist Teil eines Sicherheitspakets, das de Maizière im Sommer vorgeschlagen hatte. Im November einigte sich sein Ministerium mit dem Ressort von SPD-Justizminister Heiko Maas. Dieser sagte damals: Die Fußfessel solle nach der Haft grundsätzlich bei solchen Straftätern zugelassen werden, „die wegen schwerer Vergehen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, der Terrorismusfinanzierung oder der Unterstützung terroristischer Vereinigungen verurteilt wurden“. Kritiker merken allerdings an, dass auch eine Fußfessel Straftaten nicht unbedingt verhindert. So hatten zwei Angreifer im Sommer in Frankreich einen Pastor getötet – einer der beiden trug nach seiner Untersuchungshaft wegen zweier fehlgeschlagener Reisen in das syrische Kriegsgebiet eine Fußfessel.
Videoüberwachung
Die Wirksamkeit von Videoüberwachung ist ebenfalls umstritten. Als Konsequenz aus den Gewalttaten vom Sommer hat das Bundeskabinett am Mittwoch in Berlin mehrere Gesetzesentwürfe gebilligt, die unter anderem eine Ausweitung der Videoüberwachung im öffentlichen Raum vorsehen. Es gibt bereits Studien, die zeigen, dass Kameras die Kriminalität nicht senken. Auch der rot-rot-grüne Senat in Berlin hält von einer Ausweitung der Videoüberwachung wenig.