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Bundeskanzler Olaf Scholz.
© imago images/Chris Emil Janßen
Update

Kanzler Scholz zeigt sich überzeugt: „Putin wird nicht gewinnen“

Bundeskanzler Scholz hat sich in einer Fernsehansprache geäußert. Er betonte, Putin solle die Geschlossenheit der Nato nicht unterschätzen.

In einer Fernsehansprache hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den russischen Präsidenten Putin dazu aufgerufen, die Waffen niederzulegen. Er erklärte, der russische Präsident versuche mit den Angriffen die Zeit zurückzudrehen. Scholz aber betonte: "Es gibt kein Zurück in die Zeit des Kalten Kriegs, als Supermächte die Welt unter sich aufteilten". Der Kanzler appellierte an Putin, er solle die Kampfhandlungen unverzüglich einstellen und die Völkerrechtsverletzung widerrufen.

Weiter sagte Scholz, man müsse jetzt dafür sorgen, dass der Konflikt sich nicht weitere Länder Europas ausweite. "Deutschland und seine Verbündeten wissen sich zu schützen", betonte Scholz. Putin solle die "Entschlossenheit der Nato nicht unterschätzen". Darin liege seine Stärke. "Putin wird nicht gewinnen", sagte Scholz weiter. "Europas Zukunft wird eine Zukunft in Frieden und Freiheit sein. Dafür werden wir sorgen."

Bereits am Donnerstagmittag hatte Scholz gesagt: „Putin bringt Leid und Zerstörung über seine direkten Nachbarn. Er stellt die Friedensordnung unseres Kontinents infrage." Zudem gefährde er das Leben unzähliger Unschuldiger. „Für all das gibt es keine Rechtfertigung. Das ist Putins Krieg“, sagte Scholz. Er habe dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat Deutschlands volle Solidarität ausgesprochen.

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Putin habe einen großen Fehler begangen. Es gehe nun darum, der russischen Regierung klarzumachen: „Für diese Aggression zahlt sie einen hohen Preis.“

Scholz berief am Donnerstag das Sicherheitskabinett der Bundesregierung ein. Das Gremium wird vom Bundeskanzler einberufen, wenn Fragen der inneren oder äußeren Sicherheit zu besprechen sind. Dazu gehören auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) sowie Vertreter der Sicherheitsbehörden. Der Kanzler kündigte außerdem an, am Sonntag in einer Sondersitzung des Bundestags eine Regierungserklärung „zur aktuellen Lage“ halten.

Bereits zuvor hatte Scholz den Angriff Russlands auf die Ukraine „auf das Schärfste“ verurteilt. Er sei „ein eklatanter Bruch des Völkerrechts“ und „durch nichts zu rechtfertigen ist“, erklärte Scholz am Donnerstagmorgen. Scholz sprach von einem „rücksichtslosen Akt“ Putins. „Dies ist ein furchtbarer Tag für die Ukraine und ein dunkler Tag für Europa“, erklärte er. „Unsere Solidarität gilt der Ukraine und ihren Menschen.“

Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat den russischen Angriff auf die Ukraine verurteilt. "Wir sind heute in einer anderen Welt aufgewacht", sagte Baerbock. Der russische Präsident Wladimir Putin habe "seinen Drohungen schreckliche Taten folgen lassen". Russland habe diesen Weg gewählt.

"Ukrainer haben nichts getan, das dieses Blutvergießen rechtfertigt", sagte Baerbock. Dieser Krieg solle den Traum der Ukraine auf Recht auf Demokratie, Frieden und bessere Zukunft ohne Unterdrückung zerstören. "Präsident Putin, diesen Traum werden sie niemals zerstören können", sagte Baerbock.

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Auch in Russland würden sich Menschen dafür schämen, so die Außenministerin Baerbock. "Wir sind fassungslos, aber nicht hilflos." Sie wiederholte auch die Aufforderung an alle deutschen Staatsbürger, die Ukraine "unverzüglich" zu verlassen.

Baerbock kündigte schärfste Sanktionen gegen Russland an. „Wir werden das volle Paket mit massivsten Sanktionen gegen Russland auf den Weg bringen“, sagte sie. Dazu werde sich Deutschland international mit der Europäischen Union, der Nato sowie den stärksten Wirtschaftsmächten im G7-Format abstimmen.

Zuvor hatte Baerbock den russischen Überfall auf die Ukraine bereits als „Tag der Schande" verurteilt. „Mit dem Angriff auf die Ukraine bricht Russland mit den elementarsten Regeln der internationalen Ordnung", sagte Baerbock nach Angaben des Auswärtigen Amts am Donnerstagmorgen in Berlin.

