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Sahnetorten erfreuen sich als Mittel rabiater Kritik wachsender Beliebtheit.
© Hendrik Schmidt/dpa

Matthies meint: Vom Sinn und Unsinn der Sahnetorte

Der Tortenwurf auf Sahra Wagenknecht war eine Dummheit, der die Linken-Politikerin sogar noch gestärkt hat.

Der Begriff „Tortenwurf“ ist natürlich völlig falsch. Denn jemand, der eine Torte wirklich wirft, der riskiert damit nur, dass sie wirkungslos auf irgendwelchen Parteitagsunterlagen landet, die es sowieso nicht besser verdient haben. Nein: Der erfahrene Protestprofi nähert sich der Zielperson vorzugsweise in der Gestalt des Gratulanten, lässt sie das Backwerk betrachten und drückt dann nach einem kleinen Lupfer einfach stark zu. Quaaatsch!

Insofern scheint es sich beim Blitzangriff auf Sahra Wagenknecht am Sonnabend um einen Einzelfall gehandelt zu haben. Hier war einer am Werk, der sein Geschäft versteht. Aber worin besteht dieses Geschäft?

Wenn wir die Aktivisten richtig interpretieren, dann wollen sie damit erstens die Bösen als solche kenntlich machen und zweitens jene entlarven, die sich als Gute tarnen, aber fast ebenso böse und damit noch gefährlicher sind – Beatrix von Storch und Sahra Wagenknecht passen insofern beide ins Zielerfassungsradar; auch Alexander Gauland sollte in den nächsten Wochen skeptisch auf Unbekannte reagieren, die sich als Konditoren ausgeben.

Wenn wir noch ein wenig im Oberstübchen der offenbar durchweg linksaußen angesiedelten Aktivisten stöbern, stoßen wir auf die Absicht, das Opfer lächerlich zu machen. Sie verzichten freundlicherweise auf Steine, Rasierklingen und Messer, und sie legen viel Wert auf das medizinisch unversehrte, aber möglichst stark zugematschte Erscheinungsbild des Zielobjekts.

Russischer Zupfkuchen beispielsweise wäre zwar politisch interessant, aber nicht schmierig genug, ein Blech mit Apfelstreusel besser, aber zu unhandlich. Deshalb haben sich handliche runde Sahnetorten durchgesetzt, im Fall Wagenknecht offenbar Schoko-Sahne. Ängstliche Attentäter, die nicht wissen, ob die Zielperson allergisch oder zuckerkrank ist, arbeiten sogar mit Rasierschaum, der aber zu leicht weggeht.

Was haben diese beiden aktuellen Tortenwürfe bewirkt? Beatrix von Storch hat ein bisschen Häme abbekommen und macht wenig beeindruckt weiter. Sahra Wagenknecht hat auch ein bisschen Häme abbekommen und macht völlig unbeeindruckt weiter: Ihre Rede auf dem Magdeburger Parteitag wurde allgemein als stärkste der Veranstaltung gewürdigt. Es zeigt sich also, dass die Torte nicht nur im Sinne des Absenders nichts bewirkt, sondern die Zielperson – nach Reinigung – sogar gestärkt hat. Der Wurf war also eine doppelte Dummheit. Wie immer seit seiner Erfindung.

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