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Der beschädigte Mannschaftsbus von Borussia Dortmund.
© Carsten Linhoff/dpa/AFP
Update

Nach Anschlag auf BVB-Bus in Dortmund: "Wir suchen nach mordbereiten Tätern"

Der Sprengsatz war deutlich stärker und professioneller als zunächst angenommen und beschädigte auch Autos in der Nähe des BVB-Busses. Einiges spricht gegen eine Tat von Islamisten.

Auch am zweiten Tag nach dem Anschlag in Dortmund sehen Polizei und Nachrichtendienste weiterhin ein hohes Risiko weiterer Angriffe. Das Bundeskriminalamt spreche in seiner Prognose unverändert von der zweithöchsten Gefahrenstufe, hieß es am Donnerstag in Sicherheitskreisen. Da der oder die Täter bislang nicht gefunden wurden, sei ein zweiter Anschlag zu befürchten. Besonders beunruhigend sei, dass bei dem Angriff am Dienstagabend auf den Bus der Mannschaft von Borussia Dortmund offenbar ein militärischer Zünder eingesetzt wurde. Außerdem sei der Zünder exakt in dem Moment aktiviert worden, als der Bus die Hecke passierte, in der die drei Sprengsätze versteckt waren. Vermutlich hätte der Täter oder die Tätergruppe mit einem Handy den Zünder angefunkt. „Das spricht für eine beachtliche Professionalität“, hieß es. Unklar sei allerdings noch, welcher Sprengstoff eingesetzt wurde. Die Wucht der Explosion sei so stark gewesen, dass mehrere Autos im Umfeld des Busses ebenfalls durch die umherfliegenden Metallstifte beschädigt wurden. Die BVB-Spieler hätten dank der dicken Scheiben des Busses nicht mehr abbekommen. Damit habe der Täter oder die Tätergruppe vermutlich nicht gerechnet, sagten Sicherheitskreise.

Bekennerschreiben gibt weiterhin Rätsel auf

Sicherheitsexperten vermuten, dass die Explosionen deutlich größeren Schaden hätten anrichten sollen. Die Metallstifte, mit denen die Sprengsätze präpariert waren, hätten Menschen töten können und wohl auch sollen. Ein Metallstift hatte sich im BVB-Bus in eine Kopfstütze gebohrt. Im Fahrzeug wurde allerdings nur der Spieler Marc Bartra verletzt. Außerdem erlitt ein Polizist, der auf einem Motorrad den Bus begleitete, ein Knalltrauma und einen Schock. Auch der Landesinnenminister von Nordrhein-Westfalen, Ralf Jäger (SPD), sagte, die Sprengsätze seien hochprofessionell gebaut worden. „Die Sprengkraft war enorm“, sagte er am Donnerstag in einer Sitzung des Innenausschusses im nordrhein-westfälischen Landtag. Es werde in alle Richtungen ermittelt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Täter gewaltbereite Fußballfans seien. Die Täter seien nicht gefasst und hätten weitere Anschläge angekündigt, sagte der Minister. „Das nehmen wir sehr ernst“. Landeskriminaldirektor Dieter Schürmann sagte: „Wir suchen nach mordbereiten Tätern“. Es werde auch nach Fingerabdrücken an den Sprengsätzen gesucht.

Der oder die Täter haben sich nach Erkenntnissen der Ermittler offenbar noch kurz vor der Explosion zumindest in der Nähe des Tatorts aufgehalten. Dafür spreche, dass die drei Exemplare des Bekennerschreibens, die dort gefunden wurden, „ziemlich sauber aussahen“, sagten Sicherheitskreise. Die Schreiben selbst geben allerdings weiterhin Rätsel auf.

"Der IS verhandelt nicht"

Erwähnt wird eine angebliche Todesliste der Terrormiliz „Islamischer Staat“, auf der „ab sofort“ alle ungläubigen Sportler und weitere Prominente in Deutschland „und anderen Kreuzfahrer-Nationen“ stehen sollen. Außerdem wird Bundeskanzlerin Angela Merkel beschimpft und gefordert, die deutschen Tornado-Kampfflugzeuge sollten aus Syrien abgezogen und die US-Luftwaffenbasis im rheinland-pfälzischen Ramstein müsse geschlossen werden. Im Schreiben fehlt allerdings das klassische IS-Symbol, die wehende schwarze Fahne mit dem muslimischen Glaubensbekenntnis in weißen Buchstaben. Und islamistische Terroristen hinterlassen in der Regel keine Bekennerschreiben. Die Selbstbezichtigung erfolgt meist im Internet, zudem meldet sich auch der IS oder eine andere Terrorvereinigung zu Wort. Doch weder der IS noch Al Qaida oder eine weitere Organisation haben sich bislang zum Anschlag in Dortmund geäußert.

Laut NRW-Verfassungsschutz sind die drei identischen Bekennerschreiben keiner einzelnen extremistischen Richtung zweifelsfrei zuzuordnen. Es werde in Richtung Links- und Rechtsextremismus sowie Islamismus ermittelt, sagte der Leiter des NRW-Verfassungsschutzes, Burkhard Freier. Mit Blick auf Islamismus sage er, es fehlten arabische Floskeln, auch seien die Forderungen am Ende des Textes untypisch für die Terrormiliz Islamischer Staat. „Der IS verhandelt nicht“, sagte Freier.

Festgenommener soll Kontakte zum IS haben

Gegen den in Wuppertal festgenommenen Iraker Abdul Baset al-O. ist Haftbefehl erlassen worden. Wie der Generalbundesanwalt am Donnerstag in Karlsruhe mitteilte, erließ der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshof den Haftbefehl gegen den 26-jährigen Abdul Beset A. Der Haftbefehl wurde wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) erlassen, nicht aber wegen einer Beteiligung an dem Anschlag auf den Dortmund-Bus.
Es geht stattdessen um die mutmaßliche Mitgliedschaft des Mannes in einer Spezialeinheit des IS, einem zehnköpfigen Kommando, das für Spionage eingesetzt wurde, unter anderem zur Vorbereitung von Entführungen. Eine Verbindung des Mannes, der 2016 über die Türkei nach Deutschland kam, zum Anschlag in Dortmund sei bislang nicht zu erkennen, sagten Sicherheitsexperten. Die Sicherheitsbehörden kamen auf den in Wuppertal festgenommenen Mann, weil er mit einem anderen Islamisten über vier Sprengsätze gesprochen hatte.

Auch bei einem zweiten mutmaßlichen Islamisten, der am Mittwoch in Verdacht geraten war, wird eine Verbindung mit der Tat ausgeschlossen. Der Deutsche libanesischer Herkunft in Fröndenberg (bei Unna) besitzt einen Regenschirm des Hotels, in dem die Mannschaft von Borussia Dortmund untergebracht war, bevor sie am Dienstag in den Bus stieg, der zum Stadion fahren sollte.

Weiterhin denkbar sei ein rechtsextremistischer Hintergrund des Anschlags, sagten Sicherheitskreise. Die Forderungen, die Tornado-Kampfjets aus Syrien abzuziehen und die US-Basis in Ramstein zu schließen, würden auch von Rechtsextremisten sowie von Rechtspopulisten aus dem Pegida-Spektrum erhoben. Dazu passe auch die Beschimpfung von Merkel. Die Kanzlerin ist seit der Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge im September 2015 eines der herausragenden Hassobjekte des rechten Spektrums. (mit dpa)

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