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Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer will beim Parteitag der CDU keine Niederlage einstecken.
© Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

Vor dem Parteitag in Leipzig: Wie Annegret Kramp-Karrenbauer an Statur gewinnen will

Beim CDU-Parteitag in Leipzig will Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer keine Niederlagen einstecken. Wie realistisch ist das?

Dass sich Nord- und Südlichter in der Union mal einig sind, kommt auch nicht alle Tage vor. Das Ereignis ist doppelt bemerkenswert, weil der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther seit seiner Empfehlung an Ost-CDU-Verbände, auch mal mit der Linken zu reden, in der CSU gerne bissig als „Genosse Günther“ tituliert wird.

Doch am Montag sind sich der Liberale aus dem Norden und der CSU-Vorsitzende Markus Söder vollkommen einig: Mit den Personaldebatten bei der CDU muss Schluss sein.

Vier Tage vor dem CDU-Parteitag in Leipzig ist das zwar ein frommer Wunsch. Aber der Gleichklang zeigt doch: Wer in Leipzig der Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer oder der Kanzlerin Angela Merkel vors Schienbein treten will, muss es so anstellen, dass er nicht selbst ins Stolpern gerät.

Also zum Beispiel nicht so wie Friedrich Merz, als der nach der Thüringen-Wahl Merkels Regierung als „grottenschlecht“ verdammte. „Das war suboptimal“, sagte Söder dem „Handelsblatt“. „Suboptimal“ heißt in dem gemäßigten Ton, den der Bayer inzwischen pflegt, in etwa das Gleiche wie „grottenschlecht“. Wenn der politische Gegner Kritik übe, fuhr Söder fort, sei das eine Sache. „Aber die eigenen Leute richten mit Kritik leider den größeren Schaden an.“

Da brauchte Günther gar nichts weiter zu tun, als sich anzuschließen. „Ich denke, die CDU kann aktuell einiges von der CSU lernen“, sagte der CDU-Mann der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Söder habe aus dem Geschwisterstreit der vergangenen Jahre die richtigen Schlüsse gezogen: Sacharbeit sei angebracht, statt eigene Parteifreunde immer wieder „madig“ zu machen.

Abstimmung über Frauenquote abgewendet

Nun lässt sich freilich auch durch die Hintertür von Sachdebatten eine angeschlagene Vorsitzende demontieren. Der womöglich gefährlichsten Tretmine hat die Antragskommission den Zünder entfernt: Mit dem Antrag der Frauen-Union, eine feste Frauenquote für Parteifunktionen einzuführen, soll sich erst einmal in aller Ruhe eine Satzungskommission beschäftigen, Wiedervorlage beim nächsten Parteitag im Herbst 2020.

Tatsächlich hätte eine Abstimmung in Leipzig mit hoher Wahrscheinlichkeit in eine Niederlage geführt. Und das wäre unvermeidlich Kramp-Karrenbauers Niederlage geworden – die Parteichefin hat sich stets für mehr Frauenrechte ausgesprochen und scheut gelegentlich auch vor der Selbsteinschätzung als Feministin nicht zurück.

Söder erlebte ein Debakel

Söder hat neulich bei seinem Parteitag in München erlebt, wie ihm eine Front aus Altkonservativen und Jungkonservativen die Ausweitung der CSU-Frauenquote verweigerte, beide vor allem mithilfe einer ideologischen Abgrenzung: Quote gleich Grün gleich gegnerischer Schmarrn.

Doch da es vor allem in unteren CDU-Gliederungen oft auch schlicht an Frauen fehlt, die in Ämter und Funktionen drängen, hätten die Kritiker in Leipzig sogar ohne derlei Hilfsargumente leichtes Spiel, ohne die Sachebene verlassen zu müssen. Die Frauen-Union hat die Gefahr erkannt und sich mit der Überweisung ihres Antrags an die Kommission einverstanden erklärt. Damit dürfte die Abstimmung nur noch Formsache sein.

Die Frage der Zulassung von Huawei ist besonders heikel

Bei anderen Anträgen kann die Parteiführung auf derlei verständnisvolle Kooperationsbereitschaft der Antragsteller hingegen nicht rechnen. Ein besonders heikler Fall ist die Frage, ob der chinesische Huawei-Konzern beim Ausbau der künftigen 5G-Hochgeschwindigkeitsnetze mitwirken darf. Der Chef der ultrakonservativen „Werteunion“, Alexander Mitsch, hat unter seinen Mitgliedern genügend Unterstützer für einen Gegenantrag gesammelt – sein Verein selbst ist nicht antragsberechtigt.

Ein zweiter Dagegen-Antrag kommt aus dem Lahn-Dill-Kreis, dessen Vorsitzender Hans-Jürgen Irmer Mitglied im konservativen „Berliner Kreis“ ist. Beide fordern, die Chinesentechnik förmlich vom Netzausbau auszuschließen. Sie verweisen auf Bedenken der deutschen Sicherheitsbehörden und warnen davor, dass sich Deutschland in die Hand des kommunistischen Regimes in Peking begeben würde.

Tatsächlich ist umstritten, ob es überhaupt möglich ist, alle denkbaren Hintertüren für Spionage und Fernsabotage in Huaweis Komponenten für den Mobilfunk zu entdecken.

Kann der Huawei-Streit beigelegt weden?

Das Problem ist nur, dass eine Beschränkung auf europäische Anbieter das Ausbautempo drastisch drosseln würde, weil die nicht schnell genug liefern könnten. Das Ausbautempo aber kann darüber entscheiden, ob die deutsche Wirtschaft in der nächsten Stufe der Digitalisierung – vom autonomen Fahren bis zum „Internet der Dinge“ – ein Wort mitredet oder auf lange Zeit abgehängt zurückbleibt.

Die Antragskommission schlägt deshalb statt des Huawei-Verbots eine Kombination aus strengen Vorgaben und einem Komponentenmix vor, der dafür sorgen würde, dass nicht die ganze Mobilnetzstruktur von chinesischer Hardware abhängig wäre. Außerdem solle der Bundestag mitentscheiden können.

Damit könnte die Bundesregierung gut leben. Ob die Antragsteller sich auch darauf einlassen, wird der Parteitag zeigen. Söder setzte am Montag auf „kollektive Klugheit“ in der Schwesterpartei. Das bezog sich zwar vor allem auf das Verfahren zur Auswahl eines nächsten Kanzlerkandidaten oder einer -in. Der Antrag der Jungen Union auf Urwahl dürfte in der Tat keine Chance haben. Aber Söders Hoffnung reicht generell weiter: „Ich glaube, dass der Versuch, sich gut darzustellen, unternommen wird.“

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