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Der Leipziger Siegbert Droese sitzt für die AfD im Bundestag. Er fordert, dass mehr Deutsche scharfe Waffen besitzen dürfen.
© imago/Jens Jeske

AfD-Landeschef Siegbert Droese: Wie die Sachsen-AfD den Sprung in die Regierung schaffen will

Petry-Nachfolger und Höcke-Freund: Der sächsische AfD-Landeschef Siegbert Droese hat einen Plan, um die sächsische AfD 2019 in eine Koalition mit der CDU zu führen.

Siegbert Droese hat einen Plan. Der 48-Jährige mit dem runden Gesicht und dem zurückgewichenen Haaransatz trägt einen Nadelstreifenanzug, am Revers einen AfD-Anstecker. Als er die Cafeteria des Bundestags betritt, läuft im Plenarsaal gerade eine hitzige Debatte. Doch Droese wird sie verpassen, er will von seinem Ziel sprechen. „Nach der Landtagswahl 2019“, sagt Droese, „soll eine Regierungsbildung in Sachsen ohne die AfD nicht mehr möglich sein.“

Droese ist Vorsitzender der AfD in Sachsen und der dortige Nachfolger von Ex-AfD-Chefin Frauke Petry. Er war ihr Gegenspieler in der Heimat, ist es im Grunde heute noch. Dass Petry nicht mehr in der Partei ist, sieht Droese als Geschenk. Wenn er über Petry spricht, sagt er statt ihres Namens nur „die frühere Vorsitzende“. Den Tag nach der Bundestagswahl, als Petry ankündigte, nicht Teil der AfD-Fraktion sein zu wollen, nennt Droese den „Tag der Befreiung“.

Droese hat ein neues Ziel ausgegeben

Mit Petry haben in Sachsen mehrere wichtige Köpfe die AfD verlassen, doch Droese will über die „frühere Vorsitzende“ nicht ständig sprechen. Es geht schließlich um die Zukunft. Dass die AfD bei der Bundestagswahl in Sachsen mit 27 Prozent haarscharf vor der CDU landete, darauf ist er stolz. Auch ihm ist aber offenbar klar geworden, dass das bei der Landtagswahl 2019 wohl nicht noch einmal klappen wird. Deswegen hat Droese ein neues Ziel ausgegeben: zweitstärkste Kraft werden und alle anderen so sehr schwächen, dass die CDU am Ende eigentlich nur noch mit der AfD koalieren kann.

Das klingt – gelinde gesagt – ambitioniert. Doch in der AfD glauben viele, dass die Partei, wenn überhaupt, dann zuerst in Sachsen in eine Regierungsbeteiligung gehen könnte. Bereits ein Jahr nach ihrer Gründung holte die AfD hier bei der Landtagswahl 9,7 Prozent. Hier schien es bei der Bundestagswahl knapp ein Drittel der Wähler nicht zu stören, dass auf Platz zwei der AfD-Landesliste mit dem Richter Jens Maier ein Mann stand, der die NPD gelobt und sich selbst als den „kleinen Höcke“ bezeichnet hat. Hier finden mehr als die Hälfte der Menschen, dass die Bundesrepublik durch Ausländer „in einem gefährlichen Maß überfremdet“ ist, wie kürzlich eine Studie im Auftrag der Landesregierung ergab. Hier begann die islamfeindliche Pegida-Bewegung.

„Das wird Kretschmer bereuen.“

Der neue sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer von der CDU hat zwar bereits verkündet, er schließe eine Koalition mit der AfD für immer aus, doch Droese hält das für eine „politische Torheit“ und scheint persönlich beleidigt. Eine Partei, die 27 Prozent hole, sei keine Eintagsfliege, schimpft Droese. „Das wird Kretschmer bereuen.“ Die CDU habe sich weit von ihrer Basis entfernt. In Sachsen versuche sie jetzt auf einen Rechtskurs einzuschwenken. „Doch der Sachse lässt sich nicht gern hinter die Fichte führen“, sagt Droese. Mit anderen Worten: nicht veräppeln.

Droese ist in der DDR aufgewachsen, wurde systemkritisch erzogen. Er weigerte sich, zur Armee zu gehen. 1989 floh er schließlich über die ungarische Grenze Richtung Österreich. Droese heuerte im Hotel „Atlantic“ in Hamburg an. Doch in der Hansestadt fühlte er sich als Exot, er vermisste die Heimat. Wieder zurück in Sachsen managte er verschiedene Restaurants seiner Familie. Mit einem Objekt ging alles schief: Der Mietvertrag – so erzählt Droese es zumindest – war für 30 Jahre abgeschlossen worden. Als rund um das Gebäude herum gebaut wurde, musste Droese die Außenplätze des Restaurants stark reduzieren. Er ging pleite, ein Sanierungsversuch scheiterte, Droese hat noch immer hohe Schulden.

Droese will um Bedeutung von „AH1818“ nicht gewusst haben

In der AfD steht Droese nun dem nationalistischen Flügel um Björn Höcke nahe. Droese ist für einen Schulterschluss der AfD mit Pegida. Er fordert, dass alle Deutschen ohne Vorstrafe eine Waffe besitzen können sollten. „Mehr Waffen bedeuten mehr Sicherheit“, sagt er. Schlagzeilen machte er im Sommer 2016, weil unter seiner Verantwortung als Leipziger Kreisvorsitzender zwei AfD-Autos herumfuhren, deren Kennzeichen man mit Nazi-Codes verbindet. Zum einen L-AH1818 – die Initialen Adolf Hitlers gepaart mit dem ersten und achten Buchstaben im Alphabet, was auch AH ergibt. Zudem L-GD3345 – ein Code für Großdeutschland zwischen 1933 und 1945. Droese will um die Bedeutung der Kombinationen nicht gewusst haben: „Ich war überrascht, was da hineininterpretiert wurde.“

Nun will Droese die nächsten Schritte in seinem Plan angehen. Erstens: „Die SPD mit sozialen Themen schwach machen.“ Bei der Bundestagswahl erhielten die Sozialdemokraten in Sachsen 10,5 Prozent. Damit das so bleibt, will Droese „verstärkt als soziale Partei in den Wahlkampf gehen und zeigen: Wir machen Politik für unsere Leute“. Für Deutsche also. Mit einer „sozialpatriotischen“ Rhetorik, wie Ex-Parteichefin Petry es nennt, hat die AfD im Osten schon während der Bundestagswahl Stimmung gemacht.

Petry könnte der AfD Konkurrenz machen

Die Grünen wiederum, die bei der letzten Landtagswahl noch knapp ins Parlament eingezogen, brächten sich schon selbst um die Wählergunst, glaubt Droese. Und die FDP solle erneut die Fünf-Prozent-Hürde verpassen, „indem wir als Mittelstandspartei auftreten“. Die AfD müsse sich dafür einsetzen, dass kleinere und mittlere Unternehmen von der Bürokratie befreit würden. Am Ende, so glaubt Droese wäre Ministerpräsident Kretschmer nahezu gezwungen, der AfD ein Angebot zu machen. Ein Landesparteitag der AfD solle schließlich über eine Regierungsbeteiligung entscheiden.

Droeses Plan klingt auf den ersten Blick simpel, doch er enthält viele Unsicherheiten. Dass es auch eine Minderheitsregierung geben könnte, beachtet Droese gar nicht. Und ausgerechnet Petry, „die frühere Vorsitzende“, könnte der AfD in Sachsen Konkurrenz machen. Sie will bei der Landtagswahl mit der „Blauen Partei“ antreten. Über das Bürgerforum „Blaue Wende“ will sie geeignete Mitstreiter anziehen. Das Projekt ist weniger stigmatisiert als die AfD, die Freien Wähler haben schon Interesse signalisiert.

Droese gibt sich gelassen. Er meint, dass sich das mit der „Blauen Partei“ bald erledigt haben werde. 2019 werden er und seine alte Feindin Petry im Wahlkampf aufeinandertreffen – dann wird sich zeigen, welcher Plan aufgeht.

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