zum Hauptinhalt
Weihnachtsfeier in der Flüchtlingsunterkunft: Wer geflohen ist, wünscht sich mit am meisten menschliche Kontakte in der neuen Umgebung.
© Johanna Bergmann/dpa
Update

Studie von Robert-Bosch-Stiftung und SVR: Was Flüchtlinge wollen: Bleiben und Arbeit

Über Flüchtlinge wird viel geredet. Aber was sagen sie selbst, was beschäftigt sie? Ein Forscherteam versucht das gerade herauszubekommen.

Das drängendste Probleme von Flüchtlingen ist die Angst, zurückzumüssen. Unmittelbar danach kommen Arbeit und Bildung: Der Wunsch, für sich selbst Arbeit oder eine Ausbildung zu finden und sie auch seinen Kindern zu ermöglichen. Dies ist ein erstes Ergebnis aus Interviews mit  Geflüchteten, die die Robert-Bosch-Stiftung zusammen mit dem Forschungsbereich beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) seit Februar 2016 geführt hat. SVR und Bosch-Stiftung hielten die Befragungen offen; die Flüchtlinge selbst sollten ansprechen, was sie am meisten bewegt. Bis November sollen die Ergebnisse aller dann 60 Interviews vorliegen. Im einem zweiten, jetzt noch nicht veröffentlichten Teil werden Fragen vorgegeben.

Gesucht: Echte Freunde, gute Nachbarn

Ein Spitzenthema ist auch, Deutsch zu lernen, es wurde von den befragten Flüchtlingen – alle sind Erwachsene und waren zum Zeitpunkt der Befragung erst seit kurzem in Deutschland  – fast ebenso häufig geäußert wie die Sorge um ihre Aussichten zu bleiben.  „ Der Wunsch, Deutsch zu lernen, ist uneingeschränkt groß und durchzieht alle anderen Themen“, schreibt das Forschungsteam.

Auffällig sei auch die Dankbarkeit für Aufnahme und Hilfe, die nicht vorrangig materieller Hilfe gilt, sondern der Solidarität von Deutschen und ihrer Bereitschaft zum Kontakt. Die Mehrzahl der Geflüchteten sehne sich nach Beziehungen auf Augenhöhe, die sie nicht auf die Rolle der Versorgungsempfänger und die deutsche Umgebung auf die der Versorger festlege. Hier brauche es „die Zivilgesellschaft und das kommunale Gemeinwesen“, heißt es in der Auswertung - wie sich  überhaupt in den Gesprächen zeige, dass die Städte und Gemeinden eine zentrale Rolle für die Integration der Neuen spiele.

Ein großes Integrationshindernis ist diesen ersten Ergebnissen nach die Trennung von den Familien. Wen die Sorge um die etwa im Kriegsgebiet zurückgebliebenen Angehörigen ständig beschäftige, dem falle es  „sehr schwer, wirklich in Deutschland anzukommen und sich in die neue Gesellschaft zu integrieren“. Zumal viele Interviewte berichteten, sie hätten den Entschluss zur Flucht nicht für sich getroffen, sondern ihrer Kinder wegen, die sie schützen und denen sie eine Zukunft ermöglichen wollten. Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr den Familiennachzug auch für Flüchtlinge deutlich eingeschränkt. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte am Mittwoch erneut, die vorgesehene Frist - kein Nachzug auch von Ehepartnern und Kindern bis März 2018 - noch zu verlängern. Ein bis zwei Jahre mehr seien nötig, um die Kommunen "nicht zu überfordern", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands, Gerd Landsberg. Die Kommunalverbände treffen sich am heutigen Mittwoch mit der Kanzlerin, um über das Thema Flüchtlinge zu sprechen.

"Wissen über Flüchtlinge macht Integration einfacher"

Die Serie qualitativer Interviews, die SVR und Bosch-Stiftung führten, soll eine Lücke schließen, die sie sehen. Man wisse  über die Lebenslagen von Flüchtlingen in Deutschland „nach wie vor zu wenig“, schreiben die Verfasserinnen und Verfasser. Sie einzubeziehen, sei aber eine  Voraussetzung für passgenaue Politik:  „Integration wird einfacher, wenn die entsprechenden Angebote in Deutschland berücksichtigen, wie die Menschen selbst ihre Lebenslage hier wahrnehmen."

Zur Startseite