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Mit einem Handschlag begann das Gipfeltreffen von Wladimir Putin und Joe Biden in Genf.
© Sergei Bobylev/imago images/ITAR-TASS

Bilanz der Biden-Reise: Was hat’s gebracht?

Acht Tage, drei Länder, vier Spitzentreffen: Die erste Auslandsreise des neuen US-Präsidenten war ambitioniert. Was bleibt von Joe Bidens Gipfelwoche?

Joe Bidens erste Auslandsreise als US-Präsident ist zu Ende. Die wichtigste Frage nach dieser achttägigen Tour durch drei Länder lautet: Was hat’s gebracht? Folgt man der Inszenierung des Weißen Hauses, hängt alles vom Schlusspunkt, dem Gipfel in Genf ab.

Was das Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin erreichen konnte, das mit einem Handschlag begann, hat Biden selbst beantwortet: Erst „in den nächsten sechs bis zwölf Monaten“ werde man wissen, ob es „einen relevanten strategischen Dialog“ gebe, sagte er nach den rund dreistündigen Gesprächen.

Einigen konnte man sich lediglich darauf, gemeinsam über Rüstungskontrolle und Cybersicherheit zu sprechen, sowie auf die Rückkehr der Botschafter. Als Durchbruch kann man das kaum werten.

Doch um den ging es auch gar nicht. Beide Seiten hatten im Vorfeld die Erwartungen an das Treffen gedämpft. Es gehe lediglich darum, auszuloten, wo der andere stehe, um etwas mehr Stabilität in den schwierigen Beziehungen, hatte es geheißen. „Ich tat, wofür ich hergekommen bin“, sagte Biden.

Europäer sorgen sich, dass der Trumpismus zurückkehren kann

Das Weiße Haus hatte vorab erklärt, der Präsident komme, um zu verkünden, Amerika sei zurück. Washington sei nach vier Jahren Donald Trump wieder vertrauenswürdig und bereit, den Westen anzuführen.

Bei den Europäern sind zwar nicht alle Zweifel beseitigt, dass der Trumpismus langfristig besiegt ist. Auch bestehen weiter Meinungsverschiedenheiten beispielsweise beim Thema China oder den Strafzöllen auf Stahl und Aluminium.

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Aber beim G-7-Gipfel in Cornwall gab es erstmal Wiedersehensfreude – und konkrete Fortschritte etwa bei der weltweiten Verteilung von Impfstoffen. Auch beim Nato-Treffen stand die neu gefundene Einigkeit im Vordergrund. Beim USA-EU-Gipfel in Brüssel wurde der Airbus-Boeing-Streit nach 17 Jahren zwar nicht gelöst, aber für die nächsten Jahre auf Eis gelegt.

Putin nannte die Gespräche „konstruktiv“

Solchermaßen gestärkt ging der US-Präsident in das schwierige Treffen mit Putin. Das Hauptziel lautete: dem russischen Präsidenten klar machen, dass dieser wieder mit Konsequenzen rechnen müsse – etwa beim Umgang mit der Ukraine oder den Hackerangriffen auf amerikanische Infrastruktur, die von russischem Boden ausgehen.

Gleichzeitig sollte die Tür für Kooperation etwas aufgestoßen werden. Putin nannte die Gespräche danach immerhin „konstruktiv“ und Biden „ausgeglichen“, „professionell“ und „sehr erfahren“.

Mit seiner Reise wollte Biden aber nicht nur die Partner in Europa und Asien von seinem Kurs überzeugen, sondern auch die eigenen Bürger. Seine Agenda, so sagte er am Mittwoch, sei nicht gegen Russland oder andere Akteure gerichtet, sondern solle dem amerikanischen Volk dienen.

Den Schwung seiner Europa-Reise kann Biden zuhause gut gebrauchen. Denn seine Taktik von Genf – auf Zugeständnisse der anderen Seite bauen, aber darauf vorbereitet sein, dass das nichts wird – verfolgt er auch beim Umgang mit dem Kongress, derzeit besonders, wenn es um sein Infrastrukturprogramm geht.

Biden muss auf den linken Flügel seiner Partei aufpassen

Gerade gibt es einen neuen Kompromissvorschlag von 21 Senatoren beider Parteien, wovon elf zur Republikanischen Partei gehören (zehn würden gebraucht, damit ein entsprechendes Gesetz verabschiedet werden könnte) in Höhe von 974 Milliarden Dollar. Biden hatte ursprünglich Ausgaben in Höhe von zwei Billionen Dollar geplant, hat aber Kompromissbereitschaft signalisiert.

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Allerdings muss Biden aufpassen, nicht den Rückhalt beim linken Flügel seiner Partei zu verlieren, der deutlich ehrgeizigere Vorstellungen hat – vor allem bei der Frage, in welchem Umfang Klimaschutzmaßnahmen in dem Paket enthalten sein sollen. Nach acht Tagen im Ausland werden Bidens diplomatische Fähigkeiten nun wieder in der Hauptstadt gebraucht.

Aussicht auf Außenpolitik verspricht zumindest der für den 15. Juli angekündigte Besuch der Bundeskanzlerin. Für Angela Merkel ist es eine Abschiedsreise, die nach zwei schwierigen Trump-Besuchen möglichst harmonisch verlaufen soll. Damit es so kommt, werden die Verhandlungspartner versuchen, potenzielle Spaltpilze wie den Streit um die Pipeline Nord Stream 2 im Vorfeld zu beseitigen.

Keine Fortschritte hat die Biden-Reise indes für „normale“ Reisende gebracht. Europäern bleibt die Einreise in die USA weiter untersagt, wenn sie sich in den zwei Wochen davor im Schengen-Raum aufgehalten haben.

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