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Deutschland wird für zwei Jahre am Tisch sitzen.
© Yorick Jansens, dpa

Deutschland im Sicherheitsrat: Werben für die Macht des Rechtes

"Wir werden nicht zusehen, wie Nationalisten und Populisten versuchen, das Rad zurückzudrehen", sagt Außenminister Heiko Maas.

Es wird ernst, das ist dem deutschen Botschafter bei den Vereinten Nationen in New York bewusst. „Da wird einem schon ein bisschen angst und bang“, sagte Christoph Heusgen vor wenigen Wochen mit Blick auf schwierige Entscheidungen, die im UN-Sicherheitsrat auf die Bundesregierung und ihn warten. Von Januar an wird Deutschland im wichtigsten Gremium der Weltorganisation als nichtständiges Mitglied vertreten sein. „Aber schauen wir mal“, fügte Heusgen hinzu, der als langjähriger außenpolitischer Berater von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zentrale Streitfragen und wichtige Akteure der Weltpolitik sehr gut kennt.

Die Erwartungen an Deutschland sind groß, wie die Wahl der Sicherheitsrats-Mitglieder im Juni zeigte: 184 von 193 Staaten stimmten für Deutschland und dokumentierten damit, wie groß die Vertrauensbasis für die Bundesregierung in der Weltorganisation ist. Alle acht Jahre bemüht sich Deutschland um einen nichtständigen Sitz, zuletzt war es 2003/2004 und 2011/2012 dabei.

Erinnerung an die Libyen-Abstimmung

Aus der vorigen Mitgliedschaft ist vor allem die deutsche Enthaltung bei der Abstimmung über die Libyen-Resolution zur Durchsetzung einer Flugverbotszone gegen Muammar al Gaddafis Truppen im März 2011 in Erinnerung. In westlichen Hauptstädten war das Entsetzen darüber groß, dass Deutschland nicht mit den Verbündeten stimmte, sondern sich davonstahl. Nicht ausgeschlossen ist, dass Berlin im Sicherheitsrat auch in den kommenden zwei Jahren vor ähnlich undankbaren Abwägungen steht, bei denen es sich entweder gegen die USA oder aber gegen größere Staatengruppen entscheiden muss. Das weiß auch Außenminister Heiko Maas (SPD): „Im Sicherheitsrat wird man Farbe bekennen müssen“, sagt er voraus.

„Unsere Werte dort vertreten“, das hat der Chef des Auswärtigen Amtes als Ziel ausgegeben. Nicht die Macht des Stärkeren, sondern nur die Macht des Rechts könne die Grundlage einer friedlichen Weltordnung sein. Maas begründete das in einer Rede vor der UN-Generalversammlung im September auch mit eigenen historischen Erfahrungen Deutschlands: „Wir glauben an die Vereinten Nationen, weil Kooperation über Grenzen hinweg unser eigenes Schicksal zum Besseren gewendet hat.“

Der SPD-Politiker gibt große Versprechen ab: „Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie Nationalisten oder Populisten versuchen, das Rad zurückzudrehen.“ Allerdings gehört auch US-Präsident Donald Trump zu diesen Nationalisten und Populisten. Dass deutsche Diplomaten die regelbasierte internationale Ordnung auch gegen die US-Regierung verteidigen müssen, stellt die Berliner Außenpolitik vor besonders schwierige Entscheidungen – etwa beim Versuch, das Atomabkommen mit dem Iran gegen die Attacken Donald Trumps zu retten.

Für den Multilateralismus

Grundsätzlich signalisiere die deutsche Bewerbung auch, „dass wir bereit sind, international Verantwortung zu übernehmen“, sagt Maas. Deutschland wolle Themen auf die Tagesordnung des Gremiums setzen, die wichtig seien für den Erhalt einer multilateralen Ordnung. Konkret nannte der Außenminister neue Impulse für eine politische Lösung des Syrien-Konflikts, den Konflikt um die Ost- Ukraine und den Einsatz für afrikanische Interessen. Einen Schwerpunkt der deutschen Beiträge sollen auch die Konfliktprävention und der Klimawandel als Sicherheitsproblem bilden. Beim Kampf gegen Klimawandel will Maas sogar eine Führungsrolle einnehmen.

Zweifel gibt es allerdings, ob die Bundesregierung alles getan hat, um ihre Ziele für die UN einzulösen. So verspricht der Koalitionsvertrag von Union und SPD „Hochwertfähigkeiten für Friedensmissionen nach dem Rotationsprinzip bereitzustellen“. Tatsächlich bleibt Deutschland hinter diesen Zusagen zurück (siehe Interview).

Kein ständiger Sitz

Eine Ambition hat die deutsche Außenpolitik aufgegeben: Einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat strebt die große Koalition nicht mehr an, stattdessen spricht sich der Koalitionsvertrag für einen gemeinsamen europäischen Sitz aus. Auch in den zwei Jahren als nichtständiges Mitglied will sich die deutsche Diplomatie möglichst eng mit anderen EU-Staaten abstimmen und im Sinne Europas agieren. Gemeinsame deutsch-französische Initiativen werden dadurch erleichtert, dass im April erst Berlin für einen Monat die Präsidentschaft im Sicherheitsrat übernimmt, und im Mai dann Paris

Dass die Franzosen in Fragen nationaler Bedeutung völlig anderen Instinkten folgen als die Europa-orientierten Deutschen, musste die Bundesregierung allerdings kürzlich schmerzlich erfahren. Als Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) im November in seiner Europarede vorschlug, den ständigen Sitz Frankreichs in einen EU-Sitz umzuwandeln, machten die Nachbarn sofort auf allen Kanälen unmissverständlich deutlich, dass dies für sie nicht infrage kommt.

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