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Der mögliche Kanzlerkandidat Sigmar Gabriel steht unter besonderer Beobachtung seiner Partei.
© Daniel Karmann/dpa

Nach der gescheiterten Edeka/Tengelmann-Fusion: Weiteres Ungemach für Sigmar Gabriel

Der Wirtschaftsminister steht wegen seines Vorgehens bei der Fusion von Edeka und Kaiser’s Tengelmann unter Druck - eine fatale Gemengelage für den möglichen Kanzlerkandidaten ein Jahr vor der Bundestagswahl.

Von Antje Sirleschtov

Im Fusionsverfahren der Einzelhandelsriesen Edeka und Kaiser’s Tengelmann muss Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) mit weiterem Ungemach rechnen. Vergangene Woche hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf den Vollzug der Erlaubnis des Ministers für die Fusion vorerst angehalten und Gabriel mögliche Befangenheit in dem Erlaubnisverfahren unterstellt. Diesen Vorwurf hatte Gabriel selbst am Ende der Woche scharf zurückgewiesen und dem Gericht seinerseits vorgeworfen, mit „falschen Tatsachenbehauptungen“ operiert zu haben.

Nun droht dem Vizekanzler im Hauptsacheverfahren des Oberlandesgerichtes eine intensive Auseinandersetzung darüber, ob seinem Ministerium und ihm selbst Formfehler im Erlaubnisverfahren unterlaufen sind und allein dadurch die Genehmigung der Fusion von Edeka und Kaiser’s Tengelmann rechtlich keinen Bestand haben wird. Im Zentrum steht dabei zunächst die Frage, warum Beamte des Ministeriums und der Minister selbst im Dezember 2015 Gespräche mit Verantwortlichen von Edeka und Kaiser’s Tengelmann führten, ohne diese zu protokollieren und einem der wichtigsten Verfahrensbeteiligten, der Rewe-Gruppe, zur Kenntnis zu geben.

Blamage mit unabsehbaren Folgen

Für die Richter des Oberlandesgerichts ergab sich allein daraus der Anschein einer Befangenheit des Ministers – aus der zwangsläufig folgen würde, dass die Fusion untersagt würde. Für den Minister wäre das eine Blamage mit unabsehbaren politischen Folgen im Vorjahr der Bundestagswahl.

Gabriel selbst ist bislang eine Erklärung für die fehlenden Protokolle schuldig geblieben. Er beruft sich auf Akten seines Ministeriums, in denen sich Vermerke zur Vorbereitung der Gespräche befinden und beteuert, die Beteiligten des Verfahrens seien über den Fortgang der Gespräche unterrichtet worden. Von „Geheimgesprächen“ könne laut Minister keine Rede sein.

Dem jedoch widerspricht das Handelsunternehmen Rewe, das ebenfalls an einer Übernahme von Kaiser’s Tengelmann interessiert ist und gegen Gabriels Ministererlaubnis geklagt hatte. Rewe sei auf die Bitte um vollständige Akteneinsicht vom Ministerium lediglich mitgeteilt worden, dass es keine Vermerke zum Treffen des Edeka-Vorstandsvorsitzenden mit Gabriel in den Amtsakten gebe.

Das geht – zumindest für eines der beiden Gespräche im Dezember – auch aus einem Briefwechsel des Wirtschaftsministeriums mit den Anwälten von Rewe hervor. Dort wurde den Rewe-Anwälten mitgeteilt, dass es dieses Gespräch zwischen Gabriel und dem Edeka-Manager Markus Mosa am 1. Dezember zwar gegeben habe, darüber aber „ein Vermerk nicht vorliegt“.

Schlamperei oder Vorsatz?

Über das Mitte Dezember stattgefundene Gespräche mit dem Eigentümer von Kaiser’s Tengelmann wurden die Rewe-Anwälte trotz Bitte um „vollständige und umfängliche Einsicht in die Aktenvorgänge“ im Januar 2016 nicht informiert. Davon will Rewe erst im Zuge der Akteneinsicht des Oberlandesgerichts erfahren haben.

Sollten die Richter dieser Darstellung von Rewe im Hauptsacheverfahren folgen, wäre allein damit der Verdacht einer Befangenheit des Ministers gegeben. Schließlich sind Beamte in einem öffentlichen Verfahren grundsätzlich verpflichtet, über jedes Gespräch einen schriftliche Notiz anzufertigen und es stellte sich im Fall Edeka/Kaiser’s Tengelmann die Frage, ob die Beamten des Wirtschaftsministeriums dieser Pflicht aus Schlamperei in zwei Fällen oder aus Vorsatz nicht nachgekommen sind.

Für den Wirtschaftsminister, der als SPD-Vorsitzender und möglicher Kanzlerkandidat für die Bundestagswahl im kommenden Jahr in seiner Partei ohnehin unter Beobachtung steht, wäre das auf jeden Fall eine Blamage. Schließlich hatte Gabriel die umstrittene Ministererlaubnis im März 2016 damit begründet, dadurch könnten die rund 16 000 Jobs von Kaiser’s Tengelmann mindestens fünf Jahre erhalten werden.

Nun wäre diese Zusage im Falle einer Bestätigung des Richterspruchs im Hauptsacheverfahren nichts mehr wert, die Jobs gingen verloren, die Mitarbeiter wären erst einmal arbeitslos – wegen Fehlern des SPD-Chefs. Und das kurz vor der Bundestagswahl.

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