"Prüffall" AfD: Verfassungsschutz hält Gauland für problematischer als Meuthen
Der Verfassungsschutz bescheinigt AfD-Chef Gauland „völkisch-nationalistische Gesellschaftsbilder“. In einem Gutachten wird er besonders oft kritisch erwähnt.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hält den AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland für deutlich problematischer als den Co-Chef Jörg Meuthen. Das geht aus dem bislang nicht veröffentlichten Gutachten des BfV zur Einstufung der Partei als „Prüffall“ hervor. Das 442 Seiten umfassende Papier liegt dem Tagesspiegel vor.
In dem Gutachten wird Gauland namentlich mehr als 90-mal erwähnt, zu Meuthen gibt es weniger als 20 Einträge. Nur die im Vergleich zu Gauland als noch radikaler geltenden AfD-Politiker Hans-Thomas Tillschneider und Björn Höcke tauchen häufiger auf. Höcke wird mehr als 600-mal genannt.
Die von Höcke geführte AfD-Vereinigung „Der Flügel“ wird vom BfV als „Verdachtsfall“ und damit härter gewertet als die Gesamtpartei.
Das BfV bescheinigt Gauland „völkisch-nationalistische Gesellschaftsbilder“ und eine „Diffamierung derjenigen, die nicht Bestandteil der eigenen, aufgewerteten Gruppe sind“. Darin sei ein „Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Artikels 3 des Grundgesetzes zu sehen“.
Im Gutachten wird dazu aus einer Rede Gaulands beim Parteitag der bayerischen AfD im Juni 2018 zitiert. Gauland hatte gesagt, „wir sollen uns als Volk und Nation in einem großen Ganzen auflösen. Wir haben aber kein Interesse daran, Menschheit zu werden. Wir wollen Deutsche bleiben.“
Gauland wird zudem vorgehalten, auf „ein gängiges rechtsextremistische Narrativ“ zurückzugreifen. Bei einer Rede im Juni 2016 sagte Gauland, es sei die Politik vieler gesellschaftlicher Kräfte und der Kirchen, „dass dieses Land von der Erde verschwindet und sozusagen nur noch irgendeine uns fremde Bevölkerung hier lebt“. Nach Erkenntnissen des BfV befürwortet Gauland in Äußerungen auch „eindeutig eine Abschiebepolitik, die Migranten Folter, Todesstrafe oder sonstigen Beeinträchtigungen der Menschenwürde aussetzt“.
Das Bundesamt geht zudem davon aus, dass der AfD-Chef die Glaubwürdigkeit der parlamentarischen Demokratie „bewusst delegitimiert“. Gauland hatte im Oktober 2018 beim Parteitag der Brandenburger AfD den anderen Parteien eine „Multikulti-Ideologie“ vorgeworfen, die „der Erpressung durch die SED-Ideologie“ ähnlich sei.
Bei der Rede habe Gauland auch „die demokratische Ordnung als Ganzes in Frage gestellt, als angebliches Unrechtsregime gebrandmarkt und ihr letztlich die Legitimation abgesprochen“.