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Ukrainische Soldaten bei Odessa.
© Alexandros Avramidis/REUTERS

Ukrainisches Militär bremst offenbar russische Offensive: Was in der Nacht in der Ukraine passiert ist – der Überblick

Laut den USA ist die russische Armee zu einer Kesseltaktik übergegangen – auch bei Kiew. Ein Überblick zum Geschehen in der Nacht und ein Ausblick auf den Tag.

Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben Angriffe russischer Einheiten an mehreren Orten zurückgehalten. Im Norden des Landes seien russische Truppen dabei gestoppt worden, in die Stadt Tschernihiw vorzudringen, hieß es in einem in der Nacht zu Freitag auf Facebook veröffentlichten Bericht des ukrainischen Generalstabs.

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Bei Charkiw im Osten des Landes setze Russland seine Versuche fort, die Stadt von Norden her zu blockieren - diese seien weiter erfolglos. Die Angaben können nicht unabhängig geprüft werden.

Das russische Militär versucht nach Einschätzung des US-Verteidigungsministeriums, ukrainische Städte zu umzingeln - darunter auch die Hauptstadt Kiew. „Charkiw und Tschernihiw, Mariupol - wir sehen diese Bemühungen, einzukreisen und zu umzingeln“, sagte ein ranghoher US-Verteidigungsbeamter.

Man beobachte dies auch rund um die Hauptstadt Kiew. Die russischen Soldaten kämen von mehreren Seiten, so der Beamte. „Was wir also sehen, sind diese verschiedenen Vorstoßlinien in Richtung Kiew.“ Kiew sei aber viel größer als die anderen Städte und werde stark verteidigt.

Satellitenbildern des in den USA ansässigen Unternehmens Maxar Technologies zufolge soll ein großer russischer Militärkonvoi, der zuletzt nordwestlich von Kiew in der Nähe des Antonow-Flughafens gesehen wurde, weitgehend aufgelöst und verlagert worden sein.

Dieses Satellitenbild soll Versorgungslastwagen und womöglich schussbereite Raketenwerfer im ukrainischen Berestyanka zeigen.
Dieses Satellitenbild soll Versorgungslastwagen und womöglich schussbereite Raketenwerfer im ukrainischen Berestyanka zeigen.
© Uncredited/Maxar Technologies via AP/dpa

Laut dem Unternehmen zeigen die Bilder gepanzerte Einheiten, die in und durch die umliegenden Städte in der Nähe des Flughafens manövrieren. Teile des Konvois sollen weiter nördlich in der Nähe von Lubjanka neu positioniert worden sein.

Selenskyj spricht von fast 100.000 Geretteten – Mariupol aber weiter blockiert

Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sind aus umkämpften Städten in der Ukraine in den vergangenen zwei Tagen fast 100.000 Menschen gerettet worden. Das teilte Selenskyj in einer Videoansprache mit. Allerdings würden die Hafenstadt Mariupol und das nahe gelegenen Wolnowacha weiter blockiert.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei einer Videoansprache.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei einer Videoansprache.
© -/Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa

Selenskyj warf Russland vor, den Fluchtkorridor und einen Sammelpunkt für flüchtende Menschen aus Mariupol am Donnerstag beschossen zu haben. Insgesamt verließen nach UN-Schätzungen rund 2,3 Millionen Menschen die Ukraine.

Zuvor hatte das russische Militär die Einrichtung von täglichen Fluchtkorridoren aus den Kriegsgebieten in der Ukraine nach Russland angekündigt. „Wir erklären offiziell, dass humanitäre Korridore in Richtung der Russischen Föderation (...) jetzt täglich ab 10.00 Uhr (8.00 Uhr MEZ) einseitig geöffnet werden“, sagte Generaloberst Michail Misinzew am Donnerstagabend.

Derweil könnten die ukrainischen Streitkräfte weitere Waffen und Ausrüstung aus der EU bekommen. Nach Angaben von EU-Ratspräsident Charles Michel hat der Außenbeauftragte Josep Borrell beim Gipfeltreffen in Versailles vorgeschlagen, für zusätzliche Lieferungen 500 Millionen Euro zu mobilisieren.

Ein erstes Paket über 500 Millionen Euro war bereits Ende Februar bewilligt worden. Den Hoffnungen der Ukraine auf einen raschen Beitritt zur Europäischen Union verpasste der Gipfel einen deutlichen Dämpfer - es gab keine konkreten Zusagen.

Schröder spricht mit Putin in Moskau

Unterdessen reiste Altkanzler Gerhard Schröder nach Moskau, um mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über den Ukraine-Krieg zu sprechen. Entsprechende Berichte der Website „Politico“ und der „Bild“-Zeitung wurden der Deutschen Presse-Agentur bestätigt.

