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Im Wahlkampfmodus. Türkeis Präsident Recep Tayyip Erdogan.
© Henning Kaiser/dpa

In eigener Sache: Wenn die Türkei Partner sein will, muss sie sich besinnen

Die Verweigerung der Akkreditierung für die Tagesspiegel- und ZDF-Korrespondenten in der Türkei spielt allen Gegnern eines EU-Beitritts des Landes in die Hände. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Die Türkei – ein schwieriger Partner. Wie schwierig, das zeigt sie immer wieder, auch im Alltag. Zum Alltag gehört die Berichterstattung über das Land an der Schnittstelle zwischen Orient und Okzident, das seit 1999

Beitrittskandidat zur Europäischen Union ist.

Nun soll unser unbescholtener Kollege Thomas Seibert, wie auch sein Kollege vom öffentlich-rechtlichen ZDF, keine Pressekarte bekommen, die zur Berichterstattung berechtigt, aber auch Voraussetzung für eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung ist. Das ist in keinem Fall hinnehmbar.

Es ist dieses Verhalten, das allen Gegnern eines EU-Beitritts der Türkei in die Hände spielt: Wie kann man das Land aufnehmen, wenn es doch grundlegende Rechte missachtet? Zumal die Europäische Union erklärtermaßen nicht eine Wirtschaftsunion ist, sondern eine Wertegemeinschaft. Zu den Werten, den unveräußerlichen, zählt die Presse- und Meinungsfreiheit. Die wiederum unverzichtbar ist für eine Demokratie. Ein Land ohne Presse- und Meinungsfreiheit ist nicht demokratisch – und hat folglich keine Chancen auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union.

Seit dem Putschversuch 2016 hat sich die Lage noch einmal verschärft, für ausländische wie inländische Journalisten. Unliebsamen Kritikern wird Terrorpropaganda oder Unterstützung terroristischer Vereinigungen vorgeworfen. 1400 NGOs wurden seit 2016 per Dekret geschlossen. Das Land liegt im Index der Pressefreiheit auf Platz 157 – von 180. Die türkische Regierung sollte sich besinnen. Schon gar, wenn sie ein Partner sein will.

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