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Gründer nutzen gemietete Arbeitsplätze in Berlin.
© MichaelxGottschalk/Imago/Photothek

Plan von Heil bekommt Zustimmung: Verpflichtende Altersvorsorge für Selbstständige „längst überfällig“

Arbeitsminister Heil will Freiberufler zwingen, sich für das Alter abzusichern. Der Vorschlag kommt an – ganz neu ist er nicht.

Der Vorschlag von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zur Altersvorsorgepflicht für Selbstständige ist fast durchgehend auf Zustimmung gestoßen. Der Vorsitzende des Sozialbeirats der Bundesregierung, Gert Wagner, bezeichnete das Konzept als „sinnvolle Möglichkeit“. Er sei auf die Details „sehr gespannt“, sagte er dem Tagesspiegel. Der Beirat hatte ebenso wie der Sachverständigenrat der Bundesregierung mehrfach auf das höhere Armutsrisiko hingewiesen, dem ein Teil der Selbstständigen ausgesetzt ist.

Wagner wies darauf hin, dass eine Verpflichtung von Selbstständigen zur Altersvorsorge nichts mit einer langfristig besseren Finanzierung der Rentenversicherung zu tun habe, sondern einzig im Interesse der Selbstständigen liege. „Denn den Beiträgen, die Selbstständige einzahlen, stehen später Rentenausgaben gegenüber.“

Der Plan von Heil war am Samstag bekannt geworden. Noch in diesem Jahr will der Arbeitsminister einen Vorschlag für eine solche Pflicht für Selbstständige machen. Heils Angaben zufolge gibt es rund drei Millionen Freiberufler, die im Alter nicht abgesichert sind.

Seit Jahren warnen Experten davor, dass vor allem kleine Selbstständige („Solo-Selbstständige“) von Altersarmut bedroht sind. Viele von ihnen sind im Alter auf Grundsicherung angewiesen, weil sie nicht ausreichend vorgesorgt haben.

Ursprünglich hatte Heil schon Anfang des Jahres einen Gesetzentwurf vorlegen wollen.

Diesen hatte er aber wegen der Arbeit an der Grundrente zurückgestellt, deren Ausgestaltung innerhalb der Koalition umstritten ist. Mit der Grundrente wollen SPD und Union niedrige Renten von langjährigen Beitragszahlern aufwerten. Doch Heils Vorschlag, diese ohne Bedürftigkeitsprüfung einzuführen, stößt in der Union auf erheblichen Widerstand.

Bei der Vorsorgepflicht für Selbstständige gibt Heil sich nun kompromissbereiter. So will er Selbstständige nicht vorrangig verpflichten, in die gesetzliche Rentenversicherung einzutreten, wie es frühere SPD-Konzepte zu dem Thema vorsahen. Der Minister will ihnen auch ermöglichen, sich privat durch die Rürup-Rente abzusichern oder Mitglied in einem Versorgungswerk zu werden, wie es sie beispielsweise für Ärzte, Anwälte oder Architekten gibt.

Heils Initiative ist nicht der erste Anlauf zu einer besseren finanziellen Vorsorge für Selbstständige. Schon die damalige Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte im Jahr 2012 zu schwarz-gelben Regierungszeiten entsprechende Vorschläge gemacht und war damit gescheitert. Auch die letzte große Koalition vertagte das Vorhaben ohne Ergebnis.

Unionsfraktionsvize Gröhe fordert rasche Einführung

Unionsfraktionsvize Hermann Gröhe (CDU) forderte die rasche Einführung einer Altersvorsorgepflicht. „Die entsprechenden Koalitionspläne sollten zügig umgesetzt werden“, sagte Gröhe den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Sonntagsausgabe). Allerdings solle eine Altersvorsorgepflicht für Selbständige „gründerfreundlich“ gestaltet sein, „also gerade in der Anfangsphase Überforderungen vermeiden“.

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer begrüßte den Vorstoß Heils. Es sei „legitim, eine eigenverantwortliche Vorsorge einzufordern“, sagte Theurer der Nachrichtenagentur AFP. „Da der Teufel bei dieser Frage im Detail steckt“, werde seine Partei den Gesetzgebungsprozess „konstruktiv begleiten“. Der FDP-Politiker forderte, die Vorsorgepflicht solle über ein „Basisniveau, das über der Grundsicherung liegt, nicht hinausgehen“.

Der rentenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Markus Kurth, nannte eine verpflichtende Altersvorsorge für alle Selbstständigen „längst überfällig“. Dies helfe allerdings nur dann, wenn auch auskömmliche Löhne und Honorare gezahlt werden und bürokratische Lasten im Sozialrecht abgebaut werden“. Zudem müsse Heil für ein einfacheres Verfahren zur Unterscheidung von Scheinselbstständigen und „echten“ Selbstständigen sorgen und „die vielen sozialrechtlichen Unklarheiten und Hürden“ abbauen, denen Einzelselbstständige gegenüberstehen.

Für die Linksfraktion erklärte ihr Rentenexperte Matthias W. Birkwald, Heils Vorschlag gehe „in die richtige Richtung, wiewohl die Tücke im Detail liegt“. Gerade für die oft armutsgefährdeten und am Rande des Existenzminimums arbeitenden Soloselbstständigen habe Heil den richtigen Ansatz gewählt. Doch damit wäre man „von einer echten Erwerbstätigenversicherung“, in die auch Beamte, Selbständige, Freiberufler und Politiker einzahlen, „noch weit entfernt“. Eine solche wäre „notwendig und vor allem gerecht“, fügte Birkwald hinzu.

Zustimmung kam auch vom Sozialverband VdK. Präsidentin Verena Bentele kritisierte aber die geplante Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Versorgungsarten für Selbstständige. „Wir brauchen eine verpflichtende Einbeziehung aller Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung“, forderte Bentele. Diese werde dadurch auf eine breitere Finanzierungsbasis gestellt. „Wenn alle einzahlen, ist das nur gerecht.“ Der VdK fordert eine Erwerbstätigenversicherung, in die alle einzahlen, also auch Beamte und Politiker. (mit AFP)

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