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Die Gerichtskosten für das Bamf verdoppelten sich fast.
© Michael Reichel/dpa

Asylanträge in Deutschland: Viele Flüchtlinge klagen gegen Asylbescheid - mit Erfolg

Die Zahl der Einsprüche gegen Asylentscheidungen des Bundesamts für Migration und Flucht nehmen deutlich zu. Dadurch steigen auch die Kosten.

Immer mehr Flüchtlinge klagen gegen ihren Asylbescheid und sind damit erfolgreich. Wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) auf Anfrage des NDR mitteilte, wurden von Januar bis Ende Juli 2017 insgesamt knapp 445.000 Entscheidungen getroffen. Im gleichen Zeitraum zogen in rund 220.000 Fällen Asylsuchende vor Gericht. 2016 hatte das Verhältnis noch bei vier zu eins gelegen. Zudem stieg die Zahl der positiven Urteile: Im ersten Halbjahr 2017 gaben deutschen Gerichte mehr als jedem vierten Kläger recht. Im gesamten Vorjahr sei dies nur bei etwas mehr als jedem zehnten Kläger der Fall gewesen.
Das Bamf kosteten die Klagen gegen die Asylentscheidungen in diesem Jahr fast 20 Millionen Euro. Somit haben sich die Ausgaben für Asylklagen im Vergleich zum Vorjahr nahezu verdoppelt, wie NDR Info berichtete. Für Burkhard Lange, Sprecher des Verwaltungsgerichts Hannover, birgt die hohe Anzahl der bearbeiteten Fälle auch ein hohes Fehlerrisiko. Häufig entscheiden nach seiner Einschätzung Formfehler über den Ausgang eines Verfahrens. „Mit dem hohen Output der Entscheidungen hat die Bearbeitungssorgfalt beim Bamf etwas nachgelassen“, sagte er. Das Bundesinnenministerium bezeichnete den Anstieg der Entscheidungszahlen als „nicht überraschend“ und „absehbar“.

Deutschland bearbeitet mehr Asylanträge als die ganze EU zusammen

Nach Angaben des EU-Statistikamtes Eurostat hat Deutschland zwischen Januar und Anfang Juli zudem mehr Asylentscheidungen getroffen als in den übrigen 27 EU-Staaten zusammen. Demnach standen im ersten Halbjahr 2017 den 357.625 in Deutschland getroffenen Entscheidungen insgesamt 199.405 Entscheidungen in den übrigen 27 EU-Staaten gegenüber. Nach Deutschland sind laut Eurostat mit einigem Abstand am meisten Erstanträge in Frankreich gestellt worden. Von den rund 50.400 Anträgen wurden dort allerdings nur 16.600 bewilligt, wie die EU-Statistik zeigte.

Ähnlich sieht es für Italien, Österreich und Schweden aus. Kleinere Staaten vor allem in Osteuropa registrierten laut Eurostat nur eine geringe Anzahl von Asylanträgen. In Kroatien seien 245, in der Slowakei 60 und Slowenien 150 Anträge gestellt worden. Das Schlusslicht in der EU bilde das Fürstentum Liechtenstein, das im ersten Halbjahr des laufenden Jahres 15 Asylbewerber gezählt habe.

Fälle von Kirchenasyl steigt

In Deutschland beantragen immer mehr Flüchtlinge inzwischen nicht mehr nur beim Bamf Asyl, sondern auch bei den Kirchen im Land. Wie eine Sprecherin des Amtes am Montag in Nürnberg mitteilte, sind in diesem Jahr von Mai bis September 679 Fälle von Kirchenasyl gezählt worden. Im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres wurden dem Bundesamt 389 Fälle gemeldet. Meistens geht es um sogenannte Dublin-Fälle, in denen Deutschland eigentlich nicht für das Asylverfahren zuständig ist, sondern der Staat, in dem der Asylbewerber erstmals in die EU eingereist ist. Zuerst hatten die Zeitungen der Funke Mediengruppe über den Anstieg beim Kirchenasyl berichtet. Auf der Innenministerkonferenz (IMK) in dieser Woche in Leipzig wollen die Länderminister über das Thema diskutieren. Bereits vorab übte der parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter Krings (CDU), Kritik an den Kirchen: „Das Kirchenasyl hebelt europäische rechtsstaatliche Verfahren zunehmend aus, indem Kirchen viele Menschen vor der Abschiebung aus Deutschland schützen, die beispielsweise in den Niederlanden oder Spanien Asyl beantragen müssen“, sagte er den Funke-Zeitungen. In den vergangenen Jahren sei der Schutz vor staatlichem Zugriff durch viele Kirchen missbraucht worden. Tsp/epd/AFP

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