So funktioniert ein Impeachment-Verfahren: Was auf Donald Trump jetzt zukommen könnte
Hat der US-Präsident sich schwere Verfehlungen geleistet? Darum geht es bei einem Amtsenthebungsverfahren – und um die Machtverhältnisse. So läuft es ab.
Die US-Demokraten bewegen sich auf ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump zu. Sie wollen im Repräsentantenhaus nun eine offizielle Untersuchung dazu starten, ob der Präsident sich in seinem ominösen Telefonat mit dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj eines Fehlverhaltens schuldig gemacht hat, das seine Entfernung aus dem Amt rechtfertigt.
Trump steht unter Verdacht, die Freigabe von Militärhilfen für die Ukraine an die Bedingung geknüpft zu haben, dass Kiew ihm kompromittierende Informationen über den Sohn des demokratischen Präsidentschaftsbewerbers Joe Biden liefert. Hunter Biden hatte für eine ukrainische Gasfirma gearbeitet, in der es Korruptionsfälle gegeben haben soll.
Die angekündigte Untersuchung gegen Trump soll aber auch noch andere Vorwürfe einbeziehen - darunter jene der Bereicherung im Amt und der Behinderung der Ermittlungen zu den Russland-Kontakten von früheren Trump-Mitarbeitern. Für die Amtsenthebung eines Präsidenten setzt die US-Verfassung allerdings hohe Hürden.
DIE VERFASSUNG: Sie nennt "Hochverrat, Bestechlichkeit oder andere schwere Verbrechen und Vergehen" als die Fälle, in denen der Kongress den Präsidenten absetzen darf. Allerdings lässt der Verfassungspassus einigen Deutungsspielraum. Es gibt keine klare Definition dafür, wie gravierend die Verfehlungen des Präsidenten sein müssen, damit seine Amtsenthebung gerechtfertigt ist.
Letztlich hängt es weniger von juristischen Auslegungen als von den politischen Intentionen der Beteiligten und den Mehrheitsverhältnissen im Kongress ab, ob ein Amtsenthebungsverfahren in Gang kommt und erfolgreich ist.
DAS PROCEDERE: Zunächst findet im Repräsentantenhaus eine Untersuchung der mutmaßlichen Verfehlungen des Präsidenten statt, wie sie Oppositionschefin Nancy Pelosi jetzt angekündigt hat. In früheren Fällen übernahm dies der Justizausschuss. Die jetzige Untersuchung gegen Trump soll laut Pelosi jedoch von sechs Ausschüssen gemeinsam geführt werden.
Im Rahmen dieser Untersuchung werden Zeugen vernommen, Beweismaterial ausgewertet und gegebenenfalls Anschuldigungen ausformuliert. Im nächsten Schritt stimmt dann das Plenum des Repräsentantenhauses über eine Art Anklageerhebung ab. Die einfache Mehrheit genügt, damit die Beschuldigung formell erhoben ist - dies ist das sogenannte Impeachment.
Als Nächstes findet dann im Senat, der anderen Kongresskammer, eine Art Prozess mit Zeugenvernehmungen statt. Am Ende stimmt diese Kammer dann über das Schicksal des Präsidenten ab, wobei eine Zweidrittelmehrheit für dessen Absetzung nötig ist.
Die Demokraten verfügen über eine klare Mehrheit von 235 der derzeit 434 Abgeordneten im Repräsentantenhaus. Sie haben es also in der Hand, das Impeachment gegen Trump zu beschließen. Im Senat dominieren allerdings Trumps Republikaner. Sie haben dort 53 der 100 Sitze. Um Trump aus dem Amt zu jagen, müssten die Demokraten also im Senat mindestens 20 republikanische Verbündete gewinnen. Eine Zustimmung der Kammer zu einer Amtsenthebung gilt deswegen als unwahrscheinlich, auch wenn es in den USA keinen Fraktionszwang gibt.
DIE NACHFOLGE: Wird ein Präsident tatsächlich seines Amtes enthoben, rückt der Vizepräsident nach und übernimmt die Macht bis zum Ablauf der regulären Amtszeit seines ehemaligen Chefs. Damit würde im Falle eines Impeachment Mike Pence bis um 20. Januar 2021 Staatsoberhaupt.
DIE BISHERIGEN FÄLLE: In der US-Geschichte gab es bislang nur zwei Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidenten. Beide schlugen fehl, sowohl Andrew Johnson als auch Bill Clinton blieb im Amt. In einem dritten Fall kam Präsident Richard Nixon seiner drohenden Absetzung durch seinen Rücktritt zuvor.
Gegen Johnson wurde das Verfahren 1868 eingeleitet, weil er sich über die Mitspracherechte des Kongresses bei der Besetzung von Regierungsposten hinweggesetzt haben sollte. Für seine Amtsenthebung fehlte am Ende nur eine einzige Stimme.
1974 trat Nixon im Zuge der Watergate-Affäre zurück, als sich das Procedere noch in einem frühen Stadium befand. Der Justizausschuss hatte eine formelle Anschuldigung des Präsidenten wegen des Lauschangriffs auf die Demokraten beschlossen. Nixons Rücktritt kam aber noch vor der Abstimmung im Plenum des Repräsentantenhauses.
1998 kam es dann zum Amtsenthebungsverfahren gegen Clinton, weil er seine Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky zu verschleiern versucht hatte. Die Anschuldigungen lauteten auf Meineid und Behinderung der Justiz. Die Zweidrittelmehrheit im Senat wurde deutlich verfehlt. (AFP, Reuters)