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Er will Trump bei der Präsidentschaftswahl herausfordern: Der US-Demokrat Joe Biden.
© AFP/Saul Loeb

Die Herausforderer des Präsidenten: Wer kann Donald Trump schlagen?

2020 ist ein schicksalhaftes Wahljahr für die USA. Weitere vier Jahre Präsident Donald Trump? Die Kandidatenkür der Demokraten beginnt in vier Wochen in Iowa. Ein Überblick.

Vertrauter Favorit: Joe Biden

Wofür steht er?
Er ist ein Großvatertyp, nicht nur wegen seines Alters (77). Alles an ihm wirkt moderat. Kein Linker, kein Rechter, kein intellektueller Überflieger mit glänzender Rhetorik, aber auch kein mit allen Wassern gewaschener Schurke. Wenn er etwas falsch macht, dann vermuten die meisten Ungeschick, nicht bösen Willen.

Als Sohn eines Autoverkäufers aus der Arbeiterstadt Scranton, Pennsylvania, spricht Biden die Sprache der Durchschnittsbürger. Der Ruf des Arbeiterfreunds verstärkte sich durch einen Schicksalsschlag. Kurz nach seinem 30. Geburtstag und der Wahl in den US-Senat kamen Ehefrau Neilia und die einjährige Tochter Naomi bei einem Autounfall ums Leben.

Biden wurde zum alleinerziehenden Vater der Söhne Beau (3) und Hunter (2). Und zum Berufspendler per Eisenbahn zwischen Washington und Delaware, der angeblich jeden Schaffner auf der Strecke persönlich kennt.

Stärken und Schwächen:
Sein Kapital sind die innen- wie außenpolitische Erfahrung, die Bereitschaft zur Suche nach parteiübergreifenden Kompromissen und der Respekt, den er speziell im Senat und generell in der Politik genießt. Barack Obama machte ihn deshalb zum Vizepräsidenten. Und Bidens Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad erfuhr nochmals einen Schub. Er kann weiße Arbeiter wie Afroamerikaner und Latinos an sich binden. Er löst jedoch keine Begeisterung aus. Gefürchtet ist sein Hang zu spontanen, oft unüberlegten Äußerungen. Ein Spitzname lautet „Der mit dem Fuß im Mund“.

Strategie und Chancen:
Wegen seiner landesweiten Bekanntheit hat Biden die Umfragen, wer Präsidentschaftskandidat werden soll, von Beginn an angeführt. Sein Vorsprung ist zwar geschmolzen, in den frühen Vorwahlstaaten haben ihn Konkurrenten überholt. In Iowa (3. Februar) und New Hampshire (11. Februar) ist er auf Platz drei zurückgefallen.

Auch beim Einwerben von Wahlkampfspenden liegt Biden jetzt hinter Sanders und Buttigieg. In den darauffolgenden Vorwahlstaaten Nevada (22. Februar) und South Carolina (29. Februar) führt Biden hingegen in den Umfragen. Und dann kommt bereits der „Super Tuesday“ (3. März) mit 15 parallelen Vorwahlen, bei denen 1344 Delegiertenstimmen vergeben werden. Ein Albtraum für Kandidaten, die sich in so vielen Staaten durch Auftritte erst bekannt machen müssen. Biden setzt darauf, dass die Wähler ihn kennen und er dann klar in Führung geht. Trotz der Ukraine-Affäre gilt er in Umfragen als die sicherste Variante, Trump zu besiegen.

Bernie Sanders und Elizabeth Warren.
Bernie Sanders und Elizabeth Warren.
© imago images / ZUMA Press

Linke Alternative: Bernie Sanders, Elizabeth Warren

Wofür stehen sie?
Bernie Sanders (78) und Elizabeth Warren (70) zeigen erstaunliche Disziplin. Sie wetteifern, wer von beiden die Galionsfigur der Linken wird, vermeiden aber persönliche Attacken – selbst in Phasen, in denen sie oder er die Dynamik für sich hatte und hoffen durfte, die Frage durch einen entscheidenden Angriff zu klären.

Anfangs lag der parteilose Senator von Vermont vorn, dann überholte ihn die Senatorin von Massachusetts, während er nach einem Herzanfall im Oktober pausieren musste. Inzwischen liegt er (18,6 Prozent) wieder vor ihr (15,1), aber beide hinter Biden (28,6). Besonders beeindruckt an Sanders Comeback: Bei den Wahlkampfspenden im vierten Quartal 2019 führt er mit 34,5 Millionen Dollar vor Buttigieg (24,7 Millionen), Biden (22,7 Millionen) und Warren (21,2 Millionen). Er erhalte vor allem Kleinspenden von rund fünf Millionen Fans, sagt Sanders.

Stärken und Schwächen:
Beide versprechen eine dezidierte Wende nach links in den USA – mehr Sozialpolitik, Verbraucherschutz, höhere Auflagen für die Wirtschaft und höhere Steuern –, aber mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Sanders setzt vor allem auf ein staatliches Krankenversicherungssystem für alle; bisher gibt es nur private Policen, die zumeist der Arbeitgeber für seine Beschäftigten abschließt.

Warren setzt auf mehr Kontrolle der Finanzkonzerne und der Industrie. Sanders findet mehr Anhang unter Arbeitern und weißen Studenten, Warren unter Angestellten und Intellektuellen. Beide treffen auf Zweifel, ob man mit einem so linken Kurs die Hauptwahl in einem wirtschaftsfreundlichen Land wie den USA gewinnen kann. Zwei wichtige Wählergruppen der Demokraten, Schwarze und Latinos, sind bei ihren Wahlkampfauftritten schwach vertreten. Manche Anhänger fragen auch laut, ob Sanders den Strapazen der Präsidentschaft gewachsen ist.

Strategie und Chancen:
Sanders liegt in den Umfragen für Iowa auf Platz zwei, für New Hampshire auf Platz eins, und hofft, mit dieser Dynamik am Super Tuesday im delegiertenreichen Kalifornien einen Vorsprung zu erzielen, der ihn durch die weiteren Vorwahlen trägt. Warren liegt nirgends an der Spitze und setzt darauf, überall stetig Delegierte zu sammeln. Wer von beiden als Erster aufgibt, kann den eigenen Delegierten empfehlen, auf dem Parteitag den jeweils anderen bei der Kandidatenkür zu unterstützen. In Umfragen, wer gegen Trump gewinnen kann, liegen beide hinter Biden.

Pete Buttigieg
Pete Buttigieg
© REUTERS

Jugendlicher Aufsteiger: Pete Buttigieg

Wofür steht er?
Er ist jung (37). Er ist schwul. Er war bisher nur Bürgermeister von South Bend, Indiana, einer unscheinbaren Stadt mit 101 000 Einwohnern; politische Erfahrung auf nationaler oder internationaler Ebene kann er nicht vorweisen. Und doch ist im letzten Vierteljahr aus dem unwahrscheinlichen Kandidaten ein heißer Tipp für die Präsidentschaftsnominierung geworden.

Das liegt vielleicht daran, dass er wie die Antithese zur Konkurrenz wirkt. Er ist nicht über 70 wie seine vier innerparteilichen Gegner und Trump; er ist keine bekannte Größe, sondern ein unbeschriebenes Blatt – was ihm die Chance gibt, seine Lebensgeschichte neu zu erzählen und so, dass Wähler ihre Wünsche auf ihn projizieren können. Obama hat das vorgemacht.

Stärken und Schwächen:
Er wirbt nicht mit seiner Erfahrung, sondern mit den unendlichen Chancen, die sich auftun, wenn die USA einen anderen Kurs als unter Trump einschlagen. Er ist ein guter Redner. Und sein Lebenslauf wirkt vertrauenerweckend auf politisch Moderate: Wirtschaftsberater, Afghanistan-Veteran, jüngster Bürgermeister einer US-Großstadt und im Amt erfolgreich.

Zudem ein Demokrat, der in einem traditionell republikanischen Staat, Indiana, eine Wahl gewonnen hat. Jugendlichkeit und begrenzte Erfahrung in der großen Politik können freilich auch als Schwächen angeprangert werden, spätestens wenn es zu den TV-Debatten gegen Trump kommen sollte. Und, genereller: Sind die USA reif für einen schwulen Präsidenten? Immerhin hat er sich mit seinem Mann kirchlich trauen lassen.

