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Immer wieder wird Chinas Hauptstadt Peking vom Smog heimgesucht.
© Reuters

Chinas Rolle bei der Klimakonferenz: Vom Sünder zum Retter

China hat große Ambitionen beim Klimaschutz - doch zugleich setzt das Land auch weiterhin auf die Kohle.

China packt jetzt die Gelegenheit beim Schopfe, als neuer internationaler Klimavorreiter aufzutreten und die Lücke zu füllen, die die USA mit ihrem Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen hinterlassen“, sagt Brigitte Knopf, Generalsekretärin beim Klima-Institut MCC. Während der 23.Weltklimakonferenz, die derzeit in Bonn stattfindet, sei zu erwarten, dass China sich mit der Europäischen Union (EU) verbündet und sich – zumindest verbal – für hohe Ambitionen beim Klimaschutz einsetzt. Laut Knopf spielt China diese Rolle seit den Klimaverhandlungen in Marrakesch 2016 ganz bewusst. In jenem Jahr saß China auch den G20 vor, dem Zusammenschluss der 20 stärksten Industrienationen. Dort setze es die Klimafinanzierung auf die Verhandlungsagenda. Beim G-20-Gipfel in Hamburg in diesem Jahr stellte sich die Volksrepublik in Klimafragen bewusst an die Seite Deutschlands und damit gegen die USA.

Die neue Klimaschutz-Offensive entspringt jedoch nicht erster Linie dem guten Willen der Kommunistischen Partei, sondern ist vor dem Hintergrund der eigenen Umweltprobleme zu bewerten. „In Schanghai gab es Tage, da konnten wir aufgrund des Smogs unsere Kinder nicht vor die Tür schicken“, berichtet Peter Hefele, der für die Konrad-Adenauer-Stiftung das Regionalprogramm Energiesicherheit leitet und der mittlerweile in Hongkong lebt. Die KP weiß, dass sie diese Missstände in den Griff bekommen muss. Dafür hat sie eine Reihe von Maßnahmen in die Wege geleitet.

„Der Staat gewährt beispielsweise gewaltige Zuschüsse für mehr Energieeffizienz“, weiß Hefele. Im Visier stehen vor allem energieintensive Industriebereiche wie die Branchen Stahl, Chemie und Zement. Kohlekraftwerke werden zunehmend mit Filtern ausgestattet. Haushalte sollen von Kohle auf Gas umstellen. Das Land setzt massiv auf erneuerbare Energien: Jede zweite Solarzelle der Welt soll derzeit in China verbaut werden. Von 2015 auf 2016 stieg die Strommenge aus Solarkraft um 72 Prozent, die aus Windkraft um 30 Prozent, geht aus einer Analyse hervor, zu deren Autoren die Nichtregierungsorganisation Germanwatch gehört. Ende des Jahres soll in China ein Emissionshandel eingeführt werden. Er wird in einigen Regionen schon getestet, um ein Versagen des Systems, wie es in Europa geschehen ist, zu vermeiden.

Von Chinas E-Autoförderung profitieren nur inländische Hersteller

China hat auch damit begonnen, eine Elektrofahrzeugindustrie aufzubauen, die es in sich hat. Bereits seit 2011 fördert die Regierung den Absatz von Elektroautos großzügig, allerdings profitieren davon nur inländische Hersteller. Die Regierung möchte ab 2019 zudem eine Quote für Elektroautos einführen. In China tätige etablierte Autohersteller müssen demnach zehn Prozent aller produzierten Autos als E-Fahrzeuge verkaufen, 2020 sollen es dann zwölf Prozent sein. 2018 soll das Gesetz zur Quote erlassen werden. Laut Jost Wübbeke, Leiter des Programms Wirtschaft und Technologie am Mercator Institut für Chinastudien, spielen Umweltgründe auch in Chinas E-Fahrzeug-Plänen nur eine sekundäre Rolle. „Industriepolitische Ziele stehen klar im Vordergrund.“ China habe in der Vergangenheit beim Verbrennungsmotor nicht mithalten können, jetzt würden neue Wege beschritten.

Energieeffizienz, CO2-Handel und E-Auto-Quote helfen China, den Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen nachzukommen. Dort hat das Land zugesagt, bis 2030 mindestens 20 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen zu erzeugen, ab 2030 sollen die CO2-Emissionen des Landes insgesamt sinken. „Die Frage ist aber, wie schnell der Umbau des fossilen Systems tatsächlich stattfindet“, gibt China-Kenner Hefele zu bedenken. Die schnell wachsende Mittelschicht Chinas will konsumieren, zu ihren Wünschen gehören nach wie vor auch Luxus-Pkw aus Europa. Das könnte die Klimabilanz verhageln. „Die Beiträge Chinas zum Klimaschutz sind doch relativ lasch, gemessen an seinem jährlichen Ausstoß an Treibhausgasemissionen“, sagt Klimaexpertin Knopf. China trägt jährlich knapp 30 Prozent zu den globalen Treibhausgasemissionen bei und ist damit weltgrößter Emittent. Bei den Pro-Kopf-Emissionen liegen allerdings die USA weit vorne.

Zweifel, ob China wirklich der neue Klimavorreiter ist, kommen beim Blick auf die Rolle der Kohle. Die chinesische Regierung hat zwar Ausbauprojekte mit über 300.000 Megawatt (MW) Gesamtkapazität gestrichen. Laut der Organisation Global Plant Tracker ist aber nach wie vor ein Ausbau in etwa der gleichen Größenordnung geplant. Kapazitäten von knapp 150.000 MW befinden sich bereits im Bau, könnten also in den nächsten Jahren ans Netz gehen. Gleichzeitig breitet sich die chinesische Kohleindustrie im Ausland aus. Chinesische Firmen planen Beteiligungen an Kohlekraftwerken und Kohle-Infrastruktur unter anderem in Ländern Afrikas und Südostasiens im Umfang von 60.000 MW.

Auf der Klimakonferenz wird nun auch genau zu beobachten sein, wie sich China in der sogenannten Like-Minded-Group verhält – der Gruppe der Entwicklungsländer. Diese besteht darauf, dass die Industriestaaten beim Klimaschutz vorlegen. China könnte sich dieser Forderung anschließen.

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