Ukraine: US-Kongress verabschiedet Milliardenhilfe für Kiew
Der US-Kongress hat die vorgesehenen Finanzhilfen für die Ukraine gebilligt. Nach dem Verlust der Schwarzmeerhalbinsel droht der Ukraine ein finanzielles Desaster. Zudem werden die Beziehungen zwischen der Nato und Russland immer eisiger.
Der US-Kongress hat die vorgesehenen Finanzhilfen für die Ukraine gebilligt. Nach der Zustimmung des Senats in der vergangenen Woche gab am Dienstag auch das Repräsentantenhaus mit großer Mehrheit grünes Licht für Kreditgarantien im Umfang von einer Milliarde Dollar (gut 725 Millionen Euro). 378 Abgeordnete stimmten dafür, 34 Parlamentarier dagegen. Der Beschluss muss nun noch von US-Präsident Barack Obama unterzeichnet werden. Der Ukraine droht nach dem Verlust der Schwarzmeerhalbinsel Krim an Russland auch ein finanzielles Desaster. Die frühere Sowjetrepublik hing zuletzt am Tropf der Regierung in Moskau, die ihre Hilfen nach der Entmachtung des prorussischen Staatschefs Viktor Janukowitsch in Kiew allerdings einfror.
Die ukrainische Übergangsregierung bezifferte den Bedarf an Finanzhilfen allein für das laufende Jahr auf mindestens 15 Milliarden Dollar. Der IWF stellte Kiew in der vergangenen Woche einen Hilfskredit von bis zu 18 Milliarden Dollar in Aussicht. Zudem plant auch die Europäische Union eigene Hilfen.
Nato setzt Zusammenarbeit mit Russland aus
Zudem werden die Beziehungen zwischen der Nato und Russland immer eisiger. Nach dem Stopp des Geld-Transfers eines russischen Diplomaten durch die US-Bank JP Morgan hat Russland mit Repressalien gegen US-Diplomaten gedroht. Moskau betrachte die „mit dem Vorwand antirussischer Sanktionen“ begründete Blockierung der Überweisung durch das Geldinstitut als „inakzeptabel, illegal und absurd“, erklärte der russische Außenamtssprecher Alexander Lukaschewitsch am Mittwoch. Dem Ministerium zufolge hatte JP Morgan eine Überweisung des russischen Botschafters in Astana an das russische Versicherungsunternehmen Sogaz blockiert. Sogaz hat Verbindungen zur russischen Bank Rossija, die auf der Liste der mit US-Sanktionen belegten Unternehmen steht.
Außerdem setzt die Nato ihre Zusammenarbeit mit Russland wegen der Krim-Krise weitgehend aus und will ihre militärische Präsenz im Osten des Bündnisgebiets weiter verstärken. Den politischen Dialog mit Moskau im Nato-Russland-Rat setzt das Bündnis aber fort. Die 28 Nato-Außenminister einigten sich am Dienstag in Brüssel auch darauf, die Ukraine beim Aufbau von Sicherheitsstrukturen zu unterstützen. „Russlands aggressives Vorgehen gegen die Ukraine ist die größte Bedrohung für die europäische Sicherheit in dieser Generation“, sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. Er nannte die Ergebnisse des Treffens eine „Demonstration starker Solidarität“ in der Nato.
Wie weit diese Solidarität mit den östlichen Mitgliedstaaten - vor allem Litauen, Estland, Lettland, Polen und Rumänien - genau gehen wird, ist aber noch unklar. In einer gemeinsamen Erklärung versprachen die Außenminister, für eine „angemessene Verstärkung und einen sichtbaren Schutz“ zu sorgen. Einzelheiten nannten sie aber nicht. Einigkeit besteht lediglich darüber, dass die Luftraumüberwachung über dem Baltikum verstärkt und es künftig mehr Nato-Manöver im Osten geben wird.
Geprüft werden soll aber auch die Stationierung „militärischer Mittel“ in den östlichen Mitgliedstaaten. Was das bedeuten könnte, ist zwischen den Nato-Staaten höchst umstritten. Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski forderte die Stationierung von Bodentruppen und Ausrüstung in seinem Land und sprach davon, dass er sich über zwei Brigaden - also bis zu 10.000 Soldaten - freuen würde. Später relativierte er die Äußerung und sagte: „Wir wären dankbar für alles, was wir bekommen können.“ Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier wies die Forderungen nach Bodentruppen zurück. „Ich glaube wir sind klug beraten, (...) jetzt nicht die gegenwärtige Situation auszunutzen, um möglicherweise an der Eskalationsspirale noch ein Stückchen nach oben zu drehen“, betonte er. „Ich jedenfalls kann das für mich nicht gut und richtig finden.“ US-Außenminister John Kerry hob die Bedeutung der Bündnissolidarität hervor. Die Krim-Krise sei ein „Weckruf“ für die Nato. „Es ist klar, dass die Allianz auf diesen Moment vorbereitet ist.“ Kerry verwies darauf, dass die USA bereits ihre Kampfflieger im Baltikum von vier auf zehn aufgestockt haben. „Es wird mehr Unterstützung geben“, kündigte Kerry an. Nach einem Bericht der rumänischen Nachrichtenagentur Mediafax wollen die USA auch ihre Truppenstärke an der rumänischen Schwarzmeerküste von 1000 auf 1600 Soldaten erhöhen und zusätzliche Flugzeuge dorthin schicken. An der Luftraumüberwachung will sich Deutschland mit sechs Kampfjets vom Typ Eurofighter beteiligen und könnte auch ein Schiff für ein Nato-Manöver im Mittelmeer stellen. Ob die Angebote abgerufen werden, ist noch unklar.
In den 90er Jahren hatte das transatlantische Bündnis Russland versichert, keine Truppen in größerem Umfang in den östlichen Mitgliedsstaaten zu stationieren. Vor allem Polen setzte sich nun für eine Kursänderung ein. „Natürlich können sich Vorsätze im Lichte neuer Entwicklungen ändern“, sagte Sikorski.
Die Kooperation mit Russland soll im militärischen und zivilen Bereich ausgesetzt werden. Es gibt aber Ausnahmen. Dazu zählen ein Transferabkommen für den Truppenabzug der Nato aus Afghanistan und die gemeinsame Bekämpfung des Drogen-Exports aus Afghanistan. Der politische Dialog auf Botschafterebene und darüber wird vor allem zur Bewältigung der Krim-Krise fortgesetzt.
Wie es mit der Annäherung der Ukraine an die Nato weitergeht, ist noch unklar. Steinmeier betonte, er sehe keine Perspektive für einen Nato-Beitritt. Das ukrainische Parlament stimmte am Dienstag gemeinsamen Manövern mit Nato-Truppen auch in diesem Jahr zu. Bereits in den vergangenen Jahren hatten Soldaten aus Nato-Ländern in der Ukraine geübt. Zwischen Mai und November 2014 seien nun mehrere Manöver im Westen und Süden des Landes vorgesehen, hieß es.
Teilnehmer sind unter anderem US-Truppen sowie Soldaten aus Polen, Moldau und Rumänien. Unklar blieb am Dienstag, inwieweit Russland wie angekündigt Truppen von der ukrainischen Grenze abgezogen hat. Aus dem Nato-Hauptquartier hieß es, es gebe noch keine Anzeichen dafür. Dort geht man von 35 000 bis 40 000 russischen Soldaten in der Grenzregion aus. Das russische Verteidigungsministerium hatte erklärt, ein Bataillon, also bis zu 1200 Soldaten, abgezogen zu haben. (dpa, AFP)