Höcke tritt an: Was steckt hinter der Kandidatur des Thüringer AfD-Chefs?
Björn Höcke will bei der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen gegen Bodo Ramelow antreten. Sein Vorgehen ist in der eigenen Partei nicht unumstritten.
Die Thüringer AfD schickt ihren Landes- und Fraktionschef Björn Höcke in die Ministerpräsidentenwahl am kommenden Mittwoch. Das teilte die AfD-Fraktion am Montag in Erfurt mit. Höcke, der Wortführer des radikalen „Flügels“ in der AfD, tritt damit an gegen den Linke-Politiker und Ex-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow. Dieser war Anfang Februar mit seiner Wiederwahl im Erfurter Landtag gescheitert.
Damals hatte die AfD im dritten Wahlgang ihrem eigenen Kandidaten keine Stimme gegeben und stattdessen für den FDP-Politiker Thomas Kemmerich votiert, der so mit Stimmen der CDU ins Amt kam. Nach heftigen Protesten und Gegenwind aus der Bundespolitik trat Kemmerich innerhalb weniger Tage zurück, er ist derzeit geschäftsführend im Amt.
Stimmen von der CDU in geheimer Wahl?
Für kommenden Mittwoch ist im Thüringer Landtag die Wahl von Ramelow geplant. Linke, SPD und Grünen fehlen jedoch vier Stimmen. Deshalb hatten die drei Parteien mit der CDU eine „Stabilitätsvereinbarung“ getroffen, die eine befristete, projektbezogene Zusammenarbeit bis zu einer Neuwahl im April 2021 vorsieht. Die Vereinbarung enthält jedoch keine Festlegung zur Wahl Ramelows.
Offiziell bleibt die Landes-CDU bislang auf der Linie, dass sie den Linke-Politiker „nicht aktiv“ zum Regierungschef wählen wird. Hintergrund ist ein Parteitagsbeschluss der Bundes-CDU von 2018, der die Zusammenarbeit mit Linkspartei und AfD verbietet. Es wird aber darüber spekuliert, ob mehrere CDU-Abgeordnete in der geheimen Wahl bereits im ersten Wahlgang für Ramelow stimmen könnten, um das politische Chaos zu beenden.
AfD will offenbar CDU und FDP vorführen
Indem die AfD nun Höcke antreten lässt, will sie offenbar signalisieren, dass sie Ramelow definitiv nicht wählen wird. Der Thüringer AfD-Sprecher Torben Braga argumentierte, sollte Ramelow mehr als die 42 Stimmen des rot-rot-grünen Lagers erhalten, „hätten CDU und FDP hätten ihr Versprechen gebrochen, Ramelow nicht zu wählen und Rot-Rot-Grün nicht zu verlängern“.
Der Plan der AfD ist es offenbar, CDU und FDP vorzuführen. Dass die AfD am Ende doch für Ramelow stimmt und einen ähnlichen Effekt wie bei der Wahl Kemmerichs auszulösen, darf indes als sehr unwahrscheinlich gelten. Die AfD könnte es ihren Anhängern wohl kaum vermitteln, Ramelow gewählt zu haben.
Mit der Kandidatur Höckes dürfte jetzt vor allem interessant werden, wie viele Stimmen der extrem rechte Politiker mehr erhält, als die AfD-Fraktion Stimmen hat. Auch in der CDU-Fraktion gibt es Politiker, die eine Kooperation mit der AfD für richtig halten. „Björn Höcke ist für einen aufrechten Christdemokraten nicht wählbar“, betonte der neue Thüringer CDU-Fraktionschef Mario Voigt.
Berliner AfD-Politiker sieht Kandidatur kritisch
Innerhalb der AfD ist das Vorgehen Höckes nicht unumstritten. Zwar wurde seine Taktik bei der Ministerpräsidentenwahl Anfang Februar in der Partei als „Coup“ gefeiert. Dieser habe Höcke durchaus „Reputation“ bei Parteikollegen gebracht, sagte der Berliner AfD-Fraktionschef Georg Pazderski dem Tagesspiegel. Gleichzeitig hätten die Ereignisse die Lage der AfD verkompliziert, „weil sich CDU und FDP stärker von uns abgrenzen“. So werde eine Zusammenarbeit zunehmend tabuisiert. Pazderski hat ein Papier verfasst, in dem er argumentiert, dass die AfD sich stärker vom rechten Rand abgrenzen müsse. Dass Höcke nun selbst als Ministerpräsidentenkandidat antritt, sieht Pazderski kritisch: „Es ist ein Versuch, der jedoch kaum eine Mehrheit finden wird.“
Bei den Linken ist man optimistisch, dass es für Ramelow reichen wird. „Die AfD stellt ihr extrem rechtes Aushängeschild Höcke als MP-Kandidaten auf. Dem letzten muss klar werden, dass es keine Alternative zu Bodo Ramelow gibt“, erklärte die Linken-Landeschefin Susanne Hennig-Wellsow auf die Kandidatur Höckes. Grünen-Politikerin Astrid Rothe-Beinlich sagte, wenn Ramelow im ersten Wahlgang nicht gewählt werde, blieben nur noch sofortige Neuwahlen.
Am Ende, so glauben Beobachter, könnte Höckes Kandidatur zur Folge haben, dass sich im Thüringer Landtag die Fronten zugunsten Ramelows klären. (mit dpa)