Anti-Transparenz bei der CDU: Wenn Datenschutz zur Ausrede wird
Wolfgang Schäuble wird plötzlich zum Datenschützer, ebenso Jens Spahn. Aber nur aus einem Grund: Sie wollen etwas verbergen. Ein Kommentar.
Als der Chaos Computer Club vor mehr als einem Jahrzehnt den Fingerabdruck des damaligen Innenministers Wolfgang Schäuble veröffentlichte, da habe ihn das „kalt gelassen“. Sein Fingerabdruck, sagte Schäuble, sei kein Geheimnis, den könne jeder haben. „Ich habe nichts zu befürchten.“
Der Politiker hat seitdem gelegentlich durchblicken lassen, dass er den deutschen Datenschutz für etwas überzüchtet hält. Natürlich auch in der Pandemie.
„Ich finde, wir hätten mit der Corona-App sehr viel mehr erreichen können“, sagte er im Fernsehen, „wenn wir in der Frage Datenschutz in der Abwägung der verschiedenen Grundrechte ein bisschen besser balanciert gewesen wären“. Das war natürlich Schäuble-Ironie.
Was er sagen wollte: Der ewige Datenschutz hat es mal wieder verbockt.
Natürlich nennt Spahn die Spender nicht
Jetzt gibt es einen neuen Ton. „Abgeordnete haben nach einschlägiger Rechtsprechung ein berechtigtes Interesse an der Vertraulichkeit von personenbezogenen Daten, die von der Freiheit des Mandats geschützt sind.
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Solche Daten dürfen daher nur in eng begrenzten Ausnahmefällen herausgegeben werden“. Das waren die Worte, mit denen ein Sprecher des heutigen Bundestagspräsidenten den Vorstoß von Gesundheitsminister Jens Spahn quittierte, die Namen von Parlamentariern zu veröffentlichen, die ihm Maskengeschäfte vorgeschlagen haben. Da ist Datenschutz plötzlich wichtig.
Kaum anders Spahn selbst. Er soll bei einer privaten Abendveranstaltung in Leipzig Parteispenden eingeworben haben, und damit niemand weiß von wem, pro Nase 9999 Euro und damit einen Euro unter der Offenlegungsgrenze.
[Mehr zum Thema: Auswirkungen der Masken-Affäre – Union rutscht in Umfrage unter 30 Prozent, Grüne profitieren]
Natürlich nennt Spahn die Spender nicht. Datenschutz. Weil es ihm nicht passt, dass ein Berliner Grundbuchamt den Kaufpreis seiner Dahlemer Villa herausgab, erhob er jetzt Beschwerde, und zwar bei der Datenschutzbeauftragten. Er sieht sich als Opfer einer Behörde, die sein Grundrecht mit Füßen tritt.
Datenschutz wird zunehmend zum Staatsschutz
Datenschutz, das ist der Alarm von links, wenn Antiterrorgesetze verabschiedet werden oder der Bundesnachrichtendienst seine Internetsaugmaschine anwirft. Datenschutz, das ist aber zunehmend auch das Argument eines konservativen Lagers, wenn es gilt, Affären aufzuklären oder Transparenz in Politik und Verwaltung herzustellen.
Oben, im Kanzleramt, hat man das prima kapiert. Bei immer mehr Daten, die dort von öffentlichem Interesse sind, fällt es auf, dass es, und sei es um zwei Ecken, personenbezogene Daten sind.
Das liegt auch am Internet und seinen Recherchemöglichkeiten, die es erlauben, Daten so zusammenzuschließen, dass sie keine anonymen mehr sind. Und dann müssen sie leider von vornherein unter Verschluss bleiben.
Kann sein, dass Datenschutz, ehedem ein Schutzrecht der Bürgerinnen und Bürger, mehr und mehr zu einem Schutzrecht des Staates und seiner Behörden wird. Dann würde stimmen, was Schäuble sagt. Es gibt zu viel davon.
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