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Wahlplakate in Potsdam.
© Ottmar Winter/PNN

Dreitagebart und fehlender Blickkontakt: Was die Wahlplakate über die Parteien verraten

Auf Pappe sollen die wichtigsten Botschaften unter das Wahlvolk gebracht werden. Die Kandidaten spielen dabei unterschiedlich prominente Rollen.

Kreissymbolik, fehlender Augenkontakt und viel Schwarz-Weiß: Die Ästhetik der Wahlwerbung verrät einiges über die Akzentsetzung der Parteien und den aktuellen Stand ihrer Kampagnen. Bei der SPD etwa setzt man alles auf den Spitzenkandidaten Olaf Scholz.

Seine Person ist in schwarz-weiß auf sozialdemokratischem Knallrot abgebildet, mit Anzug und Krawatte bekleidet guckt er die Betrachtenden direkt an. Die Schwarz-Weiß-Erscheinung und Klamotte des aktuellen Vizekanzlers stehen wohl vor allem für zweierlei: Kompetenz und Tatkraft dank Erfahrung!

Ein Wahlplakat von Olaf Scholz vor der SPD-Parteizentrale.
Ein Wahlplakat von Olaf Scholz vor der SPD-Parteizentrale.
© Kay Nietfeld/dpa

Unterschiedliche Forderungen werden dann auch von dem immer gleichen Slogan begleitet: „Scholz packt das an“. Andere Menschen oder Motive tauchen erst gar nicht auf: Die absolute Konzentration auf ihren Spitzenkandidaten soll der Partei zum Glück verhelfen.

Anders sieht es bei den Grünen und der Union aus. Nach Plakaten mit Armin Laschet und Annalena Baerbock muss man gezielt suchen: Die Mehrzahl der Unions- und Grünen-Plakate schmücken andere Personen. Dass die Beliebtheitswerte von Laschet und Baerbock am Sinken sind, scheint die Darstellung beeinflusst zu haben.

Drei bis fünf Sekunden für ein Plakat

Wenn die klare Instagram-Optik der visuelle Maßstab unserer Tage ist, hebt sich die CDU davon am deutlichsten ab: Alle Motive und Personen auf den Plakaten sind von einem schwarz-rot-goldenen Kreis umrundet. Das betont Nationalbewusstsein und Einigkeit, lässt die Plakate mit Motiven, Sprüchen und dem Deutschlandfarben-Kreis allerdings überfrachtet wirken.

Das kann durchaus ein Problem sein, denn viel Zeit nehmen sich die Menschen nicht beim Betrachten der Wahlwerbung. „Wir wissen aus Studien, dass Menschen im Schnitt etwa drei bis fünf Sekunden auf ein Plakat gucken“, sagt Frank Brettschneider, Professor für Kommunikationswissenschaft an der Universität Hohenheim. Wenig Text und ein hoher Kontrast seien deswegen förderlich.

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Umso verwunderter ist Brettschneider über die schemenhafte Gestaltung der Grünen-Wahlplakate. Tatsächlich liegt über allen Plakaten von Bündnis 90/Die Grünen ein dicker grüner Schleier. Die abgebildeten Menschen sind mehr oder weniger das, was man als „hip“ bezeichnen könnte: Älterer Herr mit modischer Brille und Smartphone, junger Vater mit Kind auf den Schultern. Nur: Man erkennt sie eben nicht besonders gut.

Mit Kreis in Deutschlandfarben: Ein Wahlplakat der CDU zur Bundestagswahl in Berlin.
Mit Kreis in Deutschlandfarben: Ein Wahlplakat der CDU zur Bundestagswahl in Berlin.
© imago images/Stefan Zeitz

Fröhlich, aber leicht entrückt

Die Stimmung auf fast allen Plakaten ist fröhlich-gelöst und optimistisch, wirkt aber nicht nur wegen des Grünschimmers leicht entrückt: Keine der abgebildeten Personen, auch nicht Baerbock und Habeck, gucken direkt in die Kamera.

Der fehlende Blickkontakt ist auch ein Merkmal der FDP, die wie die SPD auf die Personalisierungsstrategie setzt. Die wichtigste Plakat-Botschaft lautet: Christian Lindner mit Dreitagebart.

Die Linke traut sich viel Farbe und betont das Gegenwärtige: „Jetzt!“ prangt auf fast allen Plakaten. Die AfD wirbt stattdessen erwartbar mit den Nationalfarben und gängigen Klischees. Anders als die restlichen Parteien stellt sie viele Fragen auf ihren Plakaten, statt Antworten zu geben.

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