Bundesinnenministerin Faeser (SPD) ist mit der polnischen Regierung und der EU-Kommission zu möglichen Fluchtbewegungen in engem Austausch. Das teilte sie am Donnerstag via Twitter mit. „Die EU-Koordinations- und Unterstützungsmechanismen für humanitäre Hilfe sind bereits angelaufen, damit Hilfe für die Nachbarstaaten der Ukraine sehr schnell erfolgt.“

Noch gebe es aber keine großen Fluchtbewegungen, sagte Faeser. Sie bietet aber bereits Unterstützung und unbürokratische Hilfe an. „Wir gehen erst von Flucht und Vertreibung innerhalb der Ukraine aus“, sagte Faeser am Donnerstagnachmittag.

Ein Vertreter der polnischen Regierung habe ihr am Vormittag mitgeteilt, dass noch keine große Zahl von Flüchtlingen angekommen sei. Bislang habe das Nachbarland auch keine zusätzliche Unterstützungsleistungen aus Deutschland abgerufen. Sie habe medizinische Hilfe und Leistungen des THW angeboten, so die Ministerin.

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat als Konsequenz aus dem russischen Angriff weitere Maßnahmen Deutschlands zur Stärkung der Nato-Ostflanke angekündigt. Sie gehe fest davon aus, dass der Nato-Oberbefehlshaber für Europa an Deutschland weitere Anforderungen stellen werde, um die Ostflanke des Bündnisses zu verstärken, sagte Lambrecht am Donnerstag nach einer Sitzung des Verteidigungsausschusses des Bundestags in Berlin. „Wir werden diesen Anforderungen dann auch nachkommen.“

Die Bundesregierung bereite sich schon jetzt auf die Anfrage vor, damit diese dann schnellstmöglich umgesetzt werden könne, sagte Lambrecht. „Das ist ein wichtiges Signal. Die Allianz darf und muss nicht nur in Worten geschlossen sein, sondern dann auch in Taten.“

Bundestagespräsidentin Bärbel Bas (SPD) hat den Angriff auf die Ukraine als „völlig inakzeptabel“ bezeichnet. „Der 24. Februar 2022 wird als ein schwarzer Tag in die Geschichte Europas und der gesamten zivilisierten Welt eingehen“, schrieb Bas in einem Brief an den ukrainischen Parlamentspräsidenten Ruslan Stefanchuk.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat den Angriff Russlands auf die Ukraine als „schamlosen Bruch des Völkerrechts" verurteilt. „Dieser Tag ist eine Zäsur für Europa und die Welt", erklärte der Vize-Kanzler laut seinem Ministerium am Donnerstag.

Am Nachmittag sagte Habeck, dass die Bundesregierung allerdings weiterhin keine Waffen an die Ukraine liefern werde. Er kündigte aber ein „scharfes Sanktionspaket“ der Europäischen Union und der USA an, das die russische Wirtschaft abkoppeln werde vom industriellen Geschehen, das Vermögens- und Finanzwerte attackieren und einfrieren sowie den Zugang zu europäischen und amerikanischen Märkten deutlich beschränken werde.

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Auch der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil hat sich weiterhin zurückhaltend zu möglichen Waffenlieferungen an Kiew geäußert. „Wir bewerten eine Situation jetzt neu“, sagte Klingbeil am Donnerstag am Rande einer Sitzung des Verteidigungsausschusses des Bundestags in Berlin. Man sei in engem Austausch mit der ukrainischen Regierung. Er wolle Entscheidungen der Bundesregierung nicht vorwegnehmen.

Man suche nach Lösungen, um dem Land zu helfen, sagte Klingbeil. Angesichts der großen Sorgen der osteuropäischen Bündnispartner in der Nato sei es wichtig, „dass wir eng an ihrer Seite stehen“. Man müsse auch bereit sein, weitere Schritte zur Stärkung der Ostflanke des Bündnisses zu gehen.

Es sei richtig gewesen, dass man bis zuletzt eine diplomatische Lösung gesucht habe, so der SPD-Chef. „Aber wir mussten jetzt in den letzten Stunden sehen, dass Wladimir Putin die ausgestreckte Hand knallhart weggeschlagen hat.“ Putin nehme in Kauf, dass viele Menschen mitten in Europa sterben.

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FDP-Chef Christian Lindner hat angekündigt, dass der Kreml „harte Sanktionen erfahren“ werde. Wladimir Putin habe Grenzen überschritten. „Er hat sich als Lügner entlarvt. Darunter leidet das russische Volk“, sagte Lindner der Deutschen Presse-Agentur. Er schließe nicht aus, dass die aktuelle Krise auch grundlegende Auswirkungen auf die deutsche Innenpolitik haben könne, fügt der FDP-Chef hinzu.

CDU-Chef Friedrich Merz hat dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vorgeworfen, mit seinem Angriff auf die Ukraine Krieg gegen die Demokratie zu führen.

„Es ist Krieg in Europa. Es ist nicht nur ein Krieg gegen die Ukraine, sondern es ist ein Krieg gegen die Demokratie, gegen unsere Freiheit“, sagte Merz, der auch Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag ist, am Donnerstag im ZDF-„Morgenmagazin“. Dass die Nato Putin bedrohe, sei „ein Popanz der russischen Propaganda schon seit vielen Wochen und Monaten“. Die Nato bedrohe niemanden.

Putin fühle sich vielmehr bedroht durch die Demokratiebewegung in der Ukraine und in Belarus, sagte Merz. Die Verschärfung der Tonlage habe begonnen, als es monatelange Proteste gegen die gefälschten Wahlen in Belarus gegeben habe. Putin habe große Angst davor, dass sein politisches System in Russland und sein Umfeld bedroht würden durch die Freiheits- und Demokratiebewegungen in seiner Nachbarschaft. Gegen diese führe er jetzt Krieg, sagte Merz.

CSU-Chef Markus Söder hat dazu aufgerufen, die östlichen Nato-Grenzen ausreichend abzusichern. Man müsse jetzt der Ukraine „Beistand“ leisten, sagte Söder am Donnerstag bei einem Besuch in Wien.

Das Wichtigste sei jetzt, dass der Westen geschlossen agiere und man in Deutschland geschlossen hinter der Bundesregierung stehe, sagte Söder. Wichtig sei zudem, „jetzt unsere Sicherheit zu garantieren, den Nato-Bereich abzusichern“, und noch einmal klarzumachen, dass Russlands Verhalten in „keinster Weise“ zu akzeptieren sei.

„Wir müssen uns überlegen, auch die europäische Verteidigungsbereitschaft insgesamt zu erhöhen.“ Und man müsse mit den USA absprechen, dass jetzt insgesamt „an der Nato-Grenze (...) genügend Truppen stationiert sind, um die Sicherheit zu gewährleisten“.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat den russischen Angriff auf die Ukraine scharf verurteilt und Moskau aufgefordert, sofort die Waffen ruhen zu lassen. „Es handelt sich hier um einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg. Der russische Präsident ist ein Kriegsverbrecher“, erklärte Mützenich am Donnerstag. „Präsident Putin und die russische Führung werden dafür einen hohen Preis bezahlen“, kündigte Mützenich an.

Mützenich sagte, er befürchte, dass sich ein neuer „Eiserner Vorhang“ über Europa senken werde. „Dies ist das Ende einer europäischen Sicherheitsordnung, die wir nach dem Ende des Kalten Krieges schaffen wollten.“ Nötig sei nun eine entschlossene und abgestimmte Reaktion des Westens und weitere schwerwiegende Sanktionen. Russland habe sein Vetorecht im UN-Sicherheitsrat moralisch und politisch verwirkt.

Auch die Linkspartei verurteilt die Bombenangriffe und den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine als eine neue Stufe der Aggression durch Putin. „Dieser völkerrechtswidrige Angriffskrieg ist durch nichts zu rechtfertigen“, schrieb Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Linkenfraktion im Bundestag, via Twitter.

Die Fraktionschefs der AfD im Bundestag, Alice Weidel und Tino Chrupalla, sagten, dass der russische Angriff durch nichts gerechtfertigt sei. „Russland muss die Kampfhandlungen umgehend einstellen und seine Truppen aus der Ukraine zurückziehen“, so Weidel und Chrupalla, der auch Parteichef ist. Die Lösung zwischenstaatlicher Konflikte könne nur am Verhandlungstisch erfolgen, hieß es in der gemeinsamen Mitteilung.

„In den Gesprächen müssen dem russischen Partner endlich glaubwürdige Angebote gemacht werden, die das gegenseitige Vertrauen wieder stärken.“ Der Bundesregierung sicherte die Fraktion „bei allen Versuchen, gemeinsam mit unseren Verbündeten eine friedliche Lösung des Konflikts herbeizuführen“ ihre Unterstützung zu.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will als Reaktion auf den russischen Angriff den Zugang russischer Banken zu den europäischen Finanzmärkten stoppen. Zudem sollen russische Vermögenswerte in der EU eingefroren werden, und wichtigen Sektoren der russischen Wirtschaft soll der Zugang zu Schlüsseltechnologien und Märkten verwehrt werden.

Putin hatte in der Nacht zum Donnerstag erklärt, er habe die Entscheidung für eine „Militäroperation“ in der Ukraine getroffen. In der ukrainischen Hauptstadt Kiew und anderen Städten waren kurz danach Explosionen zu hören gewesen. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba erklärte, Russland habe eine „groß angelegte Invasion“ der Ukraine gestartet. (mit Agenturen)

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