Mord an Boris Nemzow: Viele Russen zweifeln an offizieller Version zum Tathergang
Ein Mord und viele Fragen: Selbst in Russland glauben viele nicht daran, dass der Oppositionspolitiker Boris Nemzow von Islamisten erschossen wurde.
Beobachter zweifeln an einer schnellen Aufklärung des Mordes an Oppositionsführer Boris Nemzow in Russland. Viele sind der Meinung, dass die russische Version des Tathergangs mehr Fragen aufwerfe, als sie Antworten liefere. So hat jetzt auch ein Freund Nemzows die Vermutungen über einen islamistischen Hintergrund des Attentats zurückgewiesen. Die Theorie, dass Nemzow von radikalen Islamisten erschossen worden sei, sei „mehr als absurd“, sagte der Oppositionspolitiker Ilja Jaschin.
Seiner Meinung nach folgen die Behörden mit ihren Ermittlungen zu islamistischen Motiven einer „politischen Anweisung aus dem Kreml“. Jaschin ist ein enger Vertrauter von Nemzow gewesen, beide gründeten zusammen die Solidarnost-Bewegung. Der 55-jährige Nemzow war am 27. Februar auf einer Brücke vor den Mauern des Kreml im Zentrum Moskaus erschossen worden. Die Ermordung löste in Russland und weltweit Bestürzung aus. Der frühere Vize-Ministerpräsident war einer der prominentesten Widersacher von Staatschef Wladimir Putin.
Die russischen Behörden hatten am Wochenende fünf Verdächtige festgenommen. Der Tschetschene Saur Dadajew gestand nach Justizangaben eine Beteiligung an der Tat. Er und ein weiterer Tschetschene wurden wegen Mordes angeklagt und ebenso wie die drei weiteren Verdächtigen in Untersuchungshaft genommen.
Nach Angaben des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow hatte sich Dadajew über die Mohammed-Karikaturen in „Charlie Hebdo“ und über „Äußerungen zur Unterstützung des weiteren Abdrucks der Karikaturen“ geärgert. Jaschin hält das für unwahrscheinlich. Nemzow habe „nie negativ über den Islam gesprochen“ und lediglich den Anschlag auf die Redaktionsräume in Paris im Januar verurteilt. Jaschin fordert, Wladimir Putin als Zeugen zu vernehmen.
Wer sind die Hintermänner?
Aber selbst viele russische Medien sehen die Spur Richtung Tschetschenien kritisch. Sie sage nichts zu Hintermännern und Organisatoren aus, heißt es. Nemzow habe sich den Zorn des Kremls zugezogen, weil er die Kontakte zu Beamten in Schlüsselstellungen aus seiner Zeit als Vizepremier nutze, um den Westen mit Informationen zu verwundbaren Stellen Russlands zu versorgen, sagte zum Beispiel der kritische Journalist Orhan Dschemal bei Radio Echo Moskwy.
„Kafkascentr“, ein Online-Portal tschetschenischer Separatisten, auf das User in Russland derzeit keinen Zugriff haben, behauptet, Sergei Iwanow, der Chef der Kremladministration und einer der inoffiziellen Wortführer in Putins Umgebung, habe der Mordplan ausgeheckt und dessen Erfüllung von Tschetschenen-Präsident Kadyrow als Loyalitätsbeweis verlangt. Kadyrow, glaubt dagegen der Politikwissenschaftler Dmitri Oreschkin, handle zunehmend eigenmächtig. Wladimir Putin habe sowohl die Entwicklungen in Tschetschenien als auch die Handlungen der russischen Eliten nur noch bedingt unter Kontrolle. Vielmehr gebe es Kräfte, die die mit dem Westen in Minsk getroffenen Vereinbarungen zur Ukraine-Krise torpedieren wollten. (mit AFP)
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität