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Da lachen sie noch - demnächst wird hart gerungen. Klaus Wowereit und Horst Seehofer im Bundesrat.
© dpa

Finanzen der Bundesländer: Wenn Schulden spalten

Die Länder gehen uneins in die Finanzverhandlungen mit dem Bund – die Unterschiede sind zu groß. Während Sachsen und Bayern ihre Schulden im Griff haben, fordern schwache Länder eine neue Umverteilung zur Tilgung der Lasten.

Das Wichtigste sei, dass die Länder so lange wie möglich beieinander stünden, meinte unlängst ein Beamter, der an den Vorbereitungen für die Finanzverhandlungen zwischen Bund und Ländern beteiligt ist. Bis 2016 soll die Finanzverteilung zwischen den staatlichen Ebenen neu geregelt werden, ein Mammutunternehmen, eine der großen Bewährungsproben auch für die große Koalition, die den neuen Finanzausgleich als eines ihrer großen Projekte sieht. Zum Ende 2019 läuft nicht nur der aktuelle Finanzausgleich samt Solidarpakt aus, auch die Schuldenbremse muss dann vom Bund und den 16 Ländern eingehalten werden. Und das heißt: Keine neuen Schulden mehr.

Es wird ein knochenhartes Pokern werden. Zwar steigen die Steuereinnahmen in den nächsten Jahren (wenn die Planungen sich erfüllen), doch die derzeit günstigen Zinsen werden irgendwann wieder höher sein und damit auch die Zinsausgaben. Das trifft die Hochverschuldeten härter – also den Bund und die schwachen Länder. Zudem werden auch die Ausgaben nicht geringer werden. In den Ländern wachsen nicht zuletzt die Pensionslasten, zudem wollen alle Seiten wieder mehr in die Infrastruktur investieren.

Wie es aussieht, wird die Länderphalanx schnell wieder auseinanderbrechen. Denn die Unterschiede zwischen den Ländern sind zu groß. Und so sammeln sie sich in den bekannten Lagern: die Schwachen und die Starken, Ost und West, die Stadtstaaten mit ihren Sonderinteressen, allen voran Berlin als Hauptstadt.

Der Ministerpräsident von Sachsen- Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), hat dieser Tage gleich einen kompletten Neustart vorgeschlagen – zurück auf Los sozusagen. Gemeint war nichts anderes als eine Teilentschuldung der besonders hoch verschuldeten Länder durch den Bund und die stärkeren Länder, also vor allem Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, die drei Geberländer im Finanzausgleich. Künftige Generationen müssten Chancengleichheit haben, meint Haseloff, der natürlich nicht mit einer völligen Angleichung der Schuldenniveaus rechnet, aber mit einer deutlichen Annäherung. Die Idee treibt auch die thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) und den Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) um. Es soll ein Fonds werden, in den einige mehr einzahlen und aus dem einige mehr herausholen. Umverteilung nach Schuldenstand sozusagen. Scholz und andere wollen dafür auch den Solidaritätszuschlag nutzen – er soll, statt in den Bundesetat, in diesen Fonds fließen. Berlin ist schon lange für einen solchen Altschuldentilgungsfonds, der auch den Charme hätte, dass im großen Verbund die Zinsen niedriger wären.

Freilich klappt das nicht ohne den Bund und die finanzstarken Länder. Und die werden nicht ohne Weiteres mittun. Der Bund ist deutlich höher verschuldet als die Länder, und im Grundgesetz steht, dass Bund und Länder in ihrer Haushaltswirtschaft voneinander unabhängig sind. Also auch die Länder untereinander. Man kann keinen zwingen, am Fonds teilzunehmen. Bayern, Sachsen und Mecklenburg- Vorpommern haben schon abgewunken.

Dass Haseloff, Scholz und Lieberknecht vorpreschen, kommt nicht von ungefähr. In Sachsen-Anhalt, Hamburg und Thüringen sind trotz der derzeit guten Kapitalmarktbedingungen 2013 die Schulden noch gewachsen. Gering nur in der Hansestadt, in Magdeburg und Erfurt liegt das Plus zwischen ein und zwei Prozent. Im Saarland, neben Bremen der Extremfall bei der Verschuldung, gingen die Schulden gar um fünf Prozent nach oben.

Dagegen konnten andere Länder deutlich abbauen: Bayern und Brandenburg um fünf Prozent, Nordrhein-Westfalen um gut sechs Prozent, Sachsen gar um fast 14 Prozent (jedenfalls bis zum dritten Quartal, neuere Zahlen hat das Statistische Bundesamt noch nicht). Berlin liegt mit einem Schuldenabbau um 1,6 Prozent im Mittelfeld. Insgesamt sanken die Staatsschulden im Vorjahr wohl um gut zwei Prozent.

Trotz Haseloffs Beschwörung der Zukunft wird in den Bund-Länder-Gesprächen die Vergangenheit mit am Tisch sitzen. Die Hochschuldenländer haben dann schlechtere Karten. Und gerade im Osten hat sich gezeigt, dass höhere Verschuldung eben nicht zu Vorteilen bei Wachstum und Gewerbeansiedlung führt. Sonst lägen Sachsen und Sachsen-Anhalt beim Schuldenstand pro Einwohner nicht um 8600 Euro auseinander. Die Regierung in Dresden ist so für die unvermeidlichen Einnahmeausfälle nach Auslaufen des Solidarpakts weitaus besser gerüstet als die in Magdeburg.

Albert Funk

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