Dicke Wortewatte: Was vom „Plan für Deutschland“ zu erwarten ist – und was nicht
Der Bund will strukturschwachen Regionen besser helfen. Er hat einen großen Plan, aber ein Versäumnis überdeckt alles. Ein Kommentar.
Oberste Kümmerin der Nation will die Bundesregierung nun also sein. Mit einem „Plan für Deutschland“ und dem Versprechen, „gleichwertige Lebensverhältnisse überall“ zu schaffen, verkündet sie einen neuen strukturpolitischen Aufbruch. Noch mehr und noch gezielter sollen schwache Regionen sowie Kommunen gefördert werden. Städtebau und ländliche Entwicklung will der Bund zugleich stärken.
Den lokalen Nahverkehr finanziert er dauerhaft mit. Breitband und Mobilfunk gibt es flächendeckend – irgendwann. Und Geld für das Ehrenamt soll aus einer neuen Bundesstiftung fließen. Sogar zum Abbau der Altschuldenlast mancher Kommune, ob nun durch hohe Soziallasten verursacht oder durch politischen Leichtsinn, gibt es demnächst etwas zu beantragen in Berlin.
Weil es hier überall einer „nationalen Kraftanstrengung“ bedarf, wie die Minister Horst Seehofer, Franziska Giffey und Julia Klöckner bei der Vorstellung des Vorhabens am Mittwoch betonten. Doch das ist eine Formulierung, bei der man immer etwas vorsichtig sein sollte. Meist dient sie zum Ersticken von Bedenken.
Schaden kann es nicht, wenn der Bund Geld in die Hand nimmt. Zwar ist die Summe bislang unbekannt, da hält man sich noch zurück in Berlin. Aber ein paar Milliarden werden es ja wohl sein. Man sollte aber nicht zu viel erwarten. Wenn Seehofer von der „Heimatstrategie für die gesellschaftliche Zukunft“, von einem „großen Modernisierungsplan für Deutschland“, sogar einem „Paradigmenwechsel“ spricht, dann hüllt er in dicke Wortewatte, was tatsächlich eine deutlich kleinere Nummer ist.
Das neue gesamtdeutsche Fördersystem ist, genauer betrachtet, ein weiterer Solidarpakt für die Ost-Länder, mit ein paar Extrawürsten für westdeutsche Problemregionen wie das Ruhrgebiet. Und insgesamt wirkt das Paket wie ein Zusatzfinanzausgleich via Bundesetat.
Nicht zielgenau genug
Die Erfahrung lehrt jedoch, dass die Oberkümmerin gern zu grob an die Dinge herangeht. Für das feinziselierte Fördern und Anstiften bis in die Regionen und Kommunen hinein ist der Bund nicht gedacht und nicht gemacht, da tummelt er sich immer etwas tumb. Seine Kommunal- und Wirtschaftsförderprogramme sind selten so zielgenau komponiert, dass sie den vielfältigen Lebensverhältnissen überall gerecht werden können. Weshalb immer zu viel Geld liegen bleibt. Nun soll es, schlaue Idee, um diese Restmittel einen Wettbewerb geben.
Aber mit wem? Denen, die beim Wettbewerb um den ganzen Topf schon nicht mitgekommen sind? Und wie dramatisch ist die Situation überhaupt? Tatsächlich (und nicht nur gefühlt) abgehängt sind – West wie Ost – nur wenige Ecken. Dank Bundesstaat, eines Wahlrechts, das im Bund wie in den Ländern eine sehr breite Repräsentanz garantiert, und eines Finanzausgleichs, der die Republik finanziell eng zusammenführt, ist die regionale Verteilungsgerechtigkeit in Deutschland im internationalen Vergleich recht gut.
Was aber speziell das Beseitigen von zu geringer Wirtschaftskraft angeht, hätte der Bund sich schon weitaus früher kümmern können. Breitbandausbau und auch die Mobilfunkabdeckung, wo Berlin gefragt wäre, lassen oft genau dort zu wünschen übrig, wo man nun Strukturschwäche beklagt. Gerade hier, in der ländlichen Fläche, wäre es ein Kinderspiel, digitale Gleichwertigkeit herzustellen. Ein teures Kinderspiel, zugegeben, aber machbar. So gesehen beglückt die Bundesregierung das Land nicht. Sie gesteht nur ein großes Versäumnis ein.
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität