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Der BVB-Bus kurz nach dem Anschlag.
© dpa/Marcel Kusch

Put-Optionen: Wie der Attentäter von Dortmund reich werden wollte

Der mutmaßliche Täter von Dortmund soll Put-Optionen gekauft haben und damit auf fallende BVB-Aktien gesetzt haben. Wie funktionieren diese Finanzgeschäfte?

Oliver Roth ist sich sicher: „Der mutmaßliche Täter wäre nie durchgekommen, das war eine perfide wie unsinnige Idee.“ Roth ist Börsenchef beim Bankhaus Oddo-Seydler und einer der erfahrensten Händler auf dem Frankfurter Börsenparkett. Davor war er Fußball-Profi, auch bei Borussia Dortmund. Am Tag des Anschlags hat der mutmaßliche Täter den Ermittlern zufolge 15.000 Put-Optionsscheine gekauft. „Damit hat er auf den Absturz der BVB-Aktie gewettet“, sagt Roth.

Der Käufer eines Puts erwirbt die Garantie, dass er die Aktie zu einem bestimmten Preis, deutlich niedriger als der aktuelle, verkaufen kann. Dafür braucht er nicht die Aktie, sondern zahlt dem Verkäufer – in der Regel einer Bank – lediglich eine Prämie von wenigen Cent. Je stärker die Aktie tatsächlich fällt, desto höher ist der Gewinn. Finanziert habe er den Kauf über einen Kredit. Der nordrhein-westfälische Innenminister Jäger sprach von 78.000 Euro, die der mutmaßliche Täter bezahlt haben soll.

Nach Angaben der Ermittler hätte der mutmaßliche Attentäter einen Gewinn von nahezu vier Millionen Euro einstreichen können. Nach Ansicht von Roth kann das aber nur eine vage Schätzung sein. „Niemand weiß, wie stark der Kurs der BVB-Aktie gefallen wäre, wenn es tatsächlich mehr verletzte oder gar getötete Spieler gegeben hätte“, sagt er. Mehrere Hunderttausend Euro wären wohl möglich gewesen, heißt es an der Börse. Entscheidend für den möglichen Gewinn ist auch der mit einem Put verknüpfte Hebel. Liegt er etwa bei fünf und der Aktienkurs fällt um ein Prozent, erhöht sich der Wert des Scheins um das Fünffache. Geht die Wette nicht auf, verliert der Käufer seinen gesamten Einsatz und der Verkäufer streicht die Prämie ein. Umgekehrt kann ein Anleger mit einem Call auch auf den Kursanstieg einer Aktie wetten.

Am Tag nach dem Anschlag war die Aktie nur leicht abgerutscht

Generell sind solche Finanzwetten an den Finanzmärkten Alltag. Termingeschäfte machen in etlichen Fällen durchaus Sinn, etwa wenn sich Landwirte so gegen einen möglichen Preisverfall zum Zeitpunkt etwa der Getreideernte absichern wollen. Am Tag nach dem Anschlag war die Aktie des Bundesligisten nur anfänglich leicht abgerutscht, im Tagesverlauf aber um 1,7 Prozent geklettert. Der BVB hat als einziger deutscher Fußball-Verein seine Aktie seit Ende Oktober 2000 an der Börse gelistet – mit überschaubarem Erfolg. Den ersten Kurs von elf Euro hat die Aktie nie wieder erreicht.

Letztlich hätte der mutmaßliche Täter mit seinem Vorhaben keinen Erfolg gehabt. Denn jedes Finanzgeschäft an der Börse wird automatisch an die Finanzaufsicht Bafin gemeldet werden. Bei der BVB-Aktie fallen ungewöhnliche Transaktionen ohnehin sehr schnell auf, weil sie als Liebhaber-Papier gilt und die täglichen Umsätze sind nicht hoch. Bewegungen wie jene mit 15.000 Put werden sofort bemerkt. Fälle von Put-Geschäften oder ähnlichen Finanzwetten mit kriminellem Hintergrund seien der Bafin bisher noch nie begegnet, sagt Kula. Der Fall sei einmalig.

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