Gerhard Schröder (SPD), ehemaliger Bundeskanzler und Leiter Verwaltungsrat Nord Stream 2
Gerhard Schröder (SPD), ehemaliger Bundeskanzler und Leiter Verwaltungsrat Nord Stream 2
© Kay Nietfeld/dpa

Nach dpa-Informationen fand ein erstes Gespräch zwischen Schröder und Putin am Donnerstag statt. Ob weitere geplant sind, blieb zunächst unklar. Aus der Bundesregierung war zuvor verlautet, dass die Reise nicht mit ihr abgesprochen gewesen sei.

Nach dem Bericht von „Politico“ ist die Reise von einem Kiewer Politiker eingefädelt worden. Am Montag sei das Ehepaar Schröder-Kim zunächst nach Istanbul gereist, wo der Altkanzler eine ukrainische Delegation getroffen habe.

[Alle aktuellen Entwicklungen im Ukraine-Krieg können Sie hier in unserem Newsblog verfolgen.]

Seine anschließende Bitte bei Putin um ein Treffen soll innerhalb von zehn Minuten positiv beantwortet worden sein. Am Mittwoch seien Schröder und Schröder-Kim dann mit einer russischen Maschine nach Moskau gebracht worden.

Russland will UN-Sicherheitsratssitzung wegen angeblicher Biowaffen

Der UN-Sicherheitsrat soll sich nach dem Willen Russlands am Freitag mit angeblich von den USA in der Ukraine hergestellten Biowaffen beschäftigen. Hintergrund ist Russlands Vorwurf an die USA und die Ukraine, biologische Waffen zu entwickeln.

Diese Woche behauptete das russische Verteidigungsministerium, in der Ukraine gebe es ein Netzwerk von Bio-Laboren, die für das US-Verteidigungsministerium arbeiteten. Internationale Faktenchecker haben diese Behauptung längst entkräftet.

Mehr zum Krieg in der Ukraine bei Tagesspiegel Plus:

Die USA sehen die russischen Behauptungen als „Propaganda“ und möglichen Vorwand, selbst Massenvernichtungswaffen im Ukraine-Krieg einzusetzen.

Facebook-Konzern lockert Hassrede-Regeln für Ukraine-Krieg

Der Facebook-Konzern Meta lockert teilweise seine Regeln, um Aufrufe zur Gewalt gegen russische Truppen in der Ukraine zuzulassen. Als Beispiel für eine Ausnahme bei Äußerungen, die normalerweise gegen Richtlinien verstoßen hätten, nannte ein Facebook-Sprecher den Satz „Tod den russischen Eindringlingen“.

„Wir werden weiterhin keine glaubwürdigen Aufrufe zur Gewalt gegen russische Zivilisten erlauben“, schrieb er bei Twitter. Die Lockerung gelte nur für Nutzer in einigen Ländern, darunter Ukraine, Russland, Polen, Lettland, Litauen, Estland und Ungarn, schrieb die „New York Times“.

Nach mehreren großen globalen Konzernen hat sich nun auch Disney dazu entschlossen, wegen des Krieges gegen die Ukraine vorerst gar keine Geschäfte mehr in Russland machen zu wollen. Die Entscheidung erfolge „angesichts des unerbittlichen Angriffs auf die Ukraine und der eskalierenden humanitären Krise“, erklärte der Medien- und Unterhaltungsriese.

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Disney hatte vergangene Woche bereits angekündigt, zunächst keine Filme mehr in Russland rauszubringen. Nun stoppt der Konzern alle Aktivitäten - von seinen Fernsehsendern und der Vermarktung von TV-Inhalten über das Lizenzgeschäft bis hin zu Kreuzfahrten und der Magazinmarke „National Geographic“.

Das wird am Freitag wichtig

Die Agrarminister der sieben großen Industrienationen (G7) beraten am Freitag per Videokonferenz über die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die weltweite Ernährungssicherung. Es gelte, gemeinsam dafür zu sorgen, dass der „sinnlose Krieg die Lebensmittelversorgung in einigen Teilen der Welt nicht noch weiter verschärft“, sagte der deutsche Minister Cem Özdemir.

Zuvor hatte der Wirtschaftsberater des ukrainischen Präsidenten, Oleg Ustenko, vor einer Hungersnot gewarnt, sollte der Krieg in der Ukraine andauern. „Uns bleibt maximal eine Woche für die Saat. Wenn der Krieg bis dahin nicht aufhört, dann hat die Welt ein Nahrungsproblem“, sagte der Ökonom der „Wirtschaftswoche“.

Die Ukraine ist wie Russland ein großer Weizenexporteur. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine belastet die globalen Getreidemärkte und hat dort schon zu deutlichen Preissprüngen geführt.

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko will am Freitag Russlands Putin besuchen. Belarus unterstützt den russischen Angriffskrieg und stellte sein Gebiet für den Truppenaufmarsch zur Verfügung. (dpa, Reuters)

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