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Bei einer Tanz-Aktion der weltweiten Kampagne «One Billion Rising» demonstrieren viele Frauen am Brandenburger Tor in Berlin. Die Kampagne fordert ein Ende der Gewalt gegen Frauen sowie Gleichstellung und Gleichberechtigung. Die Bewegung wurde im September 2012 von der New Yorker Künstlerin und Feministin Eve Ensler initiiert.
© Rainer Jensen/dpa

„One Billion Rising“: Weltweite Demonstrationen gegen die Gewalt an Frauen

In Kriegs- und Konfliktregionen sind Frauen besonders gefährdet, doch auch in Deutschland ist jede dritte Frau mindestens einmal im Leben von Gewalt betroffen.

Am Freitag protestieren weltweit hunderttausende Frauen und Mädchen gegen die Gewalt, die ihnen alltäglich widerfährt. „One Billion Rising“ heißt die Aktion, die Frauen seit 2013 jedes Jahr zwischen dem 14. Februar, Valentinstag, und dem Internationalen Frauentag am 8. März auf die Straße treibt.

Es war Eve Ensler, eine amerikanische Künstlerin und Feministin, die die Idee zu den Flashmob-artigen Protesten hatte. Das Konzept: Alle Teilnehmer tanzen eine vorher einstudierte Choreografie, um ihre Solidarität, ihren Wunsch nach Veränderung auszudrücken. Mittlerweile gibt es die Demonstrationen in 200 Ländern. Auch in Deutschland; vor dem Brandenburger Tor tanzen heute Abend knapp 1000 Menschen. Protestiert wird nicht nur in Berlin, sondern in insgesamt 137 deutschen Städten.

Denn: Eine von drei Frauen wird im Laufe ihres Lebens geschlagen oder vergewaltigt, schätzen die Vereinten Nationen. Bei einer Weltbevölkerung von sieben Milliarden macht das insgesamt mehr als eine Milliarde Frauen, die Gewalt erfahren haben. Sexuelle Belästigung ist da nicht eingeschlossen.

Die Gewalt kennt dabei keine Einschränkung, sagt Dina Deligioris. Sie beschäftigt sich bei den Vereinten Nationen damit, wie Gewalt gegen Frauen und Mädchen beendet werden kann. Frauen seien Gewalt überall ausgesetzt: Ob sie aus einer gut situierten oder einer benachteiligten Familie kämen, sei nicht ausschlaggebend. Sie würden zuhause genauso wie in der Schule oder auf der Arbeit missbraucht.

In Asien und Afrika sind die "One Billion Rising"-Proteste besonders verbreitet

Trotzdem sind Frauen und Mädchen in Ländern, in denen Armut oder Krieg herrscht, besonders gefährdet. Dort eskaliere die Zahl der Gewalttaten, besonders in den Regionen, in denen Militär stationiert ist, sagt Monique Wilson, die „One Billion Rising“ Proteste auf der ganzen Welt koordiniert. Außerdem würden Frauen aus armen Familien mitunter zur Prostitution gezwungen oder an Menschenhändler verkauft.

In Asien und Afrika seien die „One Billion Rising“ Demonstrationen besonders verbreitet, erzählt Wilson. Grund dafür sind – abgesehen von der gut organisierten Frauenbewegung – sicherlich auch die Massenvergewaltigungen in Indien oder die hohe Zahl der Genitalverstümmelungen in vielen afrikanischen Ländern.

Doch auch in Deutschland, einem wohlhabenden und sicheren Land, sind Frauen körperlicher und sexueller Gewalt ausgesetzt. Berechnet man die Gewaltdelikte ein, die nie gemeldet werden, gehen entsprechende Studien davon aus, dass jede dritte Frau in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben von Gewalt betroffen ist, sagt ein Sprecher des Bundesfamilienministeriums.

Auch in Deutschland macht jede dritte Frau Erfahrungen mit Gewalt

Diese Zahl deckt sich mit den Ergebnissen einer Studie der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte von 2012. Die Autoren führten in den 28 Mitgliederstaaten der EU Gespräche mit 42.000 Frauen. Ein Drittel von ihnen gab an, seit dem 15. Lebensjahr körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren zu haben. In Europa ist Deutschland also im Durchschnitt, weltweit auch.

Der Missbrauch kommt dabei nicht immer von außen, von fremden Personen. Frauen werden auch in ihrer Partnerschaft körperlich und sexuell missbraucht. Seit einigen Jahren gibt das Bundeskriminalamt eine Statistik zu Gewalt in der Partnerschaft heraus. Demnach waren 2018 insgesamt 140.775 Personen Opfer von Gewalt in der Partnerschaft – über 80 Prozent davon waren Frauen. Die Statistik bildet allerdings nur die Fälle ab, die zur Anzeige gebracht werden.

Bund will mehr betroffenen Frauen helfen

Frauen, die körperlich oder sexuell missbraucht werden, können Zuflucht in Frauenhäusern suchen. Davon gibt es in Deutschland etwa 350. Viele von ihnen schaffen es allerdings nicht so weit. 80 Prozent der Frauen, die Gewalt erlebt haben, kamen 2004 laut eines Sprechers des Bundesfamilienministeriums nie bei Frauenhäusern oder anderen Einrichtungen des Hilfesystems an.

Mit dem Förderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ wolle der Bund deshalb die Weiterentwicklung des Hilfesystems unterstützen, damit in Zukunft mehr Frauen geholfen werden kann. Manche von ihnen hätten derzeit nur schwer Zugang zu den Hilfeeinrichtungen, nicht immer fänden Frauen und ihre Kinder angemessene Unterstützung, so ein Sprecher des Ministeriums.

Wer Hilfe sucht, kann sich rund um die Uhr an das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ wenden. Unter 08000 116 016 werden betroffene Frauen in 17 Sprachen kostenlos und vertraulich beraten.

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