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Dunkle Regenwolken liegen über dem Terminal des neuen Flughafens Berlin Brandenburg Willy Brandt (BER) in Schönefeld (Brandenburg).
© picture alliance / dpa

Baustopp am Hauptstadtflughafen BER: Was jetzt noch geht, ist draußen Unkraut jäten

Ist der Hauptstadtflughafen BER, dieses problemverseuchte Monster, zu retten? Was wäre das Schlimmste? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Lorenz Maroldt

Beim BER ist immer mit dem Schlimmsten zu rechnen. Dass dieses Schlimmste allerdings eine Eröffnung im gegenwärtigen Zustand wäre, eröffnet eine neue Dimension des Schreckens. Es spielt dabei keine Rolle, ob unmittelbare Einsturz- oder Absturzgefahr besteht (wahrscheinlich nicht) – aber wer statt zulässiger 2000-Kilo-Ventilatoren solche mit doppeltem Gewicht unter ein Dach montiert, hoch über einer Shoppingmall, riskiert Leib und Leben von Menschen. Im Strafgesetzbuch gibt’s dafür den Paragrafen 319, „Baugefährdung“: Wer bei Planung, Leitung oder Ausführung gegen die Regeln der Technik verstößt, wird mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft – seit gestern prüft die Staatsanwaltschaft mögliche Ermittlungen.

Ein aussichtsreicher Bewerber für das Vorstellungsgespräch bei der Justiz ist nicht mehr beim BER beschäftigt: Rainer Schwarz, Geschäftsführer während der Chaoszeit vor der geplatzten Eröffnung 2012, als gelogen und gepfuscht wurde, bis sich die Wände nicht nur sprichtwörtlich bogen. Heute sitzt Schwarz auf einem Flughafenpöstchen in Rostock und lacht sich – noch – ins Fäustchen: privat, weil er mit richterlichem Siegel abkassiert hat, was abzukassieren war, Lohnfortzahlung über die gesamte Vertragslaufzeit noch weit nach der Entlassung und Rentenansprüche in enormer Höhe; neuberuflich, weil Rostock einer der Ausweichflughäfen ist, wenn in Berlin nichts mehr geht. Das ist längst nicht mehr eine Ironie der Geschichte, es ist eine Farce – die tonnenschweren Ventilatoren schweben seit seiner Amtszeit über den Köpfen nicht nur der Nachfolger.

Ist damit der Eröffnungstermin 2017 perdu?

Aber auch der Umgang späterer und aktueller Manager mit gefährlichen (und, nebenbei: immer teuren) Altlasten ist nicht frei von Zweifel. Als vor zehn Monaten der Abgeordnete Martin Delius, Vorsitzender im Untersuchungsausschuss, konkret nach zu hohen Deckenlasten im Terminal fragte, suggerierte die Antwort des Regierenden Bürgermeisters, der sich auf die Flughafengesellschaft berief, dass danach gesucht, aber nichts gefunden wurde: „In keinem Bereich“ habe man solches „festgestellt“. Erst jetzt stellt sich heraus, warum. Es wurde gar nicht erst geprüft – oder gelogen. Nur durch einen Zufall ist der gefährliche Pfusch jetzt von einem Gutachter entdeckt worden, nur durch eine Indiskretion an die Öffentlichkeit gelangt.

Erst am Montag haben die Aufsichtsräte das Gutachten erhalten, eine erste Information ging am Samstagabend an sie heraus – im Fall der Senatsmitglieder landete die Mail des Flughafenchefs im Wochenend-verwaisten Postfach ihrer Büros. Der Öffentlichkeit wurde unterdessen ein leicht lösbares Routineproblem eingeredet, bis dann das Landratsamt die Baustelle unterm gesamten Terminaldach sperrte. Was jetzt noch geht, ist draußen Unkraut jäten. Die Uhr tickt weiter, die Kosten laufen davon.

Ist damit der Eröffnungstermin 2017 perdu? Ist dieses problemverseuchte Monster zu retten? Den Weiterbau stellt von den Verantwortlichen niemand in Frage, die Statikprobleme sind lösbar. Aber im Senat haben sie gestern die Verzögerungsmonate zusammengerechnet – und kamen dem Jahresende gefährlich nah. Das erhöht den Druck auf Mühlenfeld: Eine nächste geplatzte Eröffnung mitten im Wahlkampf ist für Michael Müller ein Horror. Die Frage ist deshalb nicht mehr, was ist das Beste, sondern nur noch: Was wäre das Schlimmste?

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