Reform des Wahlrechts im Bundestag: Warten auf die Union
Die Wahlrechtsreform kommt im Bundestag nicht voran. CDU und CSU sind sich nicht einig und haben keinen eigenen Reformvorschlag.
Im Bundestag herrscht weiter Unklarheit. Wird es noch etwas mit der Wahlrechtsreform? Zwar liegen nun von fast allen Fraktionen Vorschläge vor, wie der Bundestag wieder kleiner ausfallen kann als bei der Wahl 2017 – seither sitzen wegen Überhängen und Ausgleichsmandaten 709 Abgeordnete im großen Halbrund. Die gesetzliche Normalgröße liegt bei 598 Sitzen. Aber sie kommen nicht zusammen. Das zeigte sich am Mittwoch auch bei einer Aktuellen Stunde, die von de AfD beantragt worden war.
FDP, Linke und Grüne wollen ein Kombi-Modell, in dem sowohl die Zahl der Wahlkreise von 299 auf 250 reduziert als auch die Normalgröße auf 630 erhöht wird. Damit soll der Bundestag zumindest nicht mehr ganz so groß werden wie zuletzt, weil es weniger Überhänge gibt und damit einen geringeren Ausgleichsbedarf. Denn Überhänge verzerren den Parteienproporz, weshalb seit der Wahlrechtsreform von 2012 Ausgleichssitze hinzukommen müssen. Wenn – wie 2017 und auch nach aktuellen Umfragen – vor allem eine Partei über die Erststimmen mehr Direktmandate gewinnt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis insgesamt zustehen, wächst die Zahl der Überhänge besonders stark. Die AfD will diese kappen – viele Direktmandate würden nicht zugeteilt, es bleibt immer bei 598 Sitzen.
Deckel der SPD
Die SPD hat kürzlich ein Deckelungsmodell vorgestellt. Demnach dürfte der Bundestag maximal 690 Abgeordnete haben. Aber die Unions-Fraktion lehnt es ab. Einen eigenen offiziellen Vorschlag hat sie jedoch nicht vorgelegt. So liegt es nun vor allem an den Unions-Abgeordneten, ob eine Reform noch rechtzeitig vor Beginn der Vorbereitungen zur nächsten Bundestagswahl 2021 gelingen kann.
Das SPD-Modell hat Matthias Moehl vom Hamburger Wahlinformationsdienst „election.de“ anhand der aktuellen Umfragen für den Tagesspiegel durchgerechnet. Moehl ist auf wahlkreisgenaue Prognosen spezialisiert, was eine große Rolle spielt beim Vorhersagen der möglichen Wirkung bestimmter Reformvorschläge. Gäbe es keine Reform, würde derzeit ein Bundestag mit 713 Sitzen herauskommen. Aus manchen Umfragen der vergangenen Wochen ergaben sich noch deutlich größere Mandatszahlen. Aber Moehl geht davon aus, dass den Grünen aufgrund ihrer aktuellen Stärke mehr Direktmandate zufallen als bisher oft vorhergesagt. Es seien nach dem derzeitigen Bild 39 Wahlkreise, in denen die Grünen vorne lägen, sagte Moehl dem Tagesspiegel. Gleichzeitig geht die Zahl der CDUDirektmandate zurück, was die Überhangproblematik etwas entschärft.
Kompletter Spielraum muss genutzt werden
Setzte man den SPD-Vorschlag um, müsste dennoch der komplette Spielraum bis zum Deckel bei 690 Sitzen ausgenutzt werden. CDU und CSU haben nach dem Schnitt der aktuellen Umfragen zusammen 33 Überhangmandate, was zu einem Ausgleichsbedarf führt, der an den Deckel stößt. Sechs Überhänge der CDU könnten dann nicht mehr ausgeglichen werden, sechs Direktmandate – und zwar die nach Erstimmenanteilen schwächsten – würden so nicht zugeteilt.
Das „Retten“ von 33 überhängenden Direktmandaten der Union macht somit eine Vergrößerung des Bundestags um fast hundert Sitze nötig. Damit stellt sich die Frage, was die weniger „teure“ Variante wäre – weniger in finanzieller als in politischer Hinsicht. Denn als arbeitsfähige Größe hat sich der Bundestag selbst vor gut zwei Jahrzehnten die Zahl von 598 Mandaten verordnet (auch wenn es wegen unausgeglichener Überhänge schon vor der Reform von 2012 immer etwas mehr Abgeordnete waren). Nun würden 92 Parlamentarier über diese arbeitsfähige Größe hinaus einziehen. In allen Modellen, die einen Bundestag mit 598 Sitzen ermöglichen (und da gibt es einige), wäre der Preis dagegen das Fehlen von 33 Abgeordneten der Union – die dennoch größte Fraktion wäre.
Albert Funk
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