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Der FDP-Landesvorsitzende Christian Lindner auf der Abschlusskundgebung vor der Wahl.
© dpa/Bernd Thissen

Landtagswahl in NRW: Warum Christian Lindner schon jetzt der Sieger ist

Warum es der FDP-Parteichef und Spitzenkandidat in NRW und im Bund verdient hat, jenseits von Klischees beurteilt zu werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Armin Lehmann

Machen wir ein kurzes Experiment. Sagen wir, es gäbe in Deutschland eine Wahl um das Amt des Bundeskanzlers, wie in Frankreich eine zum Präsidenten. Sagen wir, Alice Weidel von der AfD wäre in die Stichwahl gekommen und Christian Lindner von der FDP. Er müsste Weidel stoppen wie Emmanuel Macron in Frankreich Marine Le Pen gestoppt hat. Was würde passieren?

Würde man in Deutschland Lindner sehen als den kalten, neoliberalen Radikalen, der nur seine Klientel im Sinn hat und die Besserverdienenden? Oder wäre er eine Art deutscher Macron, ein optimistischer, jugendlicher Held, verheiratet mit einer viereinhalb Jahre älteren Frau, von dem man sagte, er bringe frischen Wind in die Politik, wolle das Land wieder einen und werde mit einem mutigen, pro-europäischen Kurs diese Wahl gewinnen?

Ist klar, ist Quatsch. Aber zeigt dieses Gedankenspiel nicht auch, wie schnell sich in der Politik Ansichten in den Köpfen der Menschen verändern könnten, zeigt es nicht, dass Klischees auch entlarvt werden können? Christian Lindner führt eine Partei, die es sich lange und hart erarbeitet hat, dass immer wieder Hohn und Spott über sie ausgegossen werden. Nach wie vor wird die FDP von vielen als reine Machtpartei wahrgenommen, die besserwisserisch und marktradikal eine kalte, unsoziale Politik machen will.

Lindner wäre bereichernd wie Wagenknecht

Aber das ist natürlich auch Quatsch. Weil diese Sicht auf die FDP nicht zulässt, dass da einer tatsächlich etwas verändert haben könnte, dass da einer ist, der ein wirklich großes politisches Talent besitzt. Man kann schon guten Gewissens sagen: Lindner kann brillant reden, er kann seine Politik, auch wenn man es anders sieht, sehr gut begründen. Er kann zuspitzen, aber er kann sich auch zurücknehmen. Er hat ein gutes Gespür für Themen und politische Entwicklungen.

Warum sollte man einem wie ihn, auch wenn man meint, er wäre in der falschen Partei, nicht dafür Anerkennung zollen? Im Deutschen Bundestag wäre ein Oppositionsführer namens Christian Lindner ganz bestimmt eine Bereicherung – so, wie auch Sahra Wagenknecht von der Linken mit ähnlicher politischer Brillanz eine Bereicherung ist.

Es ist eine herausragende Leistung, eine totgesagte Partei aus der außerparlamentarischen Opposition wieder soweit zu führen, dass sie ernsthafte Chancen hat, wieder in den Bundestag einzuziehen. Es ist auch eine herausragende Leistung im wichtigsten Bundesland ein vermutlich zweistelliges Ergebnis einzufahren und damit die Chance im September nochmals zu vergrößern. Ebenso ist es eine Leistung, zuvor die internen Parteikriege befriedet, die Inhalte sortiert und neu priorisiert zu haben und dabei meist fröhlich zu sein, ohne albern zu wirken. Der eigentliche Sieger der NRW-Wahl heißt deshalb: Christian Lindner.

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