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Ein Panzer der Assad-Truppen in Aleppo.
© Georges Ourfalian/AFP
Update

Spannungen mit Russland: USA beenden Gespräche über Waffenstillstand in Syrien

Wegen der anhaltenden Offensive auf Aleppo stoppen die Vereinigten Staaten vorerst die diplomatischen Bemühungen im Syrien-Krieg – für Sigmar Gabriel ein Zeichen der "gemeinsamen Hilflosigkeit".

Die Spannungen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten haben einen neuen Höhepunkt erreicht. Am Montag gab das Außenministerium in Washington bekannt, dass die USA die Gespräche mit der Regierung Putin über einen Waffenstillstand für Syrien eingestellt haben. Russland hatte seinerseits kurz zuvor ein Abkommen mit den USA zur Beseitigung von waffenfähigem Plutonium ausgesetzt und das mit mangelnder Vertragstreue der Amerikaner begründet.

Seit dem Ende der Waffenruhe in Syrien hat das Assad-Regime mit einer Offensive auf die nordsyrische Metropole Aleppo die Not in der umkämpften Stadt erheblich verschärft. Russland unterstützt die Angriffe seit Tagen aus der Luft. Wiederholt hatte US-Außenminister John Kerry in dieser Angelegenheit mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow telefoniert und ein Ende der Offensive eingefordert. Insbesondere hatten die USA Moskau vorgeworfen, auch zivile Ziele in dem Bürgerkriegsland anzugreifen. Die Kritik aus Washington blieb jedoch ohne Erfolg, was nun den Abbruch der Waffenstillstandsgespräche nach sich zog.

Die Geduld mit den Russen sei "am Ende", hieß es aus dem Weißen Haus. Es gebe nichts mehr, "worüber die USA und Russland noch sprechen können", sagte Obamas Sprecher Josh Earnest. Experten sehen Aleppo als einen weiteren Beleg für das Scheitern des Präsidenten in der Syrienfrage.

"Ich glaube, dass das Aufkündigen von Gesprächen am Ende eher unsere gemeinsame Hilflosigkeit dokumentiert", sagte Vizekanzler Sigmar Gabriel denn auch in einer ersten Reaktion während seines Besuchs in der iranischen Hauptstadt Teheran. "Ich weiß bloß nicht, wie wir den Menschen dort helfen sollen ohne Gespräche." Er habe die iranische Regierung bei seinem Besuch gebeten, "alles dafür zu tun, sich für einen Waffenstillstand einzusetzen", sagte Gabriel.

Russland weist Washington die Schuld zu

Russland bedauerte die Entscheidung, machte jedoch noch am Montagabend die USA für das Ende der Verhandlungen verantwortlich. Washington habe das Abkommen vom September nicht erfüllt, sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, im Staatsfernsehen. Nun versuchten die USA, Russland die Schuld zuzuschieben. "Washingtons Tatenlosigkeit hat dazu geführt, dass sich die Kämpfer neu formieren konnten, Waffen erhalten haben und ihre Ressourcen mobilisiert haben", meinte Sacharowa.

Vor der Ankündigung aus dem US-Außenministerium hatte bereits Russland eine neue Eskalation im Konflikt zu den Vereinigten Staaten herbeigeführt. Die Putin-Regierung setzte ein langjähriges Plutonium-Abkommen aus. Der Kreml begründete die Entscheidung am Montag mit "unfreundlichen Handlungen" der US-Regierung. Sprecher Dmitri Peskow sagte, Washington habe das Abkommen nicht umgesetzt. Moskau sei "nicht länger der Ansicht", dass es die Bedingungen allein erfüllen könne. Das Abkommen war im Jahr 2000 unterzeichnet worden, beide Seiten erneuerten ihre Zustimmung 2010.

USA sollen Truppen aus Osteuropa abziehen

Das Kreml-Dekret begründet den Schritt mit einem "drastischen Wandel der Lage, dem Auftauchen einer Bedrohung der strategischen Stabilität" infolge "unfreundlicher Handlungen der Vereinigten Staaten gegenüber Russland". Ein entsprechendes Gesetz, das dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt wurde, sieht eine Rückkehr zu der Vereinbarung unter den Bedingungen vor, dass Washington alle Truppen aus Ländern abzieht, die nach 2000 Nato-Mitglieder wurden, alle Sanktionen gegen Moskau aufhebt und die durch die Sanktionen entstandenen Kosten ersetzt.

Der Vertrag verpflichtete die USA und Russland je 34 Tonnen waffenfähiges Plutonium durch die Nutzung in Atomkraftwerken in sogenannte Mischoxid-Brennelemente (MOX) umzuwandeln. In Form von MOX-Brennstoff kann Plutonium in Reaktoren zur Energieerzeugung genutzt werden. Nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima im Jahr 2011 stieß der Bau einer Anlage zur Erzeugung von Mischoxid-Brennelemente wegen ihrer hohen Sicherheitsrisiken auf Ablehnung.

Eine Alternativlösung, das mit anderen Substanzen vermischte Plutonium stattdessen unter der Erde einzulagern und so aus dem Verkehr zu ziehen, lehnte Moskau mit dem Hinweis ab, dass diese Methode umkehrbar sei. (Tsp, AFP, dpa)
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