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Ex-Kanzler Gerhard Schröder und SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz beim SPD-Programmparteitag im Juni 2017.
© Jonas Güttler/dpa

Schröder, Russland und die SPD: Weder "Privatsache" noch "Privatwirtschaft"

Martin Schulz nennt Schröders Rosneft-Angebot dessen "Privatsache". Warum das falsch ist - und gefährlich für die SPD. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Anna Sauerbrey

Martin Schulz hat es vermasselt. Seit Tagen steht die SPD unter Druck, angemessen auf die jüngsten Nachrichten zu Gerhard Schröders Russland-Connection zu reagieren. Der Ex-Kanzler soll im September einer von mehreren „unabhängigen Direktoren“ im Leitungsgremium des russischen Ölkonzerns Rosneft werden. Gestern nun postete SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz ein dürres Statement dazu auf Facebook: Das sei Schröders „Privatsache“. Und: Er selbst werde „nach meiner Zeit als Bundeskanzler keine Jobs in der Privatwirtschaft annehmen“.

Martin Schulz' "Distanzierung" von Gerhard Schröder geriet zur politischen Verschleierung

Was klingt wie eine Distanzierung, ist in Wahrheit eine doppelte politische Verschleierung. Rosneft ist nicht „die Privatwirtschaft“. Und die Angelegenheit ist nicht Schröders „Privatsache“. In Russland gibt es eine „Privatwirtschaft“ im eigentlichen Sinne nicht. Alle großen Unternehmen sind Staatskonzerne, ihre Spitzen besetzt mit den engsten Getreuen Putins, so auch Rosneft, zu 50 Prozent in Staatshand. An der Spitze steht Igor Setschin, einer der engsten Freunde des Präsidenten. Im Dezember 2016 verkaufte der russische Staat einen Teil seiner Rosneft-Anteile – und holte so trotz Sanktionen frische Investitionen ins Land, auch um das Staatsdefizit zu drücken. Neben Schröder ist auch der Energieminister Russlands für das Gremium nominiert. Der deutsche Exkanzler wird nicht für ein Unternehmen arbeiten – sondern für einen anderen Staat. Einen autoritären Staat, der fremdes Territorium in Europa annektiert und seine Hackerbanden auf den Bundestag losgelassen hat, etc.

Schröders alte und neue Verbindungen diskreditieren die SPD-Ostpolitik

Schröders Connections sind auch nicht seine „Privatsache“. Erinnern wir uns: Kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt 2005 genehmigte Schröder eine Bürgschaft für das Pipeline-Projekt Northstream 2 und wechselte kurz danach in die Betreibergesellschaft. Von „Privatsache“ kann auch keine Rede sein, solange die SPD ihn auf ihren Parteitagen zum Thema sprechen lässt (zuletzt im Juni) und auf seine Verbindungen zurückgreift. Im Juni fand ein Sechs-Augen-Gespräch zwischen Schröder, dem russischen Präsidenten und SPD-Außen Sigmar Gabriel statt.

Schröders alte und neue Verbindungen diskreditieren die SPD-Ostpolitik. Wenn er auf den Dialog mit Russland, auf eine Kontinuität der Ostpolitik drängt und gleichzeitig die USA angreift, stehen seine Aussagen unter Käuflichkeitsverdacht. Und wenn Gabriel mit ihm gemeinsam Putin besucht, färbt das auf ihn ab – auch wenn es ungerecht sein mag. Die SPD muss spätestens jetzt auf Schröder als Wahlkämpfer und Hilfsdiplomat verzichten. Und die Dinge endlich beim Namen nennen.

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