Sollte Putin den Hahn zudrehen: USA entwickeln Notfallszenario für europäische Gasversorgung
Im Falle einer Eskalation im Russland-Ukraine-Konflikt könnten die USA mit Gaslieferungen nach Europa aushelfen. Ersatz könnte schon in wenigen Tagen da sein.
Die USA bereiten sich gemeinsam mit ihren Verbündeten auf eine mögliche Reduzierung russischer Gaslieferungen nach Europa im Falle einer Eskalation im Ukraine-Konflikt vor.
„Wir arbeiten mit Ländern und Unternehmen auf der ganzen Welt zusammen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und Preisschocks sowohl für die amerikanische Bevölkerung als auch die Weltwirtschaft abzufedern“, sagte ein hochrangiger US-Regierungsmitarbeiter am Dienstag in Washington.
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„Wir sind in Gesprächen mit großen Erdgasproduzenten rund um den Globus, um deren Kapazität und Bereitschaft zur zeitweisen Erhöhung der Erdgasproduktion zu ermitteln und diese Mengen europäischen Abnehmern zuzuweisen.“
Der Regierungsmitarbeiter verwies darauf, dass für mehrere Wochen Gas in Speichern in Europa gelagert sei. Die Bemühungen zielten darauf ab, im Fall einer Reduzierung oder eines Ausfalls russischer Lieferungen innerhalb von Tagen oder Wochen für Ersatz zu sorgen, nicht erst innerhalb von Monaten.
Die USA verdächtigen Russland immer wieder, Energie als Waffe einsetzen zu wollen. Der Kreml hat dagegen Befürchtungen auch in Deutschland zurückgewiesen, Russland könnte im Fall von Sanktionen den Gashahn zudrehen.
Biden kann sich persönliche Sanktionen gegen Putin vorstellen
US-Präsident Joe Biden betonte außerdem, sich im Falle eines Einmarsches Russlands in die Ukraine Sanktionen gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin vorstellen zu können. „Ja“, sagte Biden am Dienstag auf die Frage einer Reporterin, ob er sich vorstellen könne, Putin im Falle einer Invasion persönlich zu sanktionieren.
„Das kann ich mir vorstellen“, sagte Biden weiter. Biden drohte Russland außerdem erneut mit „heftigen Konsequenzen“ und „wirtschaftlichen Sanktionen“. Am Ende hänge alles davon ab, was Putin mit Blick auf die Ukraine entscheiden werde.
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Ein weiterer US-Regierungsmitarbeiter verwies auf die schweren Konsequenzen für die russische Wirtschaft, sollte Moskau Gas- oder Öllieferungen in dem Konflikt instrumentalisieren. Russland benötige die Einnahmen aus dem Erdöl- und Erdgasexport mindestens so sehr wie Europa die Versorgung mit Energie.
„Es handelt sich also nicht um einen asymmetrischen Vorteil für (den russischen Präsidenten Wladimir) Putin. Es ist eine gegenseitige Abhängigkeit.“
Dieser zweite Regierungsmitarbeiter betonte, im Falle eines russischen Einmarschs in die Ukraine seien die USA bereit zur Verhängung von Sanktionen, die weit über die Strafmaßnahmen von 2014 hinausgingen - damals hatte Russland sich die ukrainische Halbinsel Krim am Schwarzen Meer einverleibt.
„Dieses Mal werden wir ganz oben auf der Eskalationsleiter beginnen und dort bleiben.“ Zusätzlich zu Finanzsanktionen drohten Russland dann neuartige Exportkontrollmaßnahmen. Diese würden etwa wichtige russische Wirtschaftsbereiche wie Verteidigung oder Luftfahrt betreffen.
Angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarsches in der Nähe der Ukraine wird im Westen befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch in das Nachbarland planen könnte. Für möglich wird allerdings auch gehalten, dass nur Ängste geschürt werden sollen, um die Nato-Staaten zu Zugeständnissen bei Forderungen nach neuen Sicherheitsgarantien zu bewegen. Die Bemühungen um eine Entschärfung des Konflikts dauern seit Tagen bei verschiedenen Gesprächen an. (dpa)