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Vier Musketiere für die Ukraine und ihren Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ganz rechts: die Ministerpräsidenten (von rechts nach links) Polens, Sloweniens und Tschechiens, Mateusz Morawiecki, Janez Jansa, Petr Fiala - und Polens Vizeregierungschef Jaroslaw Kaczynski in Kiew.
© UKRAINE PRESIDENCY/AFP

Drei EU-Ministerpräsidenten überraschend in Kiew: Völker der Welt, schaut auf diese Stadt

Wäre das denkbar: Im Wechsel sind zwei bis drei Regierungschefs der EU- und Nato-Staaten in Kiew als Schutzschild für die Regierung Selenskyj? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Die trauen sich was! Die Regierungschefs von drei EU- und Nato-Staaten fahren mit dem Zug nach Kiew, um Präsident Wolodymyr Selenskyj und allen 44 Millionen Ukrainern zu zeigen: Ihr seid nicht allein. Eure Freiheit ist auch unsere Freiheit.

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Es ist keine wohlfeile Beschwörung westlicher Werte aus sicherer Entfernung. Mateusz Morawiecki, Petr Fiala und Janez Janša setzen ein praktisches Beispiel und nehmen Gefahr für ihr Leben in Kauf.

Kiew ist eine Stadt unter Beschuss. Seit Tagen warnen Militärexperten, der russische Großangriff zur Schließung des Belagerungsrings könne jederzeit beginnen.

Noch sind die Eisenbahnlinien und Straßen nach Süden auf beiden Ufern des Dnepr offen. Gibt es jenseits des Militärischen Wege, die Einkesselung aufzuhalten?

Das Beispiel friedlicher Solidarität weitet die Vorstellungskraft

Die Reaktionen auf die Solidaritätsreise sind unterschiedlich. Für die einen illustriert sie nur wieder die Meinungsdifferenzen in EU und Nato. Für andere gibt sie Hoffnung und erweitert die Vorstellungskraft: Kann der Westen den Angreifern mit unkonventionellen Methoden begegnen und Putin überraschen?

Polen und seine Nachbarn fordern mehr Militärhilfe für die Ukraine, am besten eine Flugverbotszone über dem Westteil des Landes; die Nato soll sie durchsetzen. Deutschland und andere lehnen das ab; sie fürchten, eine direkte Konfrontation mit Russland könne außer Kontrolle geraten.

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Doch nun ist dieses zivile Exempel friedlicher Solidarität in der Welt. Lässt es sich zu einer Kettenreaktion ausbauen? Die mehr als 30 Staaten, die der EU oder der Nato angehören, könnten sich absprechen, ständig wären zwei oder drei Regierungschefs in Kiew, die dann von der nächsten Stafette abgelöst werden.

Die Berliner Luftbrücke galt anfangs auch als realitätsfern

Das wäre ein menschlicher Schutzschild aus höchsten Vertretern der westlichen Demokratien für die demokratisch gewählte Regierung der Ukraine. Repräsentanten der großen Religionen könnten sich anschließen. Würde Putin es wagen, sie zu beschießen?

Es klingt wie eine Fantasie fern der Kriegsrealität. Nicht praktikabel. Aber das haben auch viele gesagt, als die Sowjets versuchten, den Westteil Berlins mit Ultimaten und Blockaden der Zufahrtswege zur Kapitulation zu zwingen.

„Völker der Welt, schaut auf diese Stadt!“ Auf den Appell des Regierenden Bürgermeisters Ernst Reuter folgte die Luftbrücke. Berlin blieb frei.

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