USA und Nordkorea: Was sind die Motive von Donald Trump?
Ob sich Kim Jong Un und Donald Trump treffen ist ungewiss. Es geht hin und her. Eine Analyse der Interessenlage.
Bei den Konfliktfeldern Nordkorea und Iran geht es auch um die übergeordnete geopolitische Rivalität zwischen den USA und China. Die Nordkorea-Frage hätte die beiden Großmächte einander annähern können. Doch selbst das Zusammenspiel zwischen den USA und China gegenüber Nordkorea hat zum Konflikt geführt.
In dem Maße wie Nordkoreas Nuklear- und Raketenprogramm von den USA als ernstzunehmende Bedrohung wahrgenommen wurde, versuchte die US-Regierung Peking dazu zu bewegen, mehr Druck auf Nordkorea aufzubauen. Im Gegenzug hatte Washington zunächst darauf verzichtet, mit wirtschaftlichen Maßnahmen wie Strafzöllen gegen Peking vorzugehen. Doch China wird sich weiterhin hüten, durch verschärfte Sanktionen Nordkoreas Stabilität zu gefährden: Es fürchtet Flüchtlingsströme ebenso wie ein vereintes proamerikanisches Korea.
Nachdem für US-Präsident Donald Trump offensichtlich wurde, dass China nicht mitspielt, um die Führung in Pjöngjang in die Bredouille zu bringen, drohte er mit einem Präventivschlag gegen Nordkoreas Anlagen. Trump gab sich als unberechenbarer, zu allem fähiger Hasardeur – ein Verhalten, das an Nixons Madman-Methode im Kalten Krieg gegen die Sowjetunion erinnerte.
Damals wie heute wurde diese Taktik aus guten Gründen verworfen. Nordkoreas begrenzte (nukleare) Zweitschlagskapazitäten könnten nicht nur die Millionenstadt Seoul treffen. Trump und seine Sicherheitsberater werden auf eine militärische Lösung verzichten müssen, wenn sie nicht auch die Leben Tausender in Südkorea und in der Region stationierter US-Soldatinnen und Soldaten riskieren wollen.
Im Wissen um ihre eigene militärische Stärke und die Verwundbarkeit der USA kann die nordkoreanische Führung der Weltmacht die Stirn bieten. Wenn man die jüngste Geschichte sieht, etwa Trumps Aufkündigung des Nukleardeals mit dem Iran, hat Pjöngjang auch keinen Anreiz mit Washington wirklich ernsthaft darüber zu verhandeln, seine Nuklearwaffen aufzugeben.
Bei nüchterner Betrachtung ist der Nuklearzug in Nordkorea abgefahren: Trump und seine Hardliner, Sicherheitsberater John Bolton und Außenminister Mike Pompeo, können das nordkoreanische Regime nur noch eindämmen und nicht mehr seine Nuklearkapazitäten mit Präventivschlägen beseitigen.
Warum Krieg China schaden würde
Anders sieht die Lage mit Blick auf das iranische Regime aus: Die USA könnten nach der Aufkündigung des Nukleardeals mit dem Iran weitere Konsequenzen folgen lassen. Sollten Trump und seine Sicherheitsberater zu der Einschätzung kommen, dass der Iran Atombomben baut, werden sie schnell reagieren und Präventivschläge gegen den Iran durchführen.
Anders als in Asien schrecken in der Region des Nahen und Mittleren Ostens die außenpolitischen Konsequenzen Trump und sein Kriegskabinett nicht vor einem Waffengang ab. Im Gegenteil: Sie könnten sogar beabsichtigt sein, denn Luftangriffe gegen den Iran würden die Instabilität in einer von den USA weit entfernten Region fördern.
Dieses Szenario passt sehr gut zur Geopolitik der Trump-Regierung und stellt im Rahmen des geplanten Handelskrieges die erste Schlacht im globalen Wettbewerb gegen Rivalen wie Europa und China dar. Europäische Staaten wären zunächst von den Sanktionen und insbesondere von den Folgen einer destabilisierten Nachbarschaft betroffen – auch durch weitere Flüchtlingsströme.
Ein Krieg würde auch China daran hindern, einmal mehr aus den westlichen Sanktionen Kapital zu schlagen. Politische Instabilität in dieser geostrategisch wichtigen Region würde es darüber hinaus dem globalen Rivalen China erschweren, sich mit dringend benötigten Rohstoffen zu versorgen.
Trump und seine Wirtschafts- und Sicherheitsberater leben in einer gefährlichen Welt – in der Unternehmen gegen Unternehmen sowie Staaten gegen Staaten kämpfen. Nach Trumps Weltbild haben Staaten keine Freunde, sondern nur nationale Interessen, und sie trachten danach, diese rücksichtslos durchzusetzen.
Verfolgt man dieses Nullsummendenken weiter, ist militärische Macht kein Mittel für internationale Stabilität, geschweige denn Frieden. Sie dient vielmehr dazu, um im härter werdenden internationalen Wettbewerb zu gewinnen – mit dem Recht des Stärkeren und zwangsläufig auf Kosten aller anderen Nationen.
Das auch in der aktuellen Nationalen Sicherheitsstrategie der USA als „realistisch“ bezeichnete Politikverständnis von US-Präsident Trump und seiner Sicherheits- und Wirtschaftsberater widerspricht der in Deutschland bevorzugten liberal-internationalistischen Vorstellung einer regelbasierten Weltordnung – und wird vielleicht auch deswegen von vielen hierzulande ignoriert.
Josef Braml