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Vizekanzler Habeck spricht von einer "Zäsur".
© Michele Tantussi/dpa

Russische Invasion in der Ukraine: Vizekanzler Habeck räumt Naivität gegenüber Putin ein

Vizekanzler Robert Habeck äußert sich erschüttert über den Krieg in der Ukraine. Für die Energie-Versorgungssicherheit will er nun Gas und Kohle einkaufen.

Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hat sich erschüttert über die russische Invasion in der Ukraine geäußert. "Das, was wir heute erleben, ist ein tiefer Einschnitt, eine Zäsur in die deutsche, europäische und transatlantische Politik", sagte Habeck im ZDF.

Ein Angriffskrieg auf die Ukraine sei "etwas, was wir seit Jahrzehnten in Europa nicht gesehen haben."

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Man könne jedoch nicht akzeptieren, dass sich Europa "waffenstarrend" in zwei Lager gegenübertrete. Ziel müsse es sein, die Ukraine wieder zu einem freien, eigenständigen und souveränen Staat werden zu lassen, sowie auf "normale Beziehungen mit Russland" hinzuarbeiten.

Der Wirtschaftsminister äußerte sich jedoch skeptisch, dass dies schnell gelingen werde. "Die Sanktionsdrohung, das Normandie-Format und die Diplomatie haben Putin erkennbar nicht vom Angriff abgehalten." Daher würden neue Sanktionen den russischen Präsidenten Wladimir Putin jetzt wohl auch nicht kurzfristig vom Krieg abhalten, sagte Habeck.

"Mittel- und kurzfristig sehe ich nicht, dass Nord Stream 2 ans Netz gehen kann"

Man habe Putin falsch eingeschätzt, räumte Habeck ein: "Rückblickend muss man sagen, wenn man sich die Schriften von Putin aus dem letzten Sommer anschaut, wenn man die Wortbeiträge zusammenschneidet, dass der Westen, Europa, Deutschland zu naiv waren."

Der Vizekanzler kündigte eine schnelle Reaktion des Westens an: "Wir werden sehr schnell sehen, dass wir gemeinsam Wirtschaftssanktionen verhängen", sagte Habeck mit Blick auf die Reaktion der EU und der USA. Habeck formulierte die Hoffnung, dass die Sanktionen mittel- und langfristig ihre Wirkung entfalten und die russische Wirtschaft treffen würden.

Die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2, deren Zertifizierung sein Ministerium am Dienstag gestoppt hatte, wollte Habeck jedoch noch nicht endgültig stoppen. "Mittel- und kurzfristig sehe ich nicht, dass Nord Stream 2 ans Netz gehen kann."

Der 52-Jährige prognostizierte, kurzfristig würden sich die Rohöl- und Gas-Preise erhöhen. Die nächsten Stunden werde es sicher Ausschläge geben, sagte Habeck: "Aber schon mittelfristig haben wir gute Chancen, dass wir den Preisanstieg durch den Krieg wieder dämpfen können. Die Versorgungssicherheit für Deutschland zu gewährleisten ist jetzt meine oberste Aufgabe." Dies sei auch ohne Gas-Lieferungen aus Russland möglich.

"Russland hat die Preise nach oben getrieben"

So klar wie noch nie machte der Wirtschaftsminister zudem Russland für die stark gestiegenen Gas-Preise verantwortlich: "Russland hat die Preise nach oben getrieben." Die deutschen Gasspeicher, die sich in der Hand des russischen Staatskonzerns "Gazprom" befinden, seien "systematisch" entleert worden.

Zudem habe Russland keine neuen Angebote auf den Gasmarkt gebracht, obwohl das möglich gewesen wäre. "Die hohen Preise, die wir in Deutschland und Europa zu bezahlen haben, sind strategisch herbeigeführt durch Russland."

Habeck kündigte an, die Energieimporte schon kurzfristig diversifizieren zu wollen. "Wir werden Gas, aber auch Kohle verstärkt aus anderen Ländern einkaufen müssen." Deutschland könne nicht länger von einem Land abhängig sein, das "offensichtlich Völkerrecht nicht mehr achtet" und seine Interessen gegen seine Nachbarn einsetze.

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