Debatte um Grundgesetz-Änderung: Warum Rasse egal sein darf
Der Begriff "Rasse" steht in der Verfassung. Man könnte ihn streichen und durch ein Adjektiv ersetzen. Aber was bringt das? Ein Kommentar.
Ein Junge schaut in die Kamera. Er trägt einen grünen Kapuzenpulli, den man neben dem Foto für auffällig kleines Geld bei einer schwedischen Bekleidungskette bestellen kann. Natürlich ein Hoodie mit Aufschrift. Es gibt verschiedene, je nach Farbe. Für den grünen ist es: „The coolest monkey in the jungle“, der coolste Affe im Dschungel.
Der Junge hat dunkle Haut. Bald darauf schließt der Bekleider in Südafrika die Läden; der Konzern rutscht in eine Krise, von der er sich nur langsam wieder erholt.
Rassismus? Natürlich, würde man sagen, heute mehr denn je. Aber wer ist rassistisch? Die, die dem Jungen den „Skandalpulli“ überstreiften? Vielleicht war es Gedankenlosigkeit oder eine Provokation. Auf jeden Fall bedurfte es einer Spur Rassismus, um Rassismus darin zu erkennen. Denn wer es rassistisch findet, wenn ein dunkelhäutiger Junge einen Pulli mit dem Wort „Affe“ trägt, verfügt selbst über eine Vorstellung davon, dass der Vergleich mit Affen Dunkelhäutige abwertet; er sieht selbst den Affen in dem Jungen. Wer sich nichts denkt und den Pullover samt Aufschrift vielleicht nur lustig findet – ist der auch ein Rassist, weil ihm diese Vorstellung fehlt und er nicht rücksichtsvoll genug ist? Oder ist er kein Rassist, weil solche Kategorien in seinem Kopf aufgelöst sind oder nie vorhanden waren?
Eine Zwickmühle im Diskriminierungsverbot
Es ist diese Zwickmühle, in der der Kampf gegen den Rassismus steckt und die ihn schwer macht. Aktivisten fordern zu Recht, Rassismus müsse „aktiv verlernt“ werden. Indem „Rasse“ als Begriff und Kategorie fortbesteht, wird jedoch weiter aktiv Rassismus gelehrt.
In derselben Zwickmühle steckt der Streit um den Begriff im Grundgesetz. Dort steht er im Diskriminierungsverbot von Artikel 3. Wissenschaftlich gesehen gibt es keine Menschenrasse. Immer mehr Abgeordnete im Bundestag wollen ihn streichen. Doch ersatzlos, da sind sich die meisten einig, geht das nicht. Sonst würde man mit der Streichung auch keine Diskriminierungen wegen der vermeintlichen Rasse mehr ahnden können.
Ein Hauch Soziologendeutsch
Also soll im Diskriminierungsverbot so etwas wie „rassistische Zuschreibung“ aufgenommen werden. Was damit erreicht ist: Ein Substantiv wird zum Adjektiv, und die recht klare Sprache der Grundrechte bekommt einen Hauch modernes Soziologendeutsch. Doch Begriffe, Vorstellungen und Kategorien von Rasse, die bestehen fort.
Dennoch wird die Änderung irgendwann kommen. Weil es wirkt, als wäre etwas erreicht, und dies die CDU-Verweigerer moralisch ins Abseits stellt. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident sagt, ihm sei die Änderung egal. Das könnte es treffen. Oder ist solche Gleichgültigkeit rassistisch?
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