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Digitaler ASEAN-Gipfel: Staats- und Regierungschefs von 15 asiatischen Ländern haben am Sonntag ein Freihandelsabkommen unterzeichnet.
© dpa/Uncredited/Vietnam News Agency

„Ein massiver politischer Erfolg für China“: Was das asiatische Freihandelsabkommen für EU und USA bedeutet

Es umfasst ein Drittel des Welthandels: Am Sonntag haben 15 asiatischen Länder ein Freihandelsabkommen geschlossen. Drei Lehren lassen sich daraus ziehen.

Noch ist es nicht viel mehr als eine feierliche Absichtserklärung. Noch muss das asiatischen Freihandelsabkommen „Regional Comprehensive Economic Partnership“ (RCEP) von vielen der Unterzeichnerstaaten ratifiziert werden und Wirkung entfalten. Eine geopolitisches Großereignis ist es jetzt schon: Am Sonntag unterzeichneten China und 14 asiatische Staaten einen Vertrag, der ein Drittel des Welthandels umfasst und für Volkswirtschaften gilt, in denen 2,2 Milliarden Menschen leben. Zehn südostasiatische Länder, darunter Singapur und Indonesien, haben sich mit China, Australien, Südkorea, Neuseeland und Japan zusammengeschlossen. Diese Länder werden Zölle senken und andere Handelsschranken beseitigen.

Für Europa und die USA könnte das neue Abkommen weitreichende Folgen haben. Drei Lehren lassen sich daraus ziehen:

Erstens: Für China ist das Abkommen ein „massiver diplomatischer Erfolg“, so die Einschätzung von Max Zenglein, Chefökonom am Mercator Institut for China Studies, einer Denkfabrik in Berlin. Zenglein betont, dass das Abkommen nicht besonders „tief“ reicht, dass also der Abbau der Zölle erst sukzessive in den nächsten zwei Jahrzehnten erfolgen wird und dass viele kritische Punkte, etwa der Umweltschutz oder Arbeitnehmerrechte, ausgespart bleiben.

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Doch allein die Bilder des digitalen Gipfels, bei dem so unterschiedliche Länder wie Neuseeland, Indonesien und eben China zur feierlichen Unterzeichnung versammelt waren, ist für das Image Chinas Gold wert. Erneut konnte sich das Land als Freund und Förderer der multilateralen Ordnung zeigen und wird als Führungsnation wahrgenommen. Dabei ging die Initiative gar nicht von China aus, meinen Experten. Basis des Vertrags sind bestehende Freihandelsabkommen zwischen den südostasiatischen Staaten, die diese bündeln und durch weitere Partner ergänzen wollten.

China hat den Rückzug der USA aus dem Freihandelsabkommen TPP genutzt

Zweitens: Das neue Abkommen ist eine schwere Hypothek der disruptive Politik Donald Trumps in der Region. Trumps protektionistische Handelspolitik und sein Zollkrieg gegen China hatten nicht die erhoffte Wirkung – auch, weil er es versäumte, gleichzeitig die Beziehungen zu traditionell guten Partnern in der Region, etwa zu Japan und Südkorea, zu stärken. China ist nicht isoliert, im Gegenteil.

Zu Beginn seiner Amtszeit zog Donald Trump die Unterschrift der Vereinigten Staaten unter das Transpazifische Freihandelsabkommen TPP zurück. Die Unterzeichnerländer verhandelten nach und das Abkommen trat 2018 ohne die USA in Kraft. China gehörte nicht dazu, aber viele der Unterzeichnerländer des neuen RCEP, außerdem Chile, Mexiko und Peru.

Nun stärken die asiatischen Länder ihre Handelsbeziehungen weiter - mit China

Nun stärken die asiatischen Länder ihre ökonomische Bindung unter sich weiter – und zwar dieses Mal mit China. „China hat den Rückzug der USA genutzt und die Chance ergriffen, um sich in der Region weiter zu profilieren“, so Max Zenglein. Viele der Mitgliedstaaten des neuen Abkommens haben tiefgreifende Konflikte mit China – können und wollen aber in Handelsdingen nicht auf gute Beziehungen zu diesem wichtigen Markt verzichten.

Drittens: Für Deutschland und die EU muss das neue Handelsabkommen kein Nachteil sein, im Gegenteil. Die EU und nicht zuletzt Deutschland haben mittlerweile besser als die USA verstanden, dass zu einer klugen China-Politik auch gute Beziehungen zu den Ländern der Region gehören. Sie setzten auf enge Partnerschaften in Asien, um China nicht allein das Feld zu überlassen.

China lässt sich in Asien nicht ausgrenzen, nur ergänzen

Mit Japan, Singapur, Südkorea und Vietnam haben auch die Europäer Freihandelsabkommen in den letzten Jahren geschlossen, besonders das EU-Japan-Abkommen gilt als sehr weitreichend. Diese Abkommen sind von RCEP unberührt, sie bestehen fort. Deutsche Unternehmen, die in der Region investieren, produzieren und handeln, dürften sogar von RCEP profitieren, denn auch für sie wird der Handel innerhalb der Region dadurch erleichtert. Zudem könnte das RCEP die Verhandlungen über ein europäisch-chinesisches Investitionsabkommen erleichtern, die trotz eines virtuellen Gipfeltreffens im September nur schleppend vorankommen. Ein Abschluss nur kurz nach dem Erfolg in Asien wäre ein weiterer Scoop für China.

Doch für Europa gilt, was auch für die USA gilt: Europas Partner in der Region diversifizieren. Wirtschaftlich lässt sich China als Partner nicht ausgrenzen, nur konstruktiv ergänzen.

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