Moskau sucht Hilfe bei Herstellung von "Sputnik V": Warum Putin mit der Kanzlerin über Impfstoffe sprach
Der Kreml hofft auf eine Produktion von russischen Impfstoffen in Europa. Merkel zeigte sich grundsätzlich offen dafür. Ob es aber so weit kommt, ist unklar.
Es war der Kreml, der die Nachricht öffentlich machte. Während in Deutschland seit Tagen über Versäumnisse und Probleme bei der Beschaffung von Impfstoffen diskutiert wird, meldete sich am Dienstag Russland zu Wort. Präsident Wladimir Putin habe mit Kanzlerin Angela Merkel über Fragen der Zusammenarbeit im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie gesprochen. Dabei sei insbesondere über „mögliche Perspektiven der gemeinsamen Impfstoffproduktion“ gesprochen worden, teilte der Kreml am Dienstag mit.
Die Kanzlerin habe sich in dem Gespräch für eine bilaterale Zusammenarbeit mit dem Zweck, europäische Produktionskapazitäten für russischen Impfstoff zu erschließen, offen gezeigt, sagte eine Regierungssprecherin am Mittwoch. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte bereits am 18. Dezember mit seinem russischen Amtskollegen Michail Muraschko über das Thema gesprochen.
Die Minister hätten vereinbart, dass Experten beider Länder Gespräche aufnehmen sollten, teilte das russische Gesundheitsministerium im Anschluss mit. Ziel sei es, „Produktionsstätten für die gemeinsame Herstellung russischer Impfstoffe“ zu finden. Merkel und Putin verständigten sich nun nach Kreml-Angaben darauf, dass die Gesundheitsministerien und andere Institutionen aus beiden Ländern die Gespräche fortsetzen sollten.
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Russland hatte im August als erstes Land weltweit einen Impfstoff zugelassen, den Abschluss der letzten Testphase dafür aber nicht abgewartet. Die Impfungen mit „Sputnik V“ begannen Anfang Dezember. Mittlerweile wurde ein zweiter Impfstoff zugelassen. Allerdings fehlt es wie in anderen Staaten auch in Russland an den nötigen Produktionskapazitäten, um schnell sehr große Mengen von „Sputnik V“ herzustellen. Für die nötige Immunisierung müssen zwei Dosen verabreicht werden, die unterschiedlich zusammengesetzt sind.
Engpässe gibt es nach russischen Medienberichten nun bei der Herstellung des Vakzins für die zweite Dosis. Innerhalb eines Monats wurden in Russland etwa 800.000 Menschen geimpft. Den Impfstoff will Russland in andere Staaten exportieren, ist dafür aber dringend auf Kooperationen bei der Herstellung angewiesen. So soll Sputnik V künftig beispielsweise auch in Indien hergestellt werden.
Sputnik V und Impfstoff von AstraZeneca sollen kombiniert werden
Der staatliche russische Fonds für Direktinvestitionen (RDIF), der für die Vermarktung von Sputnik V im Ausland zuständig ist, suchte bereits die Zusammenarbeit mit dem britischen Hersteller AstraZeneca: Die beiden verständigten sich darauf, eine Kombination beider Impfstoffe zu testen. Untersucht werden soll, ob es den Impfschutz positiv beeinflusst, wenn in der ersten Dosis der eine und in der zweiten der andere Impfstoff verabreicht wird.
Für Deutschland und die EU ist in der aktuellen Situation, in der erst wenig Impfstoff verfügbar ist, von Russland wohl keine rasche Abhilfe zu erwarten. Voraussetzung für den Aufbau von Produktionskapazitäten in der EU ist nach Angaben der Bundesregierung eine Zulassung des russischen Impfstoffes durch die Europäische Arzneimittel-Agentur. Doch diese Zulassung ist offenbar bisher noch nicht beantragt worden.