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Immer seltener. Chirurgen am Uniklinikum Jena bereiten eine entnommene Niere zur Transplantation vor.
© Jan-Peter Kasper / dpa

Neuer Tiefstand: Warum gibt es immer weniger Organspenden?

Die Zahl der Organspenden sinkt von Jahr zu Jahr, und die Regierung weiß nicht warum. Die Grünen fordern nun, dass die Ursachen erforscht werden.

Die Grünen haben die Bundesregierung aufgefordert, die Ursachen für den beständigen Rückgang der Organspenden in Deutschland erforschen zu lassen. „Wir brauchen dringend eine Studie zu den Gründen, warum die Zahl der Spenden rückläufig ist“, sagte die Abgeordnete Kirsten Kappert-Gonther dem Tagesspiegel. Als Anlass für ihre Forderung nannte sie „die offenkundige Ahnungslosigkeit des Gesundheitsministeriums“, die erschreckend sei.

"Keine gesicherten Erkenntnisse"

Auf Anfrage hatte Gesundheitsstaatssekretärin Annette Widmann-Mauz der Abgeordneten zuvor mitgeteilt, dass man sich außerstande sehe, Gründe für den Rückgang der Organspenden zu nennen. Diese seien „vielschichtig“, man habe darüber keine gesicherten Erkenntnisse.

Gleichzeitig verwies die CDU-Politikerin auf das offensichtliche Paradoxon, dass sowohl die Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber Organspenden als auch die Zahl der Menschen mit Organspendeausweis „kontinuierlich gestiegen“ sei. Dies hätten regelmäßige Befragungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung seit 2012 ergeben.

Wie berichtet sank die Zahl der Organspenden im vergangenen Jahr trotz aller Aufklärungs- und Werbekampagnen auf einen neuen Tiefstand. Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation gab es 2017 bundesweit nur noch 797 Organspender, das waren 60 weniger als im Jahr zuvor. Die Zahl der gespendeten Organe sank um 9,5 Prozent auf 2594. Damit ist Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern weit abgeschlagen – und beim grenzüberschreitenden Organaustausch mit der Zahl der transplantierten Organe bereits über der Summe der hierzulande entnommenen.

Umfragen zufolge steigt die Spendenbereitschaft

Dabei stehen in Umfragen 81 Prozent der Bundesbürger der Organspende positiv gegenüber. Und die Zahl derer, die eine Entscheidung zur Organspende dokumentiert haben, ist seit 2012 von 22 auf 36 Prozent gestiegen.

Mangelnde Spendenbereitschaft sei nicht das Problem, folgert Kappert-Gonther. Daher sei auch „die Schnellschuss-Forderung aus den Reihen der SPD nach einer Widerspruchslösung fehl am Platz.“ Sie würde bedeuten, dass jedem, der dem nicht ausdrücklich widersprochen hat, nach dem Tod Organe entnommen werden dürfen. Experten sehen die Gründe woanders. In den Kliniken gebe es wegen des ökonomischen Drucks und des Personalmangels zu wenig Augenmerk auf Organspenden, meinen sie. Zudem kümmere sich die Politik nicht genügend darum. Der Spendermangel müsse Thema der Koalitionsverhandlungen werden, fordert etwa die Deutsche Stiftung Patientenschutz.

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