Neues Sparpaket: Was auf die Griechen zukommt
Das griechische Parlament hat dem Sparpaket zugestimmt. Die Zeit drängte, denn nur so können ausstehende Hilfsgelder der EU freigegeben werden. Am Sonntag beraten die EU-Finanzminister über neue Kredite.
Seit Montag hatte das griechische Parlament über das von der Regierung im Eilverfahren eingebrachte Sparprogramm debattiert. Die Zeit drängte, weil die Euro-Finanzminister am kommenden Sonntag über dringend benötigte neue Hilfskredite für Griechenland beraten wollen. Die EU hatte die Verabschiedung des Sparpakets zur Bedingung für die Freigabe ausstehender Hilfsgelder gemacht.
Neben Ministerpräsident Giorgos Papandreou hatte auch Finanzminister Evangelos Venizelos die Abgeordneten eindringlich beschworen, dem Sparprogramm zuzustimmen. „Wir müssen Zeit gewinnen, damit unser Land nicht Schritt für Schritt in ein Protektorat verwandelt wird.“ Es sei die „patriotische Pflicht“ der Abgeordneten, den drohenden Staatsbankrott abzuwenden, sagte Venizelos.
Vor der Abstimmung hatte Griechenlands Zentralbankchef Giorgos Provopoulos gewarnt, ein Nein des Parlaments käme einem „Selbstmord“ des Landes gleich. Die künftige IWF-Chefin Christine Lagarde hatte an die konservative Opposition appelliert, dem Paket zuzustimmen. Doch wie erwartet, blieb Oppositionsführer Antonis Samaras beim Nein. Er bezeichnete das Sparprogramm als „weiteren schicksalhaften Schritt auf dem Weg zum Zusammenbruch des Landes“.
Auch am Mittwoch strömten wieder tausende Menschen auf den Athener Syntagmaplatz, um vor dem Parlamentsgebäude gegen die neuen Maßnahmen zu protestieren. Die Demonstration verlief zunächst friedlich. Aber als der Beginn der Abstimmung näher rückte, kippte die Stimmung. Demonstranten versuchten, die Eingänge des Parlamentsgebäudes zu besetzen, und es kam zu ersten Auseinandersetzungen mit der Polizei. Wenig später entwickelten sich schwere Ausschreitungen, als vermummte Demonstranten versuchten, eine Barrikade vor dem Parlamentsgebäude zu durchbrechen. Erst nach etwa zwei Stunden kehrte etwas Ruhe ein. Befürchtet wurde jedoch, dass es am Abend erneut zu Unruhen kommen könnte. Bereits am Dienstag hatten sich etwa 100 vermummte Jugendliche aus der Anarchistenszene bis in den späten Abend hinein im Athener Zentrum Straßenschlachten mit der Polizei geliefert.
Das Sparprogramm bringt für fast alle Griechen spürbare Einschnitte. Selbst wer nur den staatlich garantierten Mindestlohn von rund 750 Euro im Monat bekommt, soll künftig eine „Solidaritätsabgabe“ leisten. Grundfreibeträge und Abzugsmöglichkeiten werden beschnitten. Selbstständige, von denen es in Griechenland besonders viele gibt, werden zusätzlich zu Einkommensteuer und Solizuschlag mit einer „Sonderabgabe“ von bis zu 500 Euro im Jahr belastet. Unter dem Strich muss ein doppelverdienendes Ehepaar mit zwei Kindern, das 55 000 Euro brutto im Jahr verdient, fast 3000 Euro mehr Steuern zahlen. Hinzu kommen höhere Verbrauchs- und Mehrwertsteuern.
Die griechischen Gewerkschaften legten wie schon am Vortag die öffentliche Verwaltung mit einem landesweiten Streik lahm. Der Ausstand richtete sich vor allem gegen den Plan der Regierung, bis 2015 Staatsunternehmen und öffentliche Liegenschaften im Wert von 50 Milliarden Euro zu privatisieren. Mit den Erlösen sollen Schulden abgebaut werden. Die Gewerkschaften fürchten um die Privilegien der Bediensteten, die bei den Staatsunternehmen bis zu dreimal so viel verdienen wie in der Privatwirtschaft. Wegen des Streiks standen die meisten Verkehrsmittel still. Weil die Fluglotsen zeitweilig die Arbeit niederlegten, musste der griechische Luftraum für mehrere Stunden gesperrt werden.
Finanzminister Evangelos Venizelos kann nun mit dem verabschiedeten Konsolidierungsgesetz am Sonntag zum Sondertreffen der Euro-Finanzminister fliegen. Das Land kann jetzt mit der Überweisung der nächsten Rate der Hilfskredite in Höhe von zwölf Milliarden Euro rechnen. Ohne diese Gelder würde Griechenland schon im Juli zahlungsunfähig. Zugleich ist der Weg geebnet für das nächste Rettungspaket der EU und des Internationalen Währungsfonds. Es soll den Griechen ermöglichen, sich bis 2014 zu refinanzieren. Gleichzeitig wird befürchtet, dass die Griechen ihre Schulden nicht komplett zurückzahlen können.