Strategie und Chancen:
Buttigieg ist noch weit mehr als Sanders auf Siege in den frühen Vorwahlstaaten angewiesen, die seiner Kandidatur Dynamik verleihen und ihm die Spenden bescheren, die er zur Finanzierung des weiteren Wahlkampfs benötigt. In Iowa, ein direkter Nachbar Indianas, liegt er in den Umfragen auf Platz eins; in New Hampshire auf Platz zwei.

Danach wird es düster. In South Carolina, wo Afroamerikaner die Demokratische Partei dominieren, ist er bisher abgeschlagen und braucht mächtige Fürsprecher. Und dann eine glückliche Hand bei der Strategie für den Super Tuesday, weil er in der verbleibenden Zeit keine starke Wahlkampfmaschinerie für 15 parallele Vorwahlen aufbauen kann. Aber womöglich wächst da ein Vizepräsidentschaftskandidat heran, um dessen jugendliche Frische ein weißhaariger Spitzenreiter werben wird.

Michael Bloomberg
Michael Bloomberg
© REUTERS

Rechte Alternative: Michael Bloomberg

Wofür steht er?
Er bietet sich den Demokraten als „New choice“ an, als ganz andere Option. Ungewohnt ist vieles an Bloombergs Bewerbung. Der 77-Jährige, der sein Milliardenvermögen mit Börseninformationsdiensten gemacht hat, betrachtet Parteipolitik und Gremienarbeit als ein zumeist lästiges Vehikel zur Macht.

Er war vor Jahrzehnten Demokrat, als die Partei noch nicht so links und in Teilen so wirtschaftsfeindlich wie heute war. Als er Bürgermeister von New York werden wollte, trat er 2000 aus und kandidierte als Republikaner, um die Risiken der demokratischen Kandidatenaufstellung zu umgehen. Nach zwei Amtszeiten trat er auch bei den Konservativen aus und gewann eine dritte Amtszeit als Parteiloser. Bloomberg betrachtet sich als unideologischer Macher, der Probleme identifiziert und löst. Er zieht nichtparteigebundene Wähler an, rund ein Viertel bis ein Drittel des Elektorats.

Stärken und Schwächen:
Bloomberg kann sogar Republikaner gewinnen, die von Trump enttäuscht sind, was Sanders und Warren kaum gelingen wird. Wichtige Kernwählergruppen der Demokraten fremdeln jedoch mit dem Milliardär: Afroamerikaner und Latinos, die seine Kriminalitätsbekämpfung in New York vor allem mit einer Diskriminierung nach Hautfarbe verbinden.

Auf Wahlkampfspenden ist Bloomberg nicht angewiesen. Seine Kampagnen finanziert er aus eigener Tasche. Damit entfällt aber auch der Mobilisierungseffekt, der mit der Ansprache potenzieller Spender verbunden ist. Böse Zungen behaupten, Bloomberg wolle eine Fortsetzung der wirtschaftsfreundlichen Politik sicherstellen, die ihm persönlich nutze.

Sanders oder Warren zu verhindern sei ihm ebenso wichtig, wie Trump abzulösen. Bloomberg entgegnet, die Demokraten müssten sich entscheiden, was ihnen wichtiger sei: mit ideologischer Reinheit die Wahl verlieren? Oder „electability“, also ein Kandidat, der Trump besiegen kann, weil er die wahlentscheidenden Wähler der Mitte für sich gewinnt?

Strategie und Chancen:
An den ersten vier Vorwahlen in Iowa, New Hampshire, Nevada und South Carolina nimmt er nicht teil. Er setzt auf den Super Tuesday, wo er seinen Vorsprung an Geld und Organisationskraft in den parallelen Vorwahlen in 15 Staaten beweisen möchte. Es könnte sich erweisen, dass es für Bloomberg schwieriger ist, die Nominierung durch die Demokraten zu gewinnen, als eine Hauptwahl gegen Trump – sofern er denn dafür aufgestellt wird.

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