Aufstand gegen Viktor Orbán: Wachsam an der Donau
Der Budapester Bürgermeister Gergely Karácsony will Viktor Orbán bei den Parlamentswahlen 2022 als Ministerpräsident beerben. Ein Porträt.
Kein Thema, bei dem er sich nicht in Widerspruch zu Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán befinden würde. Man könnte die Haltung, die Budapests Bürgermeister Gergely Karácsony ihm und der Fidesz-Partei entgegenbringt, auch auf die Formel bringen, die er am vergangenen Freitag während eine Rede in Miskolc benutzte: „Vielleicht ist das Wichtigste, was wir über diese Regierung zu sagen haben, dass diese Leute böse sind und nur auf ihre eigenen Interessen achten.“
Das Wir, in dessen Namen der 46-jährige Soziologe spricht, umfasst neben seiner eigenen Partei Párbészed (Dialog), den ungarischen Grünen, einen Zusammenschluss von insgesamt sechs politisch heterogenen Oppositionsparteien, die Orbán bei den Parlamentswahlen 2022 stürzen wollen – mit ihm als Spitzenkandidaten.
Dieses Wir ist fragil, aber es hat, wie Israel zeigt, wo Ministerpräsident Netanjahu mit einer ähnlich abenteuerlichen Koalition aus dem Amt gedrängt wurde, durchaus Chancen. Denn das System Orbán basiert, so sehr es christlich-konservative Werte reklamiert, weniger auf ideologischen Übereinkünften als auf einem Nepotismus an der Grenze zur Kleptokratie. In dem Maß, in dem es nicht genügend Wähler und Wählerinnen zufriedenstellt, beginnt es zu wackeln.
Die Konfliktlinien liegen offen zutage. Der Streit um das Pädophilie-Gesetz, das Karácsony als homophob geißelt, offenbart dabei nur einen unmaßgeblichen, wenn auch symptomatischen Riss: Es ist der Versuch, einer Gesellschaft nach innen Halt zu verleihen, die sich von außen bedroht fühlen soll.
Größere Tragweite hat Orbáns Flirt mit Russland und China. Ersterer zeigt sich etwa im Beschluss, Ungarns einziges Kernkraftwerk in Paks mit Krediten der russischen Atomenergiebehörde Rosatom und veralteter Technik auszubauen – und das in einer nach jüngsten Studien besonders erdbebengefährdeten Gegend.
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Letzterer zeigt sich im Plan, der Schanghaier Eliteuniversität Fudan mit Steuergeldern für 1,5 Milliarden Euro in Budapest einen europäischen Campus zu errichten, der auch ungarischen Studierenden gegen hohe Gebühren offenstünde. Der Löwenanteil wird zwar durch chinesische Kredite finanziert. Mit der von Karácsony und den Einheimischen favorisierten Studentenstadt für 8000 junge Leute wäre es dann aber vorbei.
Auch zweifelt er an der versprochenen Unabhängigkeit von Lehre und Forschung. Wie es um sie steht, weiß Gergely – der Wachsame – Karácsony, seit Orbán die von George Soros mitfinanzierte Central European University nach Wien vertrieb.