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Der Dieselskandal wird die Gerichte noch auf Jahre hinaus beschäftigen.
© Julian Stratenschulte/dpa

Hoffnung auf Entschädigung: Was die Volkswagen-Kläger jetzt erwarten dürfen

Der Autokonzern und Verbraucherzentralen vereinbaren Gespräche über einen Vergleich. Hunderttausende Kunden hoffen auf Geld. Worum geht es?

Hunderttausende vom Diesel-Skandal betroffene Volkswagen-Kunden können sich Hoffnung auf eine Entschädigung machen. Der Autokonzern kündigte am Donnerstag an, im Musterprozess mit mehr als 400.000 angemeldeten Klägern einen Vergleich mit dem Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) anzustreben.

In einer gemeinsamen Erklärung hieß es, man habe sich darauf geeinigt, entsprechende Gespräche aufzunehmen. Ziel sei „eine pragmatische Lösung im Sinne der Kunden“. Die Verhandlungen seien in einem sehr frühen Stadium. „Ob es zu einem Vergleich kommt, ist offen.“

Gleichwohl ist die Annäherung der Parteien ein Erfolg für die Verbraucherschützer. Der VW-Konzern hatte sich zu Beginn des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht Braunschweig strikt geweigert, über einen Vergleich zu sprechen. Es gebe aus Sicht des Unternehmens keinen Schaden und damit keinen Grund zur Klage.

Zuletzt argumentierte Volkswagen, es sei unklar, wie viele Kläger sich mit welchen Ansprüchen gemeldet hätten, ein Vergleich sei „kaum vorstellbar“.

Vor Weihnachten hatte das Bundesamt für Justiz, das das Klageregister führt, mitgeteilt, von 470 000 Dieselkunden, die sich der Musterfeststellungsklage des VZBV ursprünglich angeschlossen hatten, seien rund 77 000 abgesprungen. Diese Abmeldungen sind noch nicht vollständig bearbeitet; nachträgliche Anmeldungen sind nicht mehr möglich. Das Gericht hatte Volkswagen empfohlen, auf der Grundlage genauer Zahlen Vergleichsverhandlungen aufzunehmen.

Es geht um Milliarden

Die Frage, ob die Kläger wegen eines Wertverlusts ihrer Autos nach den Abgastricks Anspruch auf Entschädigung haben, könnte nun schneller als gedacht beantwortet werden. Potenziell könnte es dabei um Milliarden Euro für die Verbraucher gehen – und um Wiedergutmachung für einen der größten Industrieskandale der vergangenen Jahrzehnte.

In den USA hat der Autobauer geprellte Kunden umfangreich entschädigt, aber stets betont, die dortige Rechtslage sei nicht auf Deutschland übertragbar. So kaufte VW unter anderem mehr als 300 000 Diesel-Fahrzeuge zurück. Rund 100 Millionen Dollar flossen direkt an US-Kunden.

Zusammen mit Strafzahlungen kostete der Dieselskandal den VW- Konzern bislang gut 30 Milliarden Euro. Weltweit waren mehr als elf Millionen Kunden von den Abgasmanipulationen betroffen, in Deutschland 2,4 Millionen.

Sollten die Verhandlungen von VW und VZBV erfolgreich sein, kann jeder an der Musterfeststellungsklage beteiligte Verbraucher entscheiden, ob er den Vergleich gelten lassen oder ablehnen will. Stimmen mehr als 70 Prozent zu, ist der Rechtsstreit für diese Kunden abgeschlossen. Wer den Vergleich abgelehnt hat, kann einzeln gegen das Unternehmen klagen. Lehnen mindestens 30 Prozent den Vergleich ab, fällt das Gericht ein Urteil.

Nutzung des Autos wird voraussichtlich verrechnet

Über die Höhe einer möglichen Entschädigung kann nur spekuliert werden. Der Vorsitzende Richter am OLG Braunschweig, Michael Neef, hatte erklärt, dass sich die Kunden im Falle von Entschädigungen darauf einstellen müssten, dass die bisherige Nutzung des Autos verrechnet würde. Das Gericht war zudem der Auffassung, dass Schadenersatzansprüche mit Blick auf vertragliche Pflichtverletzungen schwierig sein dürften, weil die meisten Kunden ihren Kaufvertrag nicht mit dem VW-Konzern, sondern mit Händlern abgeschlossen hätten.

Ungeachtet der jetzt beginnenden Vergleichsverhandlungen dürfte die Aufarbeitung des Abgasskandals die Gerichte in mehreren Ländern noch auf Jahre beschäftigen. Der erste Fall vor dem Bundesgerichtshof (BGH) wird Anfang Mai verhandelt. (mit dpa)

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