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Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, spricht mit Journalisten, nachdem er seine Stimme abgegeben hat.
© Odd ANDERSEN / AFP

Landtagswahl in Brandenburg: Verschnaufen gibt's für die SPD jetzt nicht

Die SPD ist knapp davon gekommen, aber ausruhen kann sie sich nicht: Jetzt muss larifari-freie Politik her, denn die AfD wird nicht lockerlassen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

30 Jahre nach 1989, und das ist die Lage: Die seit der Wende in Brandenburg regierenden Sozialdemokraten haben weiter verloren. Mit jeder Wahl wird es weniger. Selbst wenn sie jetzt noch einmal davongekommen und stärkste Kraft geblieben sind, als Signal gegen die starke AfD. Auch hier liegt ein Grund für die höhere Wahlbeteiligung. Dennoch: Das Land sucht Alternativen. Damit es nicht bitter endet, wird die künftige Koalition so wichtig. Welches Signal soll von ihr ausgehen, welcher Impuls?

Der Slogan „Ein Brandenburg“ hat offengelegt, wie viel Wunschdenken das Land regiert. Besonders bei dem Ministerpräsidenten Dietmar Woidke und Co.. Denn das eine Brandenburg gibt es bei Weitem nicht, 30 Jahre danach. Die Unterschiede sind enorm, von der Uckermark bis zum Spreewald, vom Speckgürtel bis zum Gürtel-enger-schnallen.

Eine Wahl als Wehklage

Eine Wahl als Wehklage. Viele Brandenburger hadern, wie wenig die Politiker sie wahrnehmen, und wie gering ihre politischen Teilhabemöglichkeiten erscheinen. Wenn 59 Prozent der Aussage zustimmen, dass sie an vielen Stellen noch immer Bürger zweiter Klasse sind, und wenn mehr als ein Drittel wachsende Unterschiede zwischen Ostlern und zugezogenen Westlern sieht – dann ist es zum Protest dagegen nicht mehr weit. Wie man sieht. Da wird dann kräftig AfD gewählt, da kann der unsägliche AfD-Spitzenkandidat auf Nazi-Kundgebungen zu sehen gewesen sein und aus München kommen, das hindert nicht.

Was also tun nach dieser Wahl? Plakativ gesagt: Mehr Luther wagen! Keine Larifari-Projekte oder verstiegene, und keine allfälligen Parolen. Sondern dem Volk aufs Maul schauen, aber ihm dann nicht nach dem Mund reden und eine klare Agenda der Änderung anbieten. Zum Beispiel Jobs in der Braunkohleregion, höhere Löhne und Renten (im Blick auf den Westen endlich gleiche); Klarheit, wie viel Geld für was genau in der Bildung ausgegeben wird; oder für digitalen Anschluss, 5G etc.. Fassbares, Erreichbares gegen die AfD, die ja nicht lockerlassen wird.

Zusammen mit der Bereitschaft, neue Formen der Bürgerbeteiligung anzubieten. Denen, die mitmachen wollen. Von den Kommunen lernen heißt siegen lernen.

[Lesen Sie mehr zu den Landtagswahlen in unserem aktuellen Newsblog.]

Für die Zukunft des Landes kann das entscheidend wichtig werden. Denn der Anteil der Unzufriedenen muss sinken, wenn der Grundkonsens über den Wert der Demokratie nicht doch noch schwersten Schaden nehmen soll. Nur knapp mehr als die Hälfte der Brandenburger ist mit der Art und Weise, wie Demokratie gelebt wird, zufrieden; mit der Politik der Landesregierung steht es nicht besser.

Darum müssen die Mahnungen des Bundespräsidenten – der ein halber Brandenburger ist – beim Ministerpräsidenten praktische Politik werden. Die Zusammensetzung der Farben, ob Rot-Rot-Grün oder Rot-Schwarz-Grün, muss dem folgen. Für die SPD in Brandenburg heißt das: Jetzt gilt es. Will sie sich nicht ganz verlieren, muss sie gut, ja besser regieren. Selbstmitleid hilft keinem. Und auf Anti-AfD-Stimmen kann sie sich auf Dauer auch nicht verlassen.

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