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Der britische Verteidigungsminister Gavin Williamson
© Reuters/Andreas Gebert

Münchner Sicherheitskonferenz: Vorwürfe gegen Russland: "Rechtsbrüche und Abenteurertum"

Bei der Sicherheitskonferenz in München gehen Minister aus Nato-Ländern Russland hart an. Ein Bericht vom ersten Tag.

Bei der Bewertung Russlands benutzen Außen- und Verteidigungsminister von Nato-Staaten bei der Münchner Sicherheitskonferenz härtere Worte als in vergangenen Jahren und drohen mit harten Konsequenzen. Der britische Verteidigungsminister Gavin Williamson zählte „klare Rechtsbrüche“ von der Annexion der Krim über den Giftanschlag auf den Exilrussen Sergej Skripal in Großbritannien bis zur Aufstellung verbotener atomarer Mittelstreckenwaffen auf und forderte, Moskaus „gefährliches Abenteurertum“ müsse „einen hohen Preis“ haben.

„Wer ist unser Feind?“, fragte der republikanische US-Senator Lindsey Graham und gab Antworten, die sich auf Russland beziehen. „Antidemokratische Kräfte sind unser Feind.“ Als Beispiel nannte er das „Referendum auf der Krim unter Panzerkanonen“. Polens Außenminister Jacek Czaputowicz warf Russland ein feindliches Verhalten vor und dankte für „die Kampftruppen“, die die Nato als Rückversicherung gegen Russland in Polen stationiert habe. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen und der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian warfen Moskau ebenfalls den Bruch des INF-Abrüstungsvertrags vor. Er verbietet landgestützte atomare Mittelstreckenwaffen.

Mögen die Befürworter der harten Konfrontation gegen Russland noch so trommeln [...]. In Deutschland gibt es wenige Bürger, die sich begeistern lassen, (kalte) Krieger zu sein. Sie haben die Lektionen der deutschen Geschichte gelernt. Das macht mich froh.

schreibt NutzerIn 2010ff

Europas Sicherheit war Thema der Auftaktdebatten am Freitag. Von der Leyen, Graham und die kanadische Außenministerin Chrystia Freeland betonten, Russland habe die Nato mit seinem Verhalten wachgerüttelt. „Es brauchte Russlands Aggression gegen die Ukraine, damit wir umsteuern“, sagte von der Leyen. Seit 2014 sei der deutsche Verteidigungsetat um 36 Prozent gestiegen. Bis 2024 werde er auf 1,5 Prozent des BIP steigen. „Wir sind realistisch. Wir wissen, dass wir noch mehr tun müssen. Wir halten am Zwei-Prozent-Ziel fest, wie es in unserem Koalitionsvertrag vereinbart ist.“ In München wurde dies als Mahnung an die SPD verstanden. Freeland sagte, Russland habe Nordamerika daran erinnert, „dass wir nicht sicher sein können, wenn Europa nicht sicher ist“. Kanada führt die Nato-Truppen in Lettland. Graham spottete, die Nato habe ihre neue Stärke „auch Russland zu verdanken“.

Ischinger in der Farben der EU

Gastgeber Wolfgang Ischinger hatte die Konferenz in ungewöhnlichem Outfit eröffnet: in einem Kapuzenpulli in den Farben der EU mit dem gelben Sternenkranz. Er appellierte an Europa, seine Sicherheit verstärkt in die eigenen Hände zu nehmen. „Wir müssen selbst anpacken. Da ist niemand, der die Probleme für uns löst.“ Von der Leyen erkannte an, dass „Europa mehr in die Waagschale werfen muss“. Auch Deutschland müsse viele Haltungen ändern, damit Europa gemeinsam mehr Fähigkeiten zur Verfügung stellen könne. Man müsse zu einheitlichen Richtlinien für Rüstungsexporte kommen. „Wir Deutschen sollten nicht so tun, als seien wir moralischer als Frankreich“ oder den Menschenrechten mehr verpflichtet als Großbritannien. Le Drian sprach sich für „ein vollwertiges Europa“ innerhalb der Allianz aus.

Indirekte Kritik übte von der Leyen an den Friedensgesprächen der USA mit den Taliban in Afghanistan. Deutschland halte sich bei seinem Einsatz an das Prinzip „Gemeinsam rein, gemeinsam raus“. Dafür müsse man aber „gemeinsam entscheiden“. Der Frieden müsse „ein afghanischer Frieden“ sein. Und der werde nur halten, wenn die afghanische Regierung einbezogen werde.

Eine einmütige Haltung, wie die Nato auf den Bruch des INF-Vertrags durch Russland reagieren solle, zeichnet sich noch nicht ab. Von der Leyen riet von einer atomaren Nachrüstung wie vor 35Jahren ab. „Das Tit-for-Tat der 80er Jahre wird uns nicht weiterhelfen.“ Entscheidend sei aber, dass die Nato gemeinsam vorgehe. Williamson sagte hingegen, der Westen „muss alle Druckmöglichkeiten nutzen, um Russland zurück auf Linie zu bringen.“ Moskau „provoziert einen Rüstungswettlauf, den der Westen von sich aus eindeutig nicht anstrebt“.

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