Klagen bei Asylverfahren: Berliner Koalition will mehr Unterstützung vom Bamf
Die Asylwelle ist beim Berliner Verwaltungsgericht angekommen und der Justizsenator beschwert sich über das Bamf. Dessen Vertreter wissen zu kontern.
Das ging schief, könnte man sagen. Schon die Einladung zu der Pressekonferenz war merkwürdig: Drei Senatoren wollten sich gemeinsam über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) beklagen. Das stand da zwar nicht wörtlich, ging aber recht klar aus dem Einladungstext hervor.
Keine Unterstützung vom Bamf
Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) fing an. Das Verwaltungsgericht bearbeite derzeit 13000 Asylverfahren und sei dabei auf die Unterstützung des Bamf angewiesen. Diese bleibe aber aus, da regelmäßig vom Bamf keine Prozessvertreter ans Verwaltungsgericht geschickt würden und auch niemand für Rückfragen erreichbar sei. Dadurch würden sich die Verfahren erheblich verlängern.
„Es tut gestandenen Richtern in der Seele weh, wenn sie eine Verwaltung kontrollieren sollen, die sich verweigert“, sagte Behrendt. Das alles sei „weit von dem entfernt, was wir uns vom Rechtsstaat wünschen“. Das Verwaltungsgericht sei schon personell von 93 auf derzeit 113 Richter aufgestockt worden. Weitere 16 sollen mit dem nächsten Doppelhaushalt dazukommen.
Auch finanzielle Probleme bei Verzögerung
Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) und Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) sekundierten. Auch kostenmäßig gerate das Land jetzt in eine Schieflage, sagte Kollatz-Ahnen. Pro Flüchtling und Monat habe die Stadt etwa 1200 Euro aufzubringen, und wenn nun alles länger dauere, dann koste es auch mehr.
Der Kompromiss, der mit dem Bund im Jahr 2015 ausgehandelt wurde, umfasste nur eine Beteiligung des Bundes an den Kosten pro Flüchtling und Monat für die Dauer des Asylverfahrens und im Fall einer Ablehnung für einen weiteren Monat. Das reiche nicht aus. Eine Verfahrensverzögerung von drei Monaten koste pro 10.000 Personen rund 35 Millionen Euro.
Sozialsenatorin Elke Breitenbach beklagte, dass nicht ausreichend Beratungstätigkeit durch das Bamf erfolge, wodurch auch potentielle weitere Kläger erzeugt würden.
Das Bamf war mit vier Herren zu der Pressekonferenz erschienen; sie wiesen die Vorwürfe zurück. Tatsächlich kämen Vertreter des Amtes meist nur bei Verfahren von grundsätzlicher Bedeutung in der Regel zum Oberverwaltungsgericht (OVG) als nächsthöherer Instanz, sagte der Leiter der Berliner Außenstelle des Bamf, Wolfgang Meier. Es gebe aber eine Telefonliste, die regelmäßig an das Gericht geschickt werde, und in der mit Namen und Telefonnummer die richtigen Ansprechpartner aufgeführt seien.
Verwaltungsgericht arbeitet noch mit Papier und Akten
Behrendt blieb allerdings dabei, dass die Erreichbarkeit nicht klappe. Das Bamf blieb dabei, dass es auf seine Präsenz nicht ankomme und dass es natürlich immer jemanden schicke, wenn dies sinnvoll erscheine oder vom Gericht gewünscht werde. Einen Grund für die schleppende Bearbeitung sieht das Bamf auch in der umständlichen Aktenbearbeitung im Verwaltungsgericht.
„Bei uns ist alles digital“, schilderte Abteilungsleiter Andreas Jödecke. „Aber die Antwort vom Gericht kommt immer mit der Schneckenpost, wird dann gescannt und kommt in die Akte.“ Während das Verwaltungsgericht Hamburg, das voll digitalisiert sei, im vergangenen Monat 307 Verfahren entschied, seien es in Berlin nur 62 gewesen, sagte Jödecke. Dort könne man demnach auch ohne Bamf-Vertreter Verfahren erledigen.
Widersprüchliche Zahlen von beiden Seiten
Die Zahl wies das Berliner Verwaltungsgericht jedoch sofort zurück. Es seien im ersten Halbjahr dieses Jahres 4339 Asylsachen erledigt worden, bei einer Gesamterledigungszahl von über 9000 Verfahren.
Im gesamten Vorjahr waren es 3539 erledigte Asylsachen bei 14 901 Erledigungen. Das zeigt vor allem: Die Asylwelle ist beim Gericht angekommen, der Anteil der Asylverfahren am Gesamtaufkommen liegt jetzt schon bei fast der Hälfte. Auch weitere Zahlen der beiden Seiten widersprachen einander.
Im Ergebnis erschienen die Vorwürfe des Senats am Ende der Pressekonferenz in einem anderen Licht, was den Senatsmitgliedern nicht gefiel. Auf die Idee, im Sinne eines echten Interesses an Sachaufklärung einen Bamf-Vertreter mit nach vorne zu bitten, ist niemand gekommen. Als Presse konnte man sich durchaus instrumentalisiert fühlen.
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