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Nicht fürs Leben lernen, sondern für den Bachelor.
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Debatte über Bachelor und Akademisierung: Vom Bachelor-Bashing

Viele Unternehmen sind unzufrieden mit den Bachelor-Abschlüssen. Der DIHK fordert gar eine Verknappung der Studienplätze. Doch Hochschulen sind Einrichtungen der Wissenschaft und keine Ausbildungsbetriebe. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Anja Kühne

Das schlimmste Übel im deutschen Bildungswesen? Es ist der Bachelor, da sind sich alle kulturkritischen Geister einig, ob links oder konservativ, ob Bildungsbürger oder Berufspraktiker. Die Studierenden haben zu wenig Praxis – wer ist schuld? Der Bachelor! Die Studierenden haben keine Humboldt’sche Bildung mehr – wer war’s? Der Bachelor!

Eric Schweitzer, der Präsident des DIHK, sorgt sich qua seines Amtes natürlich nicht um die Humboldt’sche Bildung der Bachelor-Absolventen. Die von dem DIHK befragten 2000 Unternehmen seien heute weit unzufriedener mit den Bachelors als noch vor vier Jahren, erklärt er. Grund sei, dass heute allzu viele studieren, die dafür nicht geeignet sind. Schweitzer fordert von der Politik, die Studienplätze zu verknappen, um der dualen Ausbildung ihre Azubis zu sichern.

Nun wird niemand bestreiten, dass es unter den über 8000 Bachelor-Studiengängen noch immer zahlreiche mit Reformbedarf gibt, auch solche, die wirtschaftsnah sind und sich darum noch besser mit der Wirtschaft abstimmen könnten. Allerdings muss der DIHK auch die Grenzen der Hochschulen wahrnehmen. Sie sind nun einmal Einrichtungen der Wissenschaft und keine Ausbildungsbetriebe – nicht einmal in Zeiten des verschulten, meist nur sechssemestrigen Bachelors, den die Politik als einen ersten „berufsbefähigenden Abschluss“ definiert hat. Die Sehnsucht mancher Unternehmen nach eierlegenden Wollmilchsäuen muss weiter unerfüllt bleiben.

Seit wann plädieren Unternehmer für staatliche Planwirtschaft?

Die Bachelors sind schlecht auf den Arbeitsmarkt vorbereitet, kritisiert Schweitzer. Doch es entsteht der Eindruck, der DIHK sei womöglich selbst schlecht auf den Arbeitsmarkt vorbereitet. Warum sollten die Unternehmer sonst die Politik zu Hilfe rufen? Sie möge Studienplätze abbauen, damit der dualen Ausbildung die jungen Leute nicht mehr weglaufen können, fordert Schweitzer. Aber seit wann plädieren Unternehmer für staatliche Planwirtschaft, anstatt sich selbstbewusst auf dem freien Markt zu behaupten? Konkurrenz belebt das Geschäft – was jeder Kaufmann weiß, soll nicht mehr gelten, weil das Studium gerade so unverschämt attraktiv ist?

Es gibt keinen Grund, der dualen Ausbildung den Nachwuchs durch Zwang zuzutreiben. Das hat sie nicht verdient. Im Gegensatz zum Bachelor gilt die duale Ausbildung unangefochten als Star des deutschen Bildungswesens. Das alleine hilft ihr natürlich nicht, wenn die deutsche Wirtschaft die Akademiker besonders schätzt. Die Arbeitslosigkeit unter Akademikern ist seit Jahrzehnten am niedrigsten, und die Unternehmen zahlen ihnen im Schnitt die höheren Gehälter. Andere Verbände als der DIHK sind denn auch strikt gegen eine Verknappung von Studienplätzen.

Stattdessen muss das duale System sich besser an die Wirklichkeit anpassen. Etwa ein Drittel der Schulabgänger, nämlich 260.000, suchte zuletzt vergeblich einen Ausbildungsplatz. Denn nur jeder fünfte Betrieb bildet aus. Und dann am liebsten Abiturienten.

Die Unternehmen könnten sich auch noch stärker dafür engagieren, das Erfolgsmodell der dualen Bildung auf die Hochschulwelt zu übertragen. Dort gibt es schon jetzt 1000 duale Studiengänge, in denen Betriebe und (Fach-)hochschulen eng miteinander kooperieren und damit einen wirklich praxisnahen Bachelor anstreben.

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