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US-Präsident Joe Biden spricht über den Anzug aus Afghanistan.
© AFP/Saul Loeb

„Ehrlich gesagt überfällig“: US-Truppen ziehen schon Ende August aus Afghanistan ab

Am 11. September sollte Schluss sein mit dem US-Einsatz in Afghanistan. Nun verkündet Biden ein früheres Ende der Mission – trotz des Vormarschs der Taliban.

Der Militäreinsatz der USA in Afghanistan endet nach den Worten von Präsident Joe Biden am 31. August. „Der Abzug verläuft sicher und geordnet“, sagte Biden am Donnerstag in einer Ansprache aus dem Weißen Haus. „Ich werde nicht noch eine weitere Generation Amerikaner in den Krieg nach Afghanistan schicken.“

Biden räumte ein, dass die militant-islamistischen Taliban inzwischen wieder so stark seien wie noch nie seit dem Sturz ihres Regimes Ende 2001. Eine Machtübernahme durch die Taliban sei aber dennoch „nicht unvermeidbar“. Der US-Präsident verwies darauf, dass die afghanischen Sicherheitskräfte gut ausgerüstet seien.

Ursprünglich hatte Biden als Frist für das Ende des Einsatzes den 11. September angekündigt. Dann jähren sich die Terrorangriffe des Terrornetzes Al-Kaida in den USA, in deren Folge der Einsatz begann, zum 20. Mal.

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Trotz der bedrohlichen Lage wollte Biden kein Scheitern der US-Mission einräumen. Er sagte, der Einsatz habe zwei Ziele gehabt: Al-Kaida-Chef Osama bin Laden „zu den Pforten der Hölle zu bringen“ und dem Terrornetz die Fähigkeit zu nehmen, von Afghanistan aus die USA anzugreifen. „Wir haben diese beiden Ziele erreicht.“

Biden betonte, vor diesem Hintergrund sei der Abzug „ehrlich gesagt überfällig“. Empört verneinte er die Frage, ob die USA verantwortlich wären für zivile Opfer im Fall einer Machtübernahme der Taliban oder eines Bürgerkriegs. Parallelen zur US-Niederlage im Vietnam-Krieg wies er zurück. Biden rief die politischen Anführer in Afghanistan zur Einheit auf und auch zu einer Einigung mit den Taliban.

Die US-Truppen hatten Ende vergangener Woche ihren wichtigsten Stützpunkt Bagram verlassen. Das Verteidigungsministerium hatte am Dienstag mitgeteilt, der Abzug sei zu mehr als 90 Prozent abgeschlossen. Der Abschied der US-Soldaten bedeutet auch das Ende des Nato-Einsatzes in Afghanistan. Die Bundeswehr flog die letzten deutschen Soldaten vergangene Woche aus. Der britische Premierminister Boris Johnson sagte am Donnerstag, der Großteil der britischen Einheiten sei ebenfalls bereits abgezogen.

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Auch nach dem Ende der US-Militärmission werden nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums zum Schutz der US-Botschaft und womöglich auch des Flughafens in der Hauptstadt Kabul weiterhin US-Truppen in Afghanistan bleiben. Die „Washington Post“ berichtete, dabei könne es sich um 650 bis 1000 Soldaten handeln.

Biden hatte schon im Wahlkampf versprochen, „ewige Kriege“ der USA wie den in Afghanistan zu beenden - seine Vorgänger im Weißen Haus waren an dem Vorhaben gescheitert. Mehr als 1800 US-Soldaten wurden seit Beginn des Afghanistan-Einsatzes im Oktober 2001 bei Anschlägen oder Gefechten getötet. Mehr als 20.000 wurden verletzt. (dpa